Armageddon 2 - Das Menü
gestattet dem Gehirn, vitale Essenzen zu absorbieren,
während der Schädel dem Ether gleichzeitig minimalen Reibungswi-
derstand entgegensetzt.
Hugo Rune, Das Buch der Allerletzten Wahrheiten
Einstein und Rune sind sich nur bei einer einzigen Gelegenheit per-
sönlich begegnet, obwohl man annimmt, dass sie über Jahre hinweg
Korrespondenz geführt haben. Als Einstein für seine Arbeiten über
photoelektrische Emissionen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wur-
de, weigerte sich Rune, zu dem allgemeinen Schulterklopfen und
Festgelage und Partygeschlemme zu gehen, mit der Begründung,
Einstein hätte ihn beklaut.
Allerdings traf er einige Monate später in einem Chinarestaurant
zufällig mit Einstein zusammen. Die Berichte über die Begegnung
und das damit verbundene Gespräch gehen auseinander, doch man
ist sich einig, dass es eine ›ziemlich hitzige Debatte‹ gegeben haben
muss. An einer Stelle soll Rune schließlich aufgesprungen sein und
Einstein aufgefordert haben, mit ihm nach draußen zu gehen und die
Sache ein für alle Mal ›von Mann zu Mann zu regeln‹. Offensicht-
lich hat Einstein die Rechnung bezahlt.
Sir John Rimmer,
Die Wunderbare Welt des Hugo Rune
Sie nannten sich selbst die Zen-Terroristen. Und inzwischen
besaßen sie weltweite Verbindungen. Die erste Generation von
Computerkids aus den frühen 1980ern hatte ihnen den Weg
gezeigt. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Ein internationales
Netzwerk von jugendlichen Computerpiraten, die Informatio-
nen austauschten, Programme verbesserten, Sicherheitskodes
knackten und mit allem Unsinn anstellten, angefangen bei den
Geldmärkten bis hin zu den lokalen Trockenreinigungen. Sie
besaßen keinerlei formelle Organisation, keinerlei Anführer
und wussten nichts über Grenzen, weder äußere noch selbst
auferlegte. Ihre Computer kommunizierten in einer einzigen
Sprache: der Sprache der Analogrechner. Der globalen Spra-
che.
Spike Laine fuhr mit dem Fahrrad zum lokalen Zen-
Klubhaus. Sie hielt an einer öffentlichen Telefonzelle und
wählte die Nummer von Jacks Haus. Als es klingelte, drückte
sie ein kleines Plastikgerät gegen den Hörer. Jacks Frau nahm
ab. Das kleine Gerät summte leise. Spike legte den Hörer wie-
der auf. Jacks Telefon wurde überwacht. Etwas sehr Ernstes
war im Gange. Und es war möglicherweise Spikes Schuld.
Denn während Jack am Vortag sein flüssiges Mittagsmahl
eingenommen hatte, hatte sich Spike ein paar Stücke der über-
aus nützlichen Biotech-Hardware unter den Nagel gerissen.
Sie hatte sie nach draußen geschmuggelt, bevor Jack zurück-
gekommen war. Möglich, dass der Dekan nachgeprüft hatte,
wie Jack vorankam, und den Diebstahl bemerkt hatte. Und
vielleicht hatte sie Jack dadurch in große Schwierigkeiten ge-
bracht.
Spike war zwar vernunftgesteuert, doch sie neigte dazu,
schnell das Schlimmste anzunehmen. Aber was sollte sie tun?
Den Diebstahl gestehen? Sicherlich keine gute Idee. Schließlich
wusste sie nicht genau, ob Jack tatsächlich verhaftet worden
war. Seine Frau schien zu denken, dass er auf einer Sauftour
war. Doch die Bibliothek war abgesperrt. Und vor der Tür
stand ein Soldat auf Wache. Irgendetwas war im Gange, und
Spike musste unbedingt herausfinden, was das war.
Das lokale Zen-Klubhaus befand sich in einem Tiefgeschoss
unter dem Thelema-Arcade, einem Videospielcenter in Lower
Kingsport. Warum subversive Elemente ihre Treffpunkte im-
mer in irgendwelchen Kellern haben müssen, weiß ich genau-
so wenig wie Sie. Schließlich sind sie in einem Keller ziemlich
aufgeschmissen, wenn die Geheimpolizei vorbeikommt und
klopft. Andererseits bieten Kellerräume ein gewisses Ambien-
te, ganz besonders, wenn die Luft vom Rauch und dem Ge-
ruch nach Schweiß zum Schneiden dick ist. Wahrscheinlich
handelt es sich wieder mal um eine Tradition, einen alten
Brauch oder eine Bulle oder was weiß ich. Spike radelte jeden-
falls weiter.
Sie stellte ihr Fahrrad in einem leeren Ständer draußen vor
der Spielhalle ab. Warf einen halben Dollar in den Schlitz.
Stahlstäbe wurden ausgefahren und sicherten das Fahrrad ge-
gen Diebstahl.
Das Videospielcenter war so grauenvoll trostlos wie alle derar-
tigen Läden. Massenweise scheußliche Maschinen und mas-
senweise Kinder, die es wirklich besser hätten wissen sollen.
Sie standen vornübergebeugt an den Automaten, mit Kopfhö-
rern und Brillen von der Umwelt abgeschirmt. Die holografi-
schen Schirme zeigten ein
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