Armegeddon Rock
zu beruhigen. »Das ist der Streß«, sagte Faxon im gelassenen Ton von jemand, der sich auskennt. »Du hast ganz schön unter Streß gestanden. Die Fahrerei, die Shows. Du bist das nicht gewohnt. Zum Teufel, keiner von uns gewöhnt sich je dran. Schau dir an, was mit Rick und John los ist. John ißt zuviel und trinkt zuviel. Rick fährt auf Drogen ab. Einen Nervenzusammenbruch. Na und wenn schon. Da kommst du durch. Nur noch zwei Shows, dann können wir uns alle lange ausruhen. Nach West Mesa nehmen wir eine neue Scheibe auf und gehen nach Hause und schlafen ein Jahr. Mach dir darum keine Sorgen. Hörst du? Mach dir keine Sorgen.« Er lächelte gezwungen. »Und außerdem singst du jede verdammte Nacht besser.«
Faxons Worte schienen Richmonds Angst die Spitze zu nehmen, und bei der letzten Bemerkung lächelte der Junge tatsächlich ein bißchen. »Stimmt das?« fragte er. »Ohne Scheiß?«
»Ohne Scheiß«, sagte Faxon.
Aber eine Minute später, als sie die Tür hinter sich zumachten und zusammen im Flur standen, wandte sich Faxon zu Sandy um und sagte in weitaus weniger fröhlichem Ton: »Glaubst du wirklich was von den schönen Sachen, die ich ihm eben da drin verkauft hab?«
»Wieso?«
»Ich nicht«, sagte Faxon. »Komm mit. Ich will mit dir reden.«
Sie gingen in Faxons Zimmer zurück, und Faxon holte ein paar Bier aus dem Eisschrank, machte sie auf und setzte sich mit einem grimmigen, harten Ausdruck im Gesicht hin. »Du weißt, warum er ausgeflippt ist?«
»Ich kann mir’s denken«, sagte Sandy.
»Jemand hat American Taco erwähnt und wie spitzenmäßig die ganze Sache gewesen sei. Richmond erinnerte sich nicht. Kein Stück. Er wußte nicht mal, daß die Tacos heute abend in der Menge gewesen sind, um so weniger, daß wir mit ihnen gejammed haben. Er erinnert sich mit jeder gottverdammten Show weniger, aber bis jetzt hat er sich selbst belogen. Er erinnert sich weniger, aber er klingt besser. Wieso das, möchte ich wissen?«
»Was fragst du mich das?« sagte Sandy.
Faxons grüne Augen waren glänzend und durchdringend. »Weil ich denke, daß du verdammt viel mehr weißt, als du rausläßt. Laß den Quatsch bei mir, Sandy. Wir sind beide zu schlau für solche Spielchen. Du bist ein Teil von dem hier. Ich weiß nicht, wie oder warum, aber du bist es. Für mich hat alles angefangen, als wir zusammen im Fliegenden Auge aufgestiegen sind und du eine Unmenge Erinnerungen und Gefühle ans Tageslicht gebracht hast, die ich vor langer Zeit begraben hatte. Also spiel mir nicht den Unschuldigen. Erzähl mir, was hier vorgeht, verflucht.«
»Du würdest es nicht glauben, wenn ich’s täte.«
Peter Faxon lachte. »Versuch’s nur. Im Moment würde ich alles glauben. Du gehst nicht Nacht für Nacht auf diese Bühne. Aber ich. Ich kann es fühlen, sehen und hören. Manchmal…« Er zögerte, nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche und runzelte die Stirn. »Ich schwöre, mich beschleichen da oben die sonderbarsten Gefühle. Kürzlich in St. Louis hab ich gespielt, war völlig in der Musik aufgegangen und hab nicht groß auf die Leute geachtet, und dann habe ich aufgeblickt… es war mitten in ›Prelude to Madness‹, glaube ich… und der ganze verdammte Saal war voll von Kerzen. Tausende von Kerzen da draußen im Dunkeln. Es war, als ob ich um fünfzehn Jahre in der Zeit zurückversetzt worden wäre. Dann hab ich gezwinkert, und sie waren weg.« Er schüttelte den Kopf. »Manchmal kriege ich auch ein schreckliches kaltes Gefühl. Ich kann nur aufpassen, daß mir nicht die Zähne klappern. Meistens dann, wenn ich rüberschaue und Pat dort sehe, wie er singt. Pat! Nicht Richmond. Ja, sie sehen gleich aus, aber ich kannte Pat Hobbins besser als seine eigene Mutter, und glaub mir, ich kann den Unterschied erkennen.« Er zögerte, trank noch etwas Bier. »Es ist Pat, nicht wahr?« fragte er den, den Kopf schief geneigt.
»Das solltest du wissen«, erwiderte Sandy. »Du hast die Musik geschrieben.«
»Die Musik?«
»Music to Wake the Dead«, sagte Sandy.
»Verrückt«, murmelte Faxon. »So was gibt’s doch nicht.«
»Das gibt’s«, sagte Sandy. »Mach dir nichts vor. Du glaubst es genauso wie ich. Larry Richmond erinnert sich nicht an die Konzerte, weil er größtenteils nicht da ist.«
»Pat«, flüsterte Faxon. »Ich hab’s gewußt. Ich konnte es fühlen.«
Sandy schwieg.
»Es muß… ich weiß nicht… psychologisch sein, stimmt’s? Gespaltene Persönlichkeit. Ich hab von so was gehört. Ein
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