Armageddon 06 - Der nackte Gott
funktioniert hatte. Jedenfalls hatte es kein weiteres Ketton mehr gegeben. Die Einschließungszonen waren in immer kleinere und kleinere Zonen aufgeteilt worden, und mit ihnen die Zahl der Besessenen, die sich zusammenrotten konnten.
Von seinem Büro aus konnte Ralph Hiltch direkt auf den großen Statusschirm an der gegenüberliegenden Wand sehen. Nach Ketton hatte er tagelang hinter seinem Schreibtisch gesessen und auf die roten Symbole der Frontlinie gestarrt, die sich in ein unregelmäßiges Gitter aus Quadraten verwandelte, das ganz Mortonridge überzog. Jedes Quadrat war anschließend in ein Dutzend oder kleinere Quadrate weiter unterteilt worden, die sich in Kessel verwandelten, bis die Kontraktion schließlich endete. Die Belagerungen hatten angefangen. Siebenhundertsechzehn Belagerungsringe.
Damit blieb dem taktischen Operationszentrum nur noch die Aufsicht über die Aufräumarbeiten auf dem freien Land. Die Hauptaktivität der Kommandozentrale war jetzt die Organisation der Logistik, die Koordination der Nachschubwege zu den einzelnen Lagern und die Evakuierung der Ex-Besessenen. Und all das fiel in die Aufgabenbereiche untergeordneter Abteilungen.
»Wir sind überflüssig geworden«, sagte Ralph zu Janne Palmer. Sie und Acacia waren nach der morgendlichen Stabsbesprechung in Ralphs Büro geblieben. Es war fast zu einer Gewohnheit geworden; sie tranken gemeinsam Kaffee und besprachen Dinge, die nicht die Aufmerksamkeit einer vollen Stabsversammlung erforderten. »Es gibt keine Kämpfe mehr«, fuhr er fort. »Keine falschen Entscheidungen mehr, für die ich die Schuld auf mich nehmen muß. Jetzt geht es nur noch um Zahlen, Statistiken, Durchschnitte. Wie lange es dauert, bis die Besessenen ihre letzten Vorräte aufgebraucht haben, wie wir unsere medizinischen Ressourcen am besten verteilen und unsere Transporteinheiten. Wir sollten einfach alles den Bürohengsten übergeben und gehen.«
»Ich wußte gar nicht, daß Generäle so bitter über ihre Siege denken können«, entgegnete Janne. »Wir haben gewonnen, Ralph, Sir! Sie waren so erfolgreich, daß die Befreiung zu einer glatten Angelegenheit geworden ist. Niemand schießt mehr auf uns.«
Er warf einen merkwürdigen Blick zu Acacia. »Würden Sie die Operation als glatt bezeichnen?«
»Unsere Fortschritte verlaufen jedenfalls glatt, General. Einzelne Individuen draußen an der Front haben selbstverständlich beträchtliche Unannehmlichkeiten erfahren.«
»Auf unserer Seite wie auf der anderen. Haben Sie den Zustand der Besessenen im Auge behalten, die wir einfangen, wenn eine Belagerung erfolgreich war?«
»Habe ich, Sir«, sagte Janne.
»Sie ergeben sich nicht wirklich, wissen Sie. Die Besessenen werden nur so schwach, daß die Serjeants ohne Gegenwehr einmarschieren können. Allein gestern haben wir dreiundzwanzig Belagerungen abgeschlossen, und dabei fanden wir dreiundsiebzig Tote. Ausgezehrt, ausgemergelt, aber nicht bereit aufzugeben, bis zum Schluß. Und die übrigen … mein Gott, Krebs und Unterernährung sind eine verdammt üble Kombination. Sieben weitere sind auf dem Evakuierungsflug nach Fort Forward gestorben, nachdem sie aus den Null-Tau-Kapseln gekommen sind.«
»Ich glaube, wir haben inzwischen genügend Kolonistentransporter im Orbit, um alle Kranken unterzubringen«, sagte Acacia.
»Wir können sie in den Null-Tau-Abteilen unterbringen«, sagte Ralph. »Aber was ihre Heilung angeht, bin ich nicht so sicher. Vielleicht müssen sie eine ganze Weile in Stasis verbringen, bis wir einen Hospitalplatz für sie gefunden haben. Selbst mit aller Hilfe, die wir von den edenitischen Habitaten und unseren Alliierten erhalten. Du lieber Gott, können Sie sich vorstellen, was erst los sein wird, wenn wir einen ganzen Planeten zurückholen, wohin auch immer sie mit unseren Welten verschwinden?«
»Ich glaube, der Präsident der Konföderationsversammlung hat den Botschafter der Kiint um materielle Hilfe gebeten«, sagte Acacia. »Roulor hat gesagt, daß seine Regierung uns gerne bei jeder physischen Krise behilflich sein würde, die über unsere industriellen oder technologischen Fähigkeiten hinausgeht.«
»Und die medizinische Situation auf Ombey ist keine derartige Krise?« fragte Janne.
»Die Behandlung der Ex-Besessenen von Mortonridge übersteigt nicht die medizinische Kapazität der gesamten Konföderation. Ich denke, das ist das Kriterium, das die Kiint gemeint haben.«
»Es mag vielleicht physisch möglich sein, aber welche
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