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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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auf. Ein Budweiser-Schriftzug in Neon nahm ein Fenster ein. Im anderen war ein Pappplakat zu sehen, auf dem LIVE MUSIC – KEIN GEDECKZWANG stand. Überall im Land, dachte Sandy, spielten heute nacht Bands namens Live Music armselige Gigs in Bars namens Come On Inn an Highways, die nur als Autobahn-Parallelstraßen bekannt waren. Es war eine schablonenhafte Form von Entertainment; sie sollten die Musiker weiße Overalls mit dem schlichten schwarzen Aufdruck BAND auf dem Rücken und dem UPC-Symbol auf den Taschen tragen lassen. Er seufzte und trat ein.
    Von innen war das Come On Inn ein schmaler Laden, in dem es nach Bier roch. Es war verspiegelt, um es größer erscheinen zu lassen. Die Band mühte sich auf einer vollgestopften Bühne hinter der Bar ab. Sie spielten nicht besonders gut, aber das machte nicht viel aus, weil sowieso keiner zuhörte. Sandy ging nach hinten und fand einen Tisch für sich vor einer verspiegelten Wand. Während er darauf wartete, daß die Kellnerin Notiz von ihm nahm, schaute er sich um. Nur ein weiterer Tisch war besetzt, und zwar von einem mürrischen, angegrauten Paar, das mehr daran interessiert war, in seine Drinks zu starren, als miteinander zu reden. Drei weitere Gäste an der Bar; eine einzelne Frau, die alleine trank und dem Auftritt zusah, und zwei Männer in Arbeitshemden, die über die Bears diskutierten. Sie waren ziemlich laut, so daß Sandy über der rauhen, unsicheren Musik Bruchstücke ihrer Unterhaltung aufschnappte. Das flaue Geschäft überraschte ihn nicht. Die Bars nebenan waren Oben-ohne-Läden gewesen, während das Come On Inn nur LIVE MUSIC bot.
    Als die Kellnerin schließlich auftauchte, erwies sie sich als hartgesichtiges, dralles Mädchen – ihrem Aussehen nach kaum der High School entwachsen – mit zuviel Lidschatten und einer verlebteren und zynischeren Ausstrahlung, als es ihrem wahren Alter entsprach. Sandy bestellte ein Bier vom Faß und entschloß sich, langsam zu trinken. Von Maggies Chianti hatte er an diesem Morgen einen scheußlichen Weinkater gehabt, und er legte es nicht auf eine Wiederholung an. »Wer spielt?« fragte er die Kellnerin.
    Sie sah ihn gelang weilt an. »Spielt was?«
    »Die Musik«, sagte Sandy und hob seine Stimme nur ein kleines bißchen, damit sie ihn über »Help Me Make It Through the Night« hören konnte, das die Band gerade wiedergab.
    Die Kellnerin warf einen geringschätzigen Blick zur Bühne. »Oh«, sagte sie. »Das sind die Rolling Stones. Erkennste Mick Jagger nich?« Sie warf ihr kurzes dunkles Haar zurück und ging davon.
    Sandy lehnte sich zurück, um auf sein Bier zu warten. Er erkannte Mick Jagger nicht. Tatsächlich brauchte er eine desorientierte Minute, um herauszufinden, wer Rick Maggio war. Es waren vier, die für den Radau da oben verantwortlich waren. Sie hatten ein mageres kleines Mädchen an den Keyboards, einen Drummer, der aussah, als wäre er gerade aus Treblinka gekommen, einen rothaarigen Burschen am Baß und einen großen, plumpen, dicken Mann, der die Leadgitarre spielte. Maggio war nicht der Typ, der sich das Haar färbte oder sich für eine Geschlechtsumwandlung begeistern ließ, was bedeutete, daß er der Leadgitarrist sein mußte, aber es war schwer, das zu akzeptieren. Erst als der Sänger sich umdrehte und sich ihm direkt zuwandte, konnte Sandy in dem aufgedunsenen Gesicht unter diesen Scheinwerfern eine Spur von Maggio ausmachen. Das Wiedererkennen deprimierte ihn.
    Er erinnerte sich an frühere, bessere Zeiten. Er erinnerte sich an einen dürren Jungen, der eine Gitarre kreischen und heulen und klimpern und um Gnade winseln lassen konnte. Er erinnerte sich an einen Sänger mit soviel Energie, daß sein Hemd nach der Hälfte des ersten Sets vor Schweiß triefte. Also pflegte er es auszuziehen, es zusammenzuknüllen und ins Publikum zu schleudern und dann mit nacktem Oberkörper weiterzuspielen, wobei sich seine Rippen unter der Haut deutlich abzeichneten. Die Mädchen kreischten und schlugen sich immer um diese schweißnassen Hemden und rissen sie gewöhnlich in schweißnasse Fetzen. »Ich steh da drauf, Mann«, hatte Maggio Sandy einmal bei einem Interview gesagt. »Da kriegen sie feuchte Höschen.«
    Wenn er jetzt sein Hemd auszog, würde Maggio vielleicht ein Aufkreischen provozieren, aber eher aus Ekel als aus sexueller Ekstase. Er hatte all das Gewicht angesetzt, das Gopher John verloren hatte, aber bei ihm sah es schlimmer aus. Während Slozewski groß und breit gewesen war, war Maggio

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