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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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überhaupt nicht.«
    »Haben Sie den Herrn in der Wohnung über Ihnen gekannt?«
    »Nein, ich kenne niemanden im Haus. Warum?«
    »Weil er tot ist, darum.«
    »Soll ich jeden Toten kennen?«
    »Nein, nicht jeden, den aber schon. Wir haben Ihren Namen durch den Computer laufen lassen. Raten Sie mal, was wir gefunden haben.«
    »Dass ich die Reinkarnation von Jack the Ripper bin und nun in meinem neuen Leben auf Männer stehe?«
    »Sie haben früher für Erwin Bender gearbeitet.«
    »Ein Studentenjob, na und, jetzt arbeite ich für die Inzersdorfer Schlachthöfe. Wollen Sie mir deswegen den Rinderwahnsinn anhängen?« Während ich Phrasen drosch, arbeitete mein Hirn auf Hochtouren. In Benders Kasino hatte ich den Toten also schon mal gesehen, nur wann und in welchem Zusammenhang?
    »Wie viele Studenten arbeiten in illegalen Kasinos? Beim größten Gauner in der Branche?«
    »Hat sich halt irgendwie ergeben. Außerdem war ich nur in einem Nachtklub beschäftigt, von Spielen hab ich keine Ahnung. Auf jeden Fall ein besserer Job als in einem Callcenter.«
    »Sie waren damals in eine unsaubere Sache verwickelt. Kurze Zeit darauf haben Sie bei Bender aufgehört. Nur wegen Ihrer Aussage ist Bender damals nicht in den Knast.«
    »Kann sein, ich hab damals nur die Wahrheit gesagt.«
    »Slupetzky hat Bender ausgenommen. Dann hat er aufgehört zu spielen und jetzt ist er tot.« Der Fuchs warf der Katze den Ball zu, den sie aufnahm.
    »Ausgerechnet in Ihrem Haus hat er sich verkrochen und jetzt ist er tot. Wenn das kein Zufall ist.« Die Katze warf den Ball zurück.
    »Slupetzky ist Anfang Dezember eingezogen, Sie Anfang Jänner. Noch so ein Zufall. Gerade in der Nacht, in der Sie genau zur Tatzeit zu Hause gewesen wären, wenn Sie nicht …«
    »… die letzte U-Bahn verpasst hätten! Da steckt doch was dahinter! Seien Sie doch nicht blöd! Sagen Sie uns, was Sie wissen, einmal sind Sie noch davongekommen, aber diesmal werden Sie nicht so viel Glück haben. Sie können froh sein, wenn Sie nur einsitzen, weil das bedeutet: Sie haben das Ganze überlebt.«
    »Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen, meine Herren. Es tut mir leid. Ich habe alles gesagt, was ich weiß.«
    Die beiden sprangen auf. »Na gut, für diesmal gehen wir, aber wenn Ihnen was einfällt, rufen Sie uns an! Wir sehen uns.«
    Katze und Fuchs gingen, wie sie gekommen waren, ohne Gruß und Höflichkeit. Ich blieb allein zurück und starrte auf das runde Dutzend Tschikstummel, das meinen Boden zierte. Die Katze hatte die Asche fein säuberlich zu zwei kleinen Häufchen auf meinem Schreibtisch zusammengeschoben. Ich trank noch etwas Tee und wartete ein Weilchen, dann ging ich auch.
     

VI
    Es war an der Zeit, die Waffe loszuwerden. Noch einmal würde ich nicht so ein Glück haben. Ich verließ das Institut, ging über die Philosophenstiege hinunter zur Universitätsbibliothek und dort nach hinten zu den Magazinräumen.
    Ich kannte Häuptling Fritz seit der Zeit, als die Zettelkataloge der UB in den Aleph eingearbeitet worden waren. Damals hatte ich Namen, Signaturen und Schlagworte eingegeben. Manchmal träume ich heute noch davon: Ich sitze vor dem Computer und tippe endlose Zahlenreihen ein. Eine Ewigkeit lang. Und irgendwann fehlt eine Zahl, das bedeutet, ich habe einen Fehler gemacht, alles wieder von vorn. Immer wache ich schweißgebadet auf.
    Häuptling Fritz ist ein Urgestein. Mit Cowboystiefeln, Lederkluft und indianischen Halsketten, Adlerfedern im langen, blauschwarzen Haar und wettergegerbtem Gesicht sieht er aus wie einer der Krieger Geronimos auf den berühmten Fotos. Eigentlich kommt er aus Stegersbach und heißt Hans Schindegger, aber alle Welt nennt ihn nur Häuptling Fritz. Ich fand ihn im Magazin, zwischen deckenhohen Regalen voller staubiger Bücher, meterweit unter der Erde. Fritz saß vor einem Schreibtisch und reparierte einen Bucheinband. Messer, Karton und Leim in verschiedenen Varianten lagen vor ihm ausgebreitet. Im Mundwinkel hing ihm die obligatorische Camel. Er kam aus einer Zeit, als der Marlboro-Mann noch nicht erfunden war und nur Hausfrauen die weiß-roten KKK-Zigaretten rauchten.
    »Diese Scheißkopierer«, schimpfte er vor sich hin, »alles wird heute nur mehr kopiert, aber niemand liest mehr. Darüber gehen die ganzen Buchrücken kaputt!«
    Er drehte sich nicht um, wie die alten Indianer erkannte er den Menschen an seinem Gang.
    »Mittlerweile geben wir mehr Geld für Reparaturen als für Neubeschaffungen aus! Da reden sie von

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