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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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einer der Nebenstraßen der Hadikgasse stehen. Eine ruhige Gegend, mit kleineren Häusern, Gärten und ein klein wenig Grün. Mike lehnte sich nach hinten, fischte aus der Kühltasche hinter seinem Sitz ein neues Bier und knackte es mit der Rechten, ohne den Tschik aus der Hand zu nehmen. Dann drehte er das Radio auf, ziemlich laut, sodass von außen niemand hören konnte, was geredet wurde. ›You shook me‹ von Zep röhrte, in der Fassung der BBC-Sessions, die Mike immer im Auto hört.
    »Agneshka sagt, dass du gegen zehn vor eins zu Hause warst.«
    »Kann sein.«
    »Was ich weiß, ist das in etwa die Mordzeit.«
    »Kann sein.«
    »Agneshka war noch draußen. So um zehn vor eins. Hat irgendeinem spanischen Lastwagenfahrer eine gute Nacht gewünscht.«
    »Na und, das ist ihr Job, davon lebt sie. Und du auch.«
    »Sie sagt, sie kann sich so gut erinnern, weil da ein unglaubliches Auto vor der Tür gestanden ist. Sportbenz.«
    »Gar nicht gewusst, dass deine Mädchen so gut Deutsch können.«
    »Ja, ja, die können mittlerweile echt gut Deutsch sprechen, aber schauen können sie noch besser. Soll ich dir sagen, was Agneshka außerdem gesehen hat?« Rhetorische Pause. »Dich. Hast dir den Benz angeschaut. Dann ist ein Mädchen rausgekommen. Aus unserem Haus. Die hast du in den Wagen eingeladen und bist abgerauscht.«
    Er rauchte eine neue an und genoss ein paar Takte von ›Dazed and Confused‹.
    »Ich bin ein Gentleman, die Kleine war voll und ich hab sie heimgefahren.«
    »Hast du das der Kiberei auch erzählt?«
    »Nein. Direkt danach gefragt haben sie ja nicht.«
    »Gut, ich werd’s ihnen nämlich auch nicht verraten, und Agneshka weiß, woher der Honig auf ihren Brötchen kommt. Also, Kleiner, schieß los. Was spielst du da?«
    »Nichts, ich hab nur ein Mädchen heimgefahren.«
    »Und dann hast du eine Leiche gefunden.«
    »So ungefähr.«
    »Hast du die Puffn? Katze und Fuchs haben’s nämlich nicht.«
    »Kann sein.«
    Ganz schien ihn die Antwort nicht zu befriedigen. Irgendwas stimmte da nicht.
    »Weißt du, wer die Leich is?«
    »Slupetzky, Spieler, hat Bender ausgenommen.«
    »Ah, so ist das. Die Kiberei hat mich nach dir gefragt.« Er schaute kurz zum Fenster raus. »Also sag scho, was hast du damit zu tun?«
    »Fast nichts, hab’s eh schon gesagt. Das Mädchen heimgefahren und vielleicht, wenn ich’s richtig mach, schaut ein bisserl ein Geld heraus. Ihr Papa ist g’stopft und will nicht, dass sie Gwirks mit den Kriminesern kriegt.«
    »Wie viel?«
    »Nix Genaues weiß ich nicht. Ein bisserl halt.«
    »Und wenn’s die Kleine war und sie finden’s raus? Dann sitzt du ein wegen Beihilfe!«
    »Die Kleine war’s nicht.«
    »Woher willst das wissen?«
    »Sie war viel zu betrunken dazu, die hätte niemals eine Puffn halten können. Wahrscheinlich ist sie gerade erst aufgewacht gewesen, die hat irgendwas Schlimmes drin gehabt.«
    »Weißt du, was?«
    »Im Slupetzky seiner Wohnung hab ich nichts gefunden. Auch in ihren Sachen nicht, keine Ahnung, was die sich dort reingepfiffen hat. Blutgasanalyse steht mir leider keine zur Verfügung. Wenn ich mal im Lotto g’winn, leist ich mir sicher so ein CSI-Labor, mit allem Drum und Dran.«
    Mike winkte ab, denn gerade stieg Page in ›Whole Lotta Love‹ ein. Der Unison-Bend auf D, mit der leisen Bluenote auf dem D der A-Seite, fusionierte mit dem Heavy-Metal-Rhythmus der zweiten Riff-Figur, hundertmal gehört und noch immer magisch. Mike seufzte und sagte verträumt: »Und da gibt’s Idioten, die der Meinung sind, Zep hätten einfach keinen Blues.«
    Wir schwelgten ein bisschen im Sound, kamen aber nach dem Gitarrenbreak wieder auf unser eigentliches Thema zurück.
    »Du glaubst also wirklich, dass es nicht das Mädchen war?«
    »Nein, außerdem hatte Slupetzky alle drei Kugeln im Brustkorb. Wenn die Kleine nicht einen Knarrenfetisch hat, hätt sie das nicht mal nüchtern auf einer Zielscheibe hingekriegt. Aber das muss der Paps ja nicht wissen. Wenn er ein Fünkchen Angst hat, zahlt er umso besser.«
    »Mhm«, Mike nahm noch einen Schluck, »und warum tust du dir das an?«
    »Weil ich pleite bin.«
    »Du hast doch Eltern, oder nicht?«
    »Mit Armut, Erniedrigung und Verachtung lernt man im Laufe der Jahre umzugehen, Angst kennt man keine mehr, weil ein Leben, in dem sich ein gebrochener Finger als Ende der Existenz herausstellen kann, überleben nur die Härtesten. Diejenigen, die keine Nerven haben. Die Schwächlinge sterben gleich im ersten Semester, wenn sie

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