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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Frank
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Wirtschaftssystem erst hervorgebracht hat. Stattdessen sehnen sie sich nach einer Art Klassenkampf-Armageddon, in dem die Verlierer auf immerdar verlieren und die Ehrenwerten endlich von jeglicher Verpflichtung den Schwächeren gegenüber befreit sind.
    Sie übersehen dabei allerdings eine Kleinigkeit – dass es so etwas wie einen reinen Kapitalismus gar nicht gibt. Das System, das sie ersehnen, kann es nicht geben, hat es nie gegeben und wird es nie geben. Und mit jedem Schritt, den sie uns ihrer scheußlichen Utopie näher bringen, geht es mit unserer Gesellschaft bergab. Sie aber schreiten einfach weiter voran und blenden die Lehren der Vergangenheit ebenso aus wie die Katastrophen, die ihre falsche Arznei todsicher mit sich bringt. Es zählt einzig und allein der große Traum, und sie jagen ihm so besessen hinterher, dass sie unseren Wohlstand und unsere Gesundheit aufs Spiel setzen – und letzten Endes gar, ja wirklich, auch unsere Ehre.

KAPITEL 10
DAS SCHWEIGEN DER TECHNOKRATEN
    Tja, liebe Leser, es hat großen Spaß gemacht, das Zeug, das Konservative so reden, auseinanderzunehmen, nicht wahr? Tatsachen, die ihnen nicht in den Kram passen, wischen sie einfach beiseite. Sie eignen sich ungeniert Symbole der Gegenseite an. Und sie erzählen allen Ernstes Märchen, mit denen sie volkswirtschaftliche Vorgänge veranschaulichen wollen. Die Gedankengänge, die man in Glenn Becks Fernsehsendung zu hören bekommt, wirkten gelegentlich, als entstammten sie einer Gehirnwäsche in der Lubjanka. Es ist grotesk. Es ist verachtenswert.
    Aber wissen Sie was?
    Es ist besser als gar nichts.
    Wenden wir uns doch noch einmal den Urkatastrophen zu, deren Nachwirkungen heute unser gesamtes politisches Leben vergiften: die Finanzkrise und die Bailouts.
    Und machen Sie sich noch einmal klar: Diejenigen, die für diese Katastrophen verantwortlich waren – die unsere Wirtschaft an die Wand gefahren haben –, wurden für ihre Taten nicht bestraft. Sie wurden belohnt. Damit meine ich nicht etwa, dass sie mit einem milden Tadel davongekommen sind. Nein, damit meine ich, dass man sie mit Milliarden Dollar überhäuft und ihnen dazu noch unseren Segen gegeben hat. Sie sind heute reich, und zwar auf eine für die allermeisten von uns vollkommen unvorstellbare Weise. Und das alles geschah mit Billigung unserer Regierung, deren Repräsentanten dabei die ganze Zeit so taten, als wäre überhaupt kein Unheil geschehen. Das Geld für die Bailouts wird schon wieder reinkommen, erzählen sie uns. Die zuständigen Fachleute wissen, was sie tun.
    Man hätte kein Szenario ersinnen können, das besser dazu angetan gewesen wäre, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die amerikanischen Institutionen zu zerrütten. Wozu all die harte Arbeit, weshalb zu miesen Stundenlöhnen schuften bis zum Umfallen, um am Monatsende ein paar müde Kröten auf dem Gehaltszettel zu haben, wenn finanzielle Tricksereien so unglaublich profitabel sind? Weshalb sich an die Regeln halten, wenn diese Regeln offenkundig nicht für jedermann gelten? Wenn die Dreisten und Bestechlichen die größten Belohnungen einheimsen, die diese Gesellschaft zu vergeben hat?
    Zusammen mit der Rezession schufen die Bailouts eine ideale Ausgangslage für einen Populismus in der Tradition Andrew Jacksons, für Volksredner alten Stils, für Jeremiaden gegen die Korrupten und Mächtigen.
    Das war das Gebot der Stunde, und wie wir gesehen haben, stürzte sich eine politische Fraktion mit Begeisterung darauf. Sie warfen lästig gewordene Anführer über Bord. Sie erklärten der herrschenden Klasse den Krieg. Sie versammelten sich mit Megafonen in den Parks und gaben Volkes Zorn eine Stimme.
    Die andere Fraktion jedoch – die eigentlichen politischen Nachfahren von Jackson, Bryan, Roosevelt – brauchte Jahre, um sich der Lage gewachsen zu zeigen. Sie schienen überhaupt nicht zu begreifen, dass die Umstände einen radikalen Wandel verlangten. Die Erfordernisse des Augenblicks vermochten sie nicht zu sehen, obwohl doch gerade sie es waren, die auf die traditionellen Maßnahmen in schlechten Zeiten eingeschworen waren (Regulierungen, Reformen, Sozialversicherung), und obwohl die Reaktion auf schlechte Zeiten einmal der Daseinszweck ihrer Partei gewesen war.

Flowchart
    Natürlich haben sie ihre Chance bekommen. 2008 wirkte Barack Obama wie ein Gesandter des Schicksals, ein neuer Franklin DelanoRoosevelt. Er legte unter ähnlich katastrophalen Umständen den Amtseid ab und wurde eine Zeit lang

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