Armegeddon Rock
der ersten Reihe nieder. Ein paar für den Sound Verantwortliche nahmen ihre Positionen ein, und einer nach dem anderen machten die Nazgûl sich bereit. Hinter den Drums spülte Gopher John den letzten Bissen von seinem Sandwich mit einem Schluck Bier hinunter und griff nach seinen Sticks. Es waren Pro Mark 2B’s, große lange, dicke und schwere Sticks, Sticks für eine Marschkapelle, gemein aussehende Sticks, aber in seinen gewaltigen, knochigen Händen wirkten sie fast zerbrechlich. Obwohl er immer noch glattrasiert und hager war, trug er Jeans und ein weites purpurnes Hemd, und er sah Gopher John weitaus ähnlicher als der Geschäftsmann im Nadelstreifenanzug, den Sandy vor einer Ewigkeit in Camden interviewt hatte.
Maggio kam mit einer Zigarette im Mund auf die Bühne. Sein Bauch hüpfte unter einem blutroten NazgûlT-Shirt, das mindestens fünfzehn Jahre alt und zwei Nummern zu klein war. Nach einem langen letzten Zug warf er die Zigarette auf die Bühne, trat sie mit dem Fuß aus und nahm seine Gitarre auf, dieselbe vertraute Fender Telecaster, die er in der alten Zeit gespielt hatte. Er fing an, sie zu stimmen, und murmelte laut »Fuck« in sein Mikrofon.
Larry Richmond, in steifen neuen Blue Jeans und einem bestickten Baumwollhemd, stand vorne. Seine Gibson SG war bereits gestimmt, seine Stiefel auf Hochglanz poliert, und sein weißes Haar fiel ihm weich auf die Schultern. Er leckte sich ängstlich die Lippen.
Schließlich war da Peter Faxon, blond und gutaussehend, mit einem strengen, geschäftsmäßigen Ausdruck im Gesicht, als er sich seinen Baß umschnallte, einen dunkel glänzenden, metallisch schwarzen Rickenbacker. Er stimmte ihn, als der Mixer herumbastelte, und als er endlich den Wink bekam, drehte er sich zu den anderen um und sagte: »Also schön, fangen wir wieder an. Versuchen wir’s mit ›Sins‹. Und Rick, es wäre echt nett, wenn du versuchen könntest, dieselben Worte zu singen wie der Rest von uns, weißt du?«
»He, leck mich, Peter«, fauchte Maggio.
Unten in der ersten Reihe fand Sandys Hand die von Ananda. Er fühlte sich so nervös, wie Richmond aussah. Mehr als ein halbes Jahr war er jetzt hinter der Schimäre der Nazgûl hergejagt, hatte immer wieder ihre alten Songs gespielt, bis er sie alle auswendig kannte, besessen von der Musik und den Bedeutungen. Und all das hatte hierher geführt. Hier, in dieser Ruine von einem Filmtheater, wo die Musik begonnen hatte, würde sie gleich von neuem beginnen. Das lange Schweigen würde jetzt ein für allemal gebrochen werden, die Gezeiten waren im Begriff zu wechseln, der Zorn und die Liebe und die Träume, die sie verloren hatten, würden jetzt zu ihnen zurückgerufen werden, und die wahre und furchteinflößende Stimme der Sechziger würde von neuem im Land zu hören sein. Die Nazgûl setzten zum Flug an.
Maggios Fender flüsterte leise, beinahe sanft, und Richmond setzte mit dem weicheren Sound der Gibson fehlerlos nach ihm ein. Gopher John legte einen vorsichtigen Beat auf Snare- und Bass-Drum hin, und Richmond begann zu singen.
Oh, lately I been thinking on my sins
»Sins« war fast eine Ballade; die Musik war täuschend sanft, obwohl der Text tückisch und doppelsinnig war. Die Nazgûl ließen ihr »Goin’ to the Junkyard« folgen, ein fiebriges Hardrock-Stück über vertanes Leben mit einer hitzigen, schweren Baßlinie und einem Refrain, in dem es hieß: Everybody’s goin’ to the junkyard! Maggio wechselte dafür zu einer roten, raketenförmigen Gibson Firebird und griff ein paar durchdringende, verzerrte Akkorde, die wie eine Busladung Schulkinder klangen, die in einer Eisenpresse steckten. Er nahm wieder seine Fender für »Good ol’ days«, ein kleines Stück Country-Rock mit Faxon an der Cajun-Fiddle, das gut losging.
»Dogfood« hatte einen scharfen politischen Text von der Art, die Sandy seit einem Jahrzehnt nicht mehr gehört hatte, über Pekinesen, die sich die Gicht anfraßen, während in Asien Kinder verhungerten. »Visions in the Dark« war kryptisch, traumartig, mit einem Sound wie ein Mischlingskind von Acid Rock und Heavy Metal, der in Wirklichkeit der große Bruder von beiden war. Es enthielt ein Schlagzeugsolo für Gopher John und ein paar ziemlich haarige Sachen für die Gitarre, die nur Hendrix und Clapton und der frühere Rick Maggio möglicherweise gebracht hätten, einen Haufen schneller, komplizierter Akkorde, Schmerzensschreie, die Maggio an sein Wah-Wah-Pedal schickten, dunkel wabernde Echos,
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