Armee der Toten
hinein und kannte sich auch im Dunkeln aus. Er ließ die Tür los, die sofort wieder zufiel und ging einen Schritt nach rechts, denn dort befand sich der Lichtschalter.
Es war noch einer zum Drehen, und wenn er ihn bewegte, hörte er das Knacken. Das passierte, doch ansonsten nichts.
Es wurde nicht hell. Weder die alte Lampe an der Decke reagierte, noch die beiden Stehleuchten aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts, die er bei einem Trödler gekauft hatte.
Das war nicht normal. Okay, es gab Zeiten, da fiel im gesamten Haus das Licht aus, doch heute war das nicht der Fall, denn in den Wohnungen war es hell.
Nur bei ihm nicht...
Was das bedeutete, wusste Jarolin. Jemand hatte ihm einen Besuch abgestattet. Den Vorboten hatte er schon erlebt, und jetzt fragte er sich, was ihn noch erwartete.
Zunächst nichts. Was Jarolin allerdings nicht beruhigte. Um ihn herum gab es diese unnatürliche Stille, und außen heulten die Windgeräusche.
Jarolin überlegte. Es gab einige Möglichkeiten, wie er sich verhalten konnte. Auf der Stelle kehrtmachen und wegrennen, das wäre eine Möglichkeit gewesen. Er konnte aber auch zumindest einen Teil der Dunkelheit vertreiben.
Als gelegentlicher Raucher trug er immer ein Feuerzeug bei sich. Ein Erbstück seines Großvaters, der damit schon in den Krieg gezogen war und den kleinen Flammenwerfer wie einen Talisman behandelt hatte. Das Feuerzeug gehörte noch zu denen, die auch der Sturm nicht ausblies. Es steckte irgendwo in seiner Innentasche, tief im Futter verborgen. Er musste seine Finger schon lang machen, um es zu greifen. Das Ding war schwer. Jarolin war froh, es mit zwei Fingern hervorholen zu können.
Dann lag es auf seiner Handfläche. Er ließ den Deckel hochschnappen, drehte das Rad, und wie immer nahm er den leichten Benzingeruch wahr, den das Gerät abstrahlte.
Kurz danach zischte die Flamme hoch. Ziemlich breit sogar und leicht tänzelnd. Kaum sah er das Licht, ging es ihm besser, auch wenn er nicht zu viel in seiner eigenen Wohnung erkannte. Das Regal an der Wand, auf dem alles Mögliche stand, nur keine Bücher. Der Schrank aus Plastik in der Ecke, der keine Türen besaß, dafür einen Reißverschluss an der Vorderseite. Die durchgesessenen Sessel mit dem braunen, abgewetzten Stoff, der alte Fernseher neben dem Telefon. Beides stand auf einem Tisch mit krummen Beinen, und unter seinen Schuhen befand sich ein Teppich, auf den das Wort Lappen gepasst hätte.
Schatten tanzten über Wände wie Geister, die sich tagsüber in den Mauern versteckt hielten. Das hellere Licht floss vor seinen Füßen her und erinnerte ihn an zuckendes Wasser, auf dessen Oberfläche die Sonne und die Dunkelheit Reflexe hinterlassen hatten.
Jarolin streckte den Arm vor. Das Licht erreichte die zweite Tür, hinter der ein Schlafraum lag. In ihn integriert war auch die Nasszelle. Er hatte sich die Dusche selbst zusammengebaut, und das Waschbecken hatte er einer alten Frau abgekauft. Es bestand noch aus Metall.
Die Tür stand halb offen. Er ging auf sie zu, wich einem Sessel aus und sah links vor sich den kleinen Kochbereich. Dort stand eine Kochplatte mit zwei Brennstellen auf einem Tisch, zu dem auch eine Waschschüssel gehörte. Wasser war ebenfalls vorhanden. Aus dem Hahn tröpfelte es immer, aber er hörte das Aufschlagen der Tropfen erst, als er direkt daneben stand. Die wenigen Lebensmittel hatten auf der Innenseite der Fensterbank ihren Platz gefunden, und mehr war in seinem Wohnzimmer eigentlich nicht vorhanden.
Immer wieder bewegte er die Hand mit dem Feuerzeug kreisförmig. Jarolin schaute überall hin. Der Boden, die Ecken, Stellen auf den Möbeln, doch er hatte Glück, denn kein zweiter Soldat wartete auf ihn.
Etwas beruhigter betrat er nach dem nächsten Schritt sein Schlafzimmer. Dass das Licht nicht brannte, daran hatte er sich noch immer nicht gewöhnt. Nur dachte er jetzt nicht mehr darüber nach, wer es ausgeschaltet haben könnte.
Sicherheitshalber bewegte er den zweiten Schalter im Schlafzimmer. Da tat sich wieder nichts. Er ging in das Zimmer hinein. Hier musste er sehr kleine Schritte machen, weil es nicht mehr als eine Kammer war. Hinzu kam noch die Dusche, die ebenfalls Platz wegnahm. Sie sah im Zimmer aus wie ein viereckiger Turm.
Die zuckende Flamme ließ Flecken auf den Außenseiten des Vorhangs erscheinen. Innen hingen noch Wassertropfen, aber es bewegte sich niemand dort.
Er war trotzdem nicht beruhigt.
Einen Schrank gab es nicht. Die Klamotten
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