Armageddon 06 - Der nackte Gott
Wangen. »Sieh nur, was sie getan haben«, wimmerte sie. »Sieh dir mein Püppchen an, mein wunderschönes Püppchen. Teufel seid ihr. Teufel, alle miteinander. Das ist der Grund, weshalb ihr in das Jenseits geschickt worden seid. Ihr seid Teufel.« Ihre Schultern bebten, als sie sich langsam über Jezzibella beugte und sie fest in die Arme schloß.
»Es ist gut«, sagte Al leise. Sein Mund war ganz trocken, als er sich neben der geschlagenen alten Frau niederhockte. In seinem ganzen Leben hatte er sich noch nie so vor dem gefürchtet, was er im nächsten Augenblick sehen würde.
»Al?« keuchte Jezzibella. »Al, bist du das?«
Verbrannte, leere Augenhöhlen suchten nach ihm. Er nahm ihre Hand und spürte, wie die schwarze Haut unter seiner Berührung aufbrach. »Sicher, Baby. Ich bin hier.« Seine Stimme erstarb, als ein dicker Klumpen seine Kehle verschloß. Am liebsten hätte er es Libby gleich getan, den Kopf in den Nacken gelegt und geschrien.
»Ich hab’ ihr nichts gesagt«, flüsterte Jezzibella. »Sie wollte wissen, wo du bist, aber ich habe ihr nicht ein Wort verraten.«
Al schluchzte. Als hätte es eine Rolle gespielt, wenn Kiera es herausbekommen hätte. Jeder, auf den es ankam, war letzten Endes loyal geblieben. Aber Jezzibella hatte das nicht gewußt. Sie hatte getan, wovon sie gedacht hatte, daß es nötig war. Für ihn.
»Du bist ein Engel«, heulte er. »Ein gottverdammter beschissener Engel, der aus dem Himmel herabgesandt wurde, um mir zu zeigen, was für ein wertloses Stück Scheiße ich bin.«
»Nein«, gurrte sie leise. »Nein, Al.«
Er tastete mit den Fingern über die Überreste ihres kostbaren Gesichts. »Ich werde dich wieder gesund machen«, versprach er. »Du wirst sehen. Jeder Arzt auf dieser beschissenen kleinen Welt wird hier heraufkommen und dich heilen. Ich sorge dafür. Du wirst wieder ganz die alte, wie früher. Und ich werde die ganze Zeit über hier bei dir bleiben. Von jetzt an werde ich für dich sorgen. Gut sorgen. Du wirst sehen. Keine Kämpfe und kein Blutvergießen mehr. Nie wieder. Du bist alles, was für mich zählt. Du bist alles für mich, Jez. Alles.«
Mickey hielt sich im Hintergrund der Menge, die sich in der Nixon-Suite herumdrückte, als die beiden verängstigt dreinblickenden nicht-besessenen Ärzte eintrafen. Er schätzte, daß es das Klügste war. Da sein, seine Loyalität zeigen wie eine glänzende Medaille, aber unter keinen Umständen in direkte Sichtlinie geraten. Nicht zu einem Zeitpunkt wie diesem. Er kannte den Boß inzwischen gut genug. Irgend jemand würde verdammt hart für das bezahlen, was hier geschehen war. Verdammt hart. Der Asteroid brodelte vor Gerüchten, daß die Konföderation herausgefunden hätte, wie man einen Besessenen monatelang foltern konnte. Und wenn jemand diese Folter noch verbessern konnte, dann war es die Organisation, mit Patricia als Leiterin der Forschungsabteilung.
Eine Hand legte sich schwer auf seine Schulter. Mickeys Nerven waren so angespannt, daß seine Beinmuskeln unwillkürlich einen Satz machen wollten – doch die Hand verhinderte jede tatsächliche Bewegung und hielt ihn mit übernatürlicher Kraft an Ort und Stelle fest. »Was soll das?« krächzte er mit gespielter Empörung. »Weißt du eigentlich, wer ich bin?«
»Das könnte mir nicht gleichgültiger sein«, entgegnete Gerald Skibbow. »Sag mir auf der Stelle, wo ich Kiera finde.«
Mickey versuchte, den Angreifer … nun ja, eigentlich eher Fragesteller abzuschätzen. Unheimlich stark und absolut humorlos. Keine gute Kombination. »Das Miststück hat Fersengeld gegeben. Ein Hellhawk hat sie von hier weggebracht. Und jetzt laß meine Schulter wieder los, Mann. Das tut weh!«
»Wohin hat der Hellhawk sie gebracht?«
»Wohin er sie … Oh, willst du ihr vielleicht folgen?« schnaubte Mickey höhnisch.
»Ja.«
Es gefiel Mickey nicht ein Stück, wie diese Sache schneller und schneller aus seiner Kontrolle lief. Er verwarf die sarkastische Art. »Zum Orion-Nebel, in Ordnung? Kann ich jetzt bitte gehen?«
»Warum sollte sie zum Orion-Nebel?«
»Was geht dich das an, Freundchen?« fragte eine neue Stimme.
Gerald ließ Mickey gehen und wandte sich zu Al Capone um. »Kiera ist die Possessorin unserer Tochter. Wir wollen sie zurück.«
Al nickte nachdenklich. »Ich schätze, wir beide müssen miteinander reden.«
Rocio beobachtete, wie der Bus über das Sims auf ihn zurollte. Der elefantenrüsselähnliche Andockschlauch hob sich in die Höhe
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