Armegeddon Rock
könnte.«
»Ich hatte immer Angst vor allem, was mein Gehirn in gequirlten Magerquark verwandeln könnte, meinst du.«
»Neue Glaubenssysteme, Mystizismus, Meditation, Transzendenz…«
»Zwölf Jahre alte Gurus, importierter Aberglaube, Selbsttäuschung, Weltflucht, Slogans skandierende Schwachköpfe. Nein danke.«
Bambi lächelte. »Siehst du Sandy? Du hast dich nicht verändert. Dein Bewußtsein ist immer noch verschlossen und starr. Es ist dein Kopf, der das alles sagt, der deinen Gefühlen und deinem Körper Befehle erteilt. Dein Bewußtsein ist streng materialistisch, furchtsam und kritisch.«
»Meine Weisheitszähne waren immer zutiefst spirituell, aber ich hab sie mir ziehen lassen«, sagte Sandy.
Bambi Lassiter seufzte. »Ich sehe schon, daß du dich nie der Erleuchtung öffnen wirst. Immer wenn deine Schutzmechanismen anfangen, schwach zu werden, geht es wieder mit den Witzen los.«
»Witze sind besser als bewußtloser, unkritischer Glaube.«
»Nein, Sandy. Ich hab dich gern, aber da bist du sehr im Unrecht. Um glücklich zu sein, um erfüllt zu sein, mußt du lernen zu glauben. Zu akzeptieren. Schau mich an.« Sie lächelte und schien Zufriedenheit auszustrahlen.
»Deine Antwort würde bei mir nie funktionieren.«
»Versuch es. Glaube. Schalt deinen Kopf ab und deinen Bauch an.«
Sandy schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Gläubige machen mir Angst, Bambi. Sicher, sie sind glücklich. Sie sind auch gefährlich. Schau dir die Schwachköpfe von der Moral Majority an, die Hitlerjugend, diese armen Narren in Jonestown… alle gute, glückliche Gläubige.«
Bambi lächelte immer noch. »Du bist hoffnungslos, Sandy.«
»Das kannst du glauben.«
»Jedenfalls hab ich dich lieb, und ich wünsche dir alles Gute.« Sie lächelte und ließ das Thema fallen. »Besuchst du auf diesem Trip sonst noch jemand?«
Er nickte. »Froggy ist draußen in L.A. Dahin fahr’ ich als nächstes. Slum ist in Denver und lebt bei seinen Leuten. Da werd’ ich auf dem Rückweg nach Osten absteigen.«
»Richte ihnen alles Liebe von mir aus«, sagte Bambi. »Warum machst du das alles? Wir sind alle schon lange nicht mehr miteinander in Berührung, wir gehen unsere getrennten Wege. Warum jetzt das?«
»Schwer zu sagen«, erwiderte Sandy. »Vielleicht suche ich nach etwas. Vielleicht bin ich einfach neugierig. Und… nun, es hängt mit einer Story zusammen, an der ich gerade arbeite. Frag mich nicht wie, aber so ist es. Tatsächlich könntest du mir bei der Story vielleicht mehr helfen als alle anderen.«
»Wie?« fragte sie.
»In der alten Zeit bist du ein gutes Stück weiter gegangen als der Rest von uns, wenn es darum ging, die Gesellschaft zu zerschlagen.«
»Ja«, sagte sie. »Vor langer Zeit. Ich hab schließlich gelernt, daß die Gesellschaft zu groß und zu monströs ist, um so leicht zusammenzubrechen, und daß du die Welt nicht mit Gewalt von der Gewalt befreien kannst.«
Sandy grinste. »In der alten Zeit war das mein Spruch. Du und Lark, ihr habt gesagt, alle Macht käme aus den Gewehrläufen. Aber darum geht es jetzt nicht.
Du hattest Verbindungen zu den Bombenwerfern. Zum Weathermen-Untergrund, der Black Freedom-Miliz, der American Liberation Front, zu allen. Ich muß mit diesen Leuten reden. Mit denen, die übrig sind.«
»Das ist alles eine uralte Geschichte«, sagte Bambi.
»Gib mir einen Namen, einen Weg, wie ich rankomme«, sagte Sandy. »Von da aus mach’ ich dann schon weiter.«
Bambi zögerte und war im Begriff zu antworten, als sie von einem lauten Scheppern unterbrochen wurden. »Die Essensglocke«, sagte sie. Sie stand gewandt und mit einem geheimnisvollen Lächeln auf und half Sandy hoch. Seine Beine waren eingeschlafen. »Laß mich darüber nachdenken, was du willst. Vielleicht kann ich dir helfen.«
Das Essen wurde in dem großen Haupthaus aufgetragen, auf einem langen, roh zubehauenen Holztisch, der mit handgefertigten Tellern und Platten bedeckt war. Jeder nahm an dem gemeinsamen Essen teil. Sandy wurde den anderen Erwachsenen und den Kindern der Gemeinschaft vorgestellt. Es waren insgesamt sechs Kinder, die altersmäßig von einem zehnjährigen Jungen namens Free bis zu einem sechs Monate alten Säugling rangierten, den seine Mutter in einem Geschirr auf dem Rücken trug. Niemand gebrauchte Nachnamen. Als sie sich gesetzt hatten, faßten sich alle – sowohl Kinder als auch Erwachsene – bei den Händen und bildeten einen riesengroßen Ring um den Tisch, und jeder blickte
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