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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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ihre wunderbaren eisgrauen Locken hervorheben sollte. Wie immer war sie die reine Eleganz einer platonischen Idee.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen.« Kurze Pause. Das »Nicht, dass ich es gern täte« blieb unausgesprochen. Ihre Unterhaltungen bestanden zumeist eher aus dem Ungesagten als aus dem, was ihr über die Lippen kam.
    »Was Sie in Ihrer Freizeit zu Hause treiben, geht mich nichts an, und davon will ich auch gar nichts wissen,« – bis auf die Arbeiten, die Sie für mich zu erledigen haben – »was hingegen Ihr Auftreten als Mitglied des Instituts angeht,« – wo wir beide genau wissen, dass Sie als Externer Lektor überhaupt gar kein Mitglied des Instituts sind – »maße ich mir an, Ihnen Regeln geben zu dürfen.«
    Ich wartete unterwürfig ab.
    »Für die Verlängerung Ihres Vertrages« – von dem Ihre ganze Existenz abhängt – »sieht es ohnehin nicht günstig aus. Ihre wissenschaftliche Produktion ist dürftig,« – weil alles unter meinem Namen veröffentlicht wird – »die Ergebnisse der Evaluierungen sind erschreckend,« – da Sie sich weigern, die politisch korrekten Geschlechtsendungen zu verwenden, und es einmal gewagt haben, einer Studentin zu erklären, dass Akkusativ oder Genitiv im Griechischen keine Frage einer spezifisch weiblichen Sicht auf die Wirklichkeit sind – »und nun haben Sie auch noch Besuch von institutsfremden Personen zweifelhaften Leumunds. Während Ihrer Sprechstundenzeiten!« Sie war, im Rahmen der Möglichkeiten einer kultivierten Dame, entrüstet. Natürlich war das meine Privatzeit gewesen, Sprechstunde war genau jetzt. Aber ich schwieg und versuchte, ein unschuldig-verwirrtes Gesicht zu machen. Schließlich sind die Frauen im Zorn wie das unendliche Meer, wie der Grieche sagt. Ihre Stürme kann man nur aussitzen.
    »Wenn Sie einem Privatleben obliegen, das Sie in Kontakt mit der Polizei bringt, werden Sie einsehen müssen, dass Sie entweder dieses Privatleben oder aber Ihre Stellung am Institut aufzugeben haben.«
    Sie hatte sich schön in Rage geredet und kam wieder auf die Aschehäufchen, die meinen Schreibtisch verzierten, zurück. »Und dass Sie nun auch noch die Bestimmungen des Nichtraucherschutzes umgehen, ist die Höhe!« Ihre Anschuldigung klang so schwerwiegend, als ob ich unter meinem Büro einen Keller ausgehoben hätte, um darin kleine Mädchen zu schänden.
    »Ich habe durchaus verstanden, allerdings ist im vorliegenden Fall die Schuld nicht bei mir zu suchen, sondern bei einem Nachbarn, der …«
    »Ihre Nachbarn gehen mich nichts an und dürften mich auch keineswegs interessieren,« – vermutlich sind sie ohnehin nur grunzende Schweine, die den Unterschied zwischen einem jambischen Pentameter und einem Hexameter nicht erkennen können – »ein Angestellter der Alma Mater Vindobonensis sollte wissen, wo er wohnen kann, ohne die Universität zu kompromittieren!« Das Rufezeichen am Ende des Satzes bildete förmlich ein eigenes Wort.
    Das Air ihres Parfüms, zweifellos Chanel, aber nicht Nummer 5, drang mir in die Nase und die Tür war zu und sie draußen. Dafür hatte ich also zahllose Pralinenschachteln zu Weihnachten, Ostern, Geburtstagen und Ähnlichem verschenkt, dass mich die Sekretärin ganz ungerührt verpfiff. Nicht einmal auf die Bestechlichkeit der Menschen war mehr Verlass.
    Ich als Mann war ohnehin ein unerwünschter Kandidat, schließlich war Geschlechterparität der Uniführung ein auch finanziell dotiertes Anliegen, und in Zeiten der Reform waren Fächer, die keine Drittmittel aus der Privatwirtschaft lukrieren konnten, darauf angewiesen, aus den limitierten Universitätstöpfen Geld zu schöpfen.
    Die dunklen Wolken über meinem Haupt nahmen zu, hingen tief und verkündeten Regen. Außerdem hatte ich auch noch den zweistündigen Infight mit einer Handvoll Besessener vor mir, der ›Lektüreseminar II: Sappho‹ hieß. So sehr ich auch Sappho verehre, mit den neuesten Resultaten der Genderforschung ausgestattete postmarxistisch-neostrukturalistische Studenten und -innen verderben auch noch die kleinste Freude an der schönsten Liebeslyrik.
     

IV
    Ich stand vorne am Pult, vor mir meine Texte und Exzerpte, neben mir meine Ledertasche auf dem Boden. In der Tasche befand sich Slupetzkys iPhone, und immer wieder umkreisten meine Gedanken die Frage, welche Nummern ich darauf wohl finden würde. Bis jetzt war ich nicht dazu gekommen, sie zu untersuchen, und so wie es aussah, würde das auch noch ein Weilchen nicht der Fall sein,

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