Armegeddon Rock
Langsamkeit zu essen. Er kaute jeden Bissen gründlich, und seine Augen wichen nie von Sandys Gesicht.
»Ich verstehe«, sagte er, als Sandy fertig war.
»Deshalb habe ich nach einem Nazgûl-Kult gefragt«, erklärte Sandy. »Wir dachten, daß vielleicht so jemand dafür verantwortlich wäre. Jemand, den eure alte Musik aus dem Gleis geworfen hat.«
»Nee. Von so jemand weiß ich nichts.«
Sandy aß eine Gabel Salat, schmeckte kaum etwas und legte die Gabel wieder hin. »Wo warst du in dieser Nacht?«
»Im Gopher Hole«, sagte Slozewski. »Da, wo ich jede Nacht bin. Außer, es war Sonntag. Es war doch kein Sonntag, oder?«
»Nein«, sagte Sandy. »Schön, dann bist du sauber.«
Slozewski schob seine leere Salatschüssel weg. »Sauber?«
»Du hast ein Alibi.«
»Brauche ich eins?«
»Der Killer hat Lynch auf eurem Poster allegemacht, während eine eurer Platten spielte, am Jahrestag eures letzten Konzerts, auf eine Art, wie sie in eurem Text beschrieben wird. Was denkst du denn? Du gibst zu, daß ihr euch nicht gerade geliebt habt. Wenn ihr keinen Kult durchgedrehter Fans habt, dann fällt der Verdacht naturgemäß auf dich und Maggio und Faxon.«
»Also, ich war hier«, sagte Slozewski stirnrunzelnd. »Und Rick und Peter waren es auch nicht. Auf keinen Fall, hörst du?«
Die Kellnerin räumte die Salatschüsseln ab. Sandy hatte seinen kaum angerührt. »Da ist noch etwas«, sagte er, als sie die Prime Ribs servierte.
Slozewski starrte ihn an. »Ja?«
»Du könntest der nächste sein.«
»Was?«
»Denk darüber nach«, meinte Sandy. Er schnitt geschickt in sein Fleisch, nahm ein Stück Meerrettich dazu und schluckte es hastig hinunter. »Hobbins, jetzt Lynch.«
»Oh, Scheiße«, sagte Slozewski spöttisch. »Das meinst du doch nicht ernst, Martin. Und selbst wenn, dann bin ich bis zum nächsten 20. September sicher, oder?«
»Kann sein«, erwiderte Sandy, »aber ich würde aufpassen, wenn ich du wäre.«
»Ich passe immer auf«, sagte Slozewski. Dann fiel er über sein Essen her. Er aß in grimmigem, methodischem Schweigen. Sandy betrachtete für einen Moment sein hartes, finsteres Gesicht, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder seiner eigenen Prime Rib zuwandte. Sie speisten in unbehaglicher Stille.
Erst zum Nachtisch und Kaffee nahmen sie ihr Gespräch wieder auf. »Mir gefällt das nicht«, sagte Slozewski, als er drei gehäufte Löffel Zucker in seine Tasse schüttete und bis zur Auflösung umzurühren versuchte. »Kein verdammtes bißchen. Ich weiß nicht, was zum Teufel da vorgeht, aber ich hab nichts damit zu tun.« Er schnitt eine Grimasse. »Du willst mit Rick und Peter sprechen?«
Sandy nickte.
»Sieh dich vor bei Maggio«, sagte Slozewski. »Es ist ihm ziemlich schlecht gegangen. Manchmal ist er ein bißchen verrückt. Ich hoffe, er ist nicht in die Sache verwickelt. Ich mag Rick nicht besonders, aber ich würde nie glauben, daß er so was tun würde.«
»Er spielte ’ne irre Gitarre«, meinte Sandy.
»Die beste. Zumindest am Anfang, vor den Drogen. Die Drogen haben ihn ruiniert. Er hätte Weltklasse sein können, aber nach West Mesa wurde er einfach immer schlechter. Wenn jemand einen guten Grund hätte, Jamie Lynch zu hassen, dann Rick.« Er hielt einen Moment inne und fing dann an, über Maggio und die Nazgûl zu reden, darüber, wie sie zusammengekommen waren. »Ich war nicht der erste Drummer, weißt du«, sagte er. »Aber ihr Sound gefiel mir eben, also hing ich rum und machte mich nützlich. Ich war einer von den Gophern, den Helfern. Deshalb haben sie angefangen, mich Gopher John zu nennen. Schließlich gab Peter mir meine Chance, und ich zeigte ihm, was ich konnte. In der Nacht darauf war Regetti draußen, und ich war Drummer.«
»Dieser Regetti«, sagte Sandy. »War er sauer? Vielleicht ist er der Killer.«
»Nee. Er starb bei einem Motorradunfall, schon bevor wir unser erstes Album aufnahmen. Er war in Ordnung, weißt du, aber ich war ein besserer Drummer.« Er fuhr fort und redete eine lange, lange Zeit.
Sandy hörte respektvoll zu. »Es fehlt dir«, sagte er, als Gopher John verstummte.
»Ja, ein bißchen«, gestand der große Mann in dem Nadelstreifen-Anzug, und für einen Augenblick konnte Sandy auf der anderen Seite des Tisches den Geist eines finster dreinblickenden jungen Mannes mit wilden Haaren in einem buntgefärbten Poncho und Jeans aufscheinen sehen, eines von schwarzroten Trommeln umringten magischen Verrückten mit geröteten Wangen und verwischten
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