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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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haben.«
    »Man gerät ja nicht jeden Tag in eine Morduntersuchung hinein, da spricht man schon mal darüber, auch mit Leuten, die man sonst nicht so gut kennt.«
    »Herr Ried hat ausgesagt, dass er Sie schon seit ungefähr zehn Jahren kennt. Er will Ihnen auch Ihre derzeitige Wohnung vermittelt haben.« Da hatte mich Mike ganz schön aufs Glatteis geführt.
    »Sollten wir auf noch eine Ungereimtheit in Ihren Aussagen kommen, halten wir einen Durchsuchungsbefehl in der Hand.« Die Katze dämpfte ihren Glimmstängel wieder auf meiner Schreibtischunterlage aus. Langsam fragte ich mich, ob es die ungastliche Atmosphäre war, die meine Besucher veranlasste, sich aufzuführen, als ob sie sich in einer versifften Bahnhofstoilette befänden.
    »Eigentlich sind wir nur gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass Sie Wien bis auf Weiteres nicht mehr verlassen und sich zu unserer Verfügung halten sollten.«
    »Jede Zuwiderhandlung legen wir als Fluchtgefahr aus.«
    »Das bedeutet dann Untersuchungshaft für Sie.«
    »Ob Sie schuldig sind oder nicht.«
    »Da sitzt man durchaus mal ein halbes Jahr, bevor der Prozess überhaupt beginnt.«
    »Sie sollten sich also Ihre nächsten Schritte gut überlegen.«
    Die beiden standen auf und gingen hinaus. Ich blieb allein zurück, schenkte mir einen Tee aus dem Samowar ein, und legte eine Fachzeitschrift, Block und Schreibzeug auf meinen Tisch, um Arbeit heucheln zu können. Dann holte ich das iPhone raus.
    Zuerst aber nahm ich mir mein eigenes Handy vor, durchsuchte mein elektronisches Telefonbuch und wählte mit meinem Institutsfestnetz eine Nummer.
    »Fred hier, wer dürt?«
    »Arno. Sag mal, Fred, gestern der Koksyuppie mit der Frau, der du zugenickt hast. Sag, kennst du die?«
    »Sicher. Hat di hemgführt, hm?«
    »Na ja, nicht ganz, drum frag ich ja. Hast du ihre Nummer oder Adresse oder sonst was?«
    »Isch was schiefglofä mit ihrä?«
    »Ja. Sie hat mich aus dem Wagen geworfen.«
    »Triebkontrolle untrschiedat dr Mensch vom Tier. Söttescht di entschuldiga. Isch ganz ä Bsundrigä.«
    »Ganz so war’s nicht, aber mit dem Entschuldigen hast du schon recht. Also, wer ist sie, wie kann ich sie erreichen?«
    »Laura Lignamente, s’isch an Anwältin vo üs. Tellifonnummer han i jetzi koine, abr d’Adress. Hasch eppas zum Schrieba zr Hand?«
    »Jep.«
    »Sie schaffat Bäckerstraß 17, gegadübr vom Alt Wien. Kanzlei Bendit-Kohn & Söhne.«
    »Danke, Fred.«
    »Dr Kiberei war bei üs, hesch se knapp verpasst, wi’d gange bisch.« Es war wunderbar, wie Freds gesamte Sprache inklusive Tonfärbung, Modulation und sogar Stimmlage sich veränderte, als er das Wiener Wort für Polizei aussprach, um danach sofort wieder in seinen natürlichen Sprachfluss umzuschwenken.
    »Ich hab sie gesehen. Und?«
    »Hon ’n Hufa Froga gstellt. Dr Chef hat aber nüt gset.«
    »Super, bis dann.«
    »Grueziwohl.«

V
    Jetzt konnte ich mich dem iPhone widmen. Ungefähr elf Zentimeter lang, sechs Zentimeter breit und einen Hauch mehr als einen Zentimeter dünn. Die Hinterseite war schwarz, mit einem eleganten Apfel als einzigem Schmuck. Die Vorderseite war ganz Display und Glanz. Ich wog es in der Hand, leicht wie eine Daunenfeder. Es war nagelneu, fast ungebraucht. Auf den glatten Oberflächen waren keinerlei Kratzer zu finden. Ich schaltete ein und durchsuchte die Inhalte. Slupetzky hatte mit seinem Technikjuwel nicht viel angestellt. Bis auf drei Telefonnummern war nichts Persönliches zu finden. Bei einer der Nummern konnte ich aus der Vorwahl schließen, dass es sich vermutlich um Telefonsex handelte. Dass dies zugleich auch die am öftesten gewählte Nummer war, ersparte mir viel Arbeit.
    Unter der zweiten Nummer, die ich anrief, meldete sich nur die Mailbox. Leider ohne auch nur eine Spur von persönlicher Ansage, bloß eine unpersönliche Blechstimme, die den Standardtext herunterspulte.
    Aber die dritte Nummer war ein Treffer.
    »Mihailovic hier, ja bitte.« Eine männliche Stimme, leicht heiser und mit dem charakteristischen ›L‹ der Serben.
    »Dober dan, Herr Mihailovic, ich habe Ihre Nummer von einem guten Bekannten. Vielleicht könnten wir uns treffen.«
    »Ist gutt. Bin daheim so in einer Stunde etwa. Ist gutt?«
    »Dobre«, sagte ich und hörte ihn lächeln. Ich atmete durch.
    »Haben Sie Adresse?«
    »Ich glaube, die hab ich verlegt, könnten Sie sie mir sicherheitshalber noch mal geben?«
    »Herbststraße 20. 1050. Tür 6.«
    »Bis in einer Stunde.«
    Wir legten auf und ich holte tief Luft.

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