Arno-Linder 1: Papierkrieg
ihn gearbeitet.«
»Sind Sie auch so ein Unterweltler?«
»Nein, das war damals ein Studentenjob, ich war an der Bar und hinter dem Tresen.«
»Und was haben Sie jetzt mit ihm zu tun?«
»Ich schau dort ab und zu vorbei, Freunde besuchen.«
»Ich vertrete Bender für die Kanzlei. Der Alte ist nicht der Typ, der Bartender und Croupiers zu Freunden hat.« Sie sagte das sehr bestimmt. Inzwischen war unser Wein da, ich nippte, erklärte ihn für gut, und uns wurde eingeschenkt.
»Also, warum kennt Bender Sie?«, fragte sie mich über ihr Weinglas hinweg.
»Da war mal eine Sache, ich hab ihm ein bisschen geholfen und da hat er sich mich gemerkt.«
Sie war mit meiner Antwort alles andere als zufrieden. »Also, mit was verdienen Sie Ihr Geld?«
»Geld verdienen ist gut gesagt, aber ich arbeite auf der Uni.«
»Ah so, was?«
»Ich bin am Institut für Klassische Philologie angestellt.«
»Mit dem kümmerlichen Gehalt wollen Sie mich hier zum Essen einladen? Haben Sie einen Kredit aufgenommen?«
»Nein.«
»Also sind Sie doch ein Unterweltler. Aber der Wein ist gut, und wenn das Essen mithalten kann, verzeihe ich Ihnen.«
Sie trank erneut, ihr Glas war leer, und sofort tauchte die Bedienung wie aus dem Nichts auf und schenkte nach. Mir nur einen Tropfen, denn ich hatte nur einmal die Zungenspitze eingetaucht.
»Sie trinken ja gar nicht.«
»Nein, ich bin kein großer Freund des Alkohols. Erst recht nicht zu einer Mahlzeit. Aber es freut mich, dass er Ihnen schmeckt.«
»Ungewöhnlich für einen Mann Ihrer Ausbildung, schließlich haben doch die Griechen und Römer den Wein erfunden.«
Ich zuckte einfach mit den Achseln.
Inzwischen war die Suppe serviert worden. Für Laura eine Kartoffelschaumsuppe, dem kalten Wetter angepasst. Ich hatte wie immer eine klare Bouillon bestellt, und wie immer war mir illegalerweise ein rohes Ei hineingeschlagen worden. Laura zog fragend eine Augenbraue hoch.
»Das ist eine Erinnerung an einen alten Freund, die der Küchenchef und ich teilen.«
Laura gab sich mit der Erklärung zufrieden und fragte nicht weiter nach.
»Wie kommt es eigentlich, dass Sie für Bender arbeiten?«
»Jeder hat eine juristische Vertretung verdient. Auch Bender. Als Konzipientin bin ich einmal mitgegangen, konnte gut mit Bender und seitdem betreue ich ihn. Viel mehr werde ich Ihnen nicht sagen, juristische Schweigepflicht.«
»Sagen Sie, kennen Sie eine Kanzlei Meyerhöffer & Unrath?«
»Sicher, das sind die Platzhirsche in puncto Wirtschaftsrecht.«
»In was für Sachen machen die hauptsächlich?«
»Begonnen haben sie als eine der Kanzleien, die das Vermögen der KPÖ hinter dem Eisernen Vorhang verwaltet haben. Waren auch anfangs bei dem Prozess in Deutschland dabei. Als sie aber recht schnell gesehen haben, dass es dort nichts zu gewinnen gibt, sind sie ausgestiegen. Seither an allen Kuchen von Konsum bis Bawag mitgenascht.«
»Auch bei der Osterweiterung?«
»Ja, Billa, Bank Austria, auch OMV. Aber sie vertreten nur direkt, wenn sie sicher sind zu gewinnen, ansonsten machen sie immer nur Strategieberatung im Hintergrund. Meyerhöffer kann nicht verlieren, er ist schließlich ein Winner.« Als sie auf Meyerhöffer zu sprechen kam, wechselte ihr Tonfall von sachlich ruhig zu persönlich verletzend. Mit dem letzten Halbsatz brachte sie ihre ganze Verachtung vollendet zum Ausdruck.
Mittlerweile war unser Hauptgang gekommen. Für Laura gab es ein weißes Fischfilet auf einer Sahne-Goldhirse-Unterlage in einer mediterran duftenden Weißweinsauce. Ich hatte mir Filetspitzen Stroganoff bestellt. Mit einem Spritzer Rémy Martin in der Sauce und wunderbar saftig-bissigen Nockerln dazu.
Nach ein paar Bissen meinte ich: »Sind Sie immer noch der Meinung, allein besser gegessen zu haben?«
»In besserer Gesellschaft gegessen, das sicher. Aber das Essen selbst ist wirklich ausgezeichnet.« Ihre Augen lächelten mich an.
»Ich für meinen Teil habe noch nie in so guter Gesellschaft gespeist. Danke, dass ich Sie einladen durfte.« Ich hob mein Glas, worauf sie sich elegant den Mund putzte und es mir gleichtat. »Mein Name ist übrigens Linder. Arno, wenn Sie wollen.«
»Ah, Herr Dr. Geheimnisvoll gibt seinen Namen preis, ich bin überrascht. Wie ich heiße, wissen Sie sicher längst. Sie dürfen mich Laura nennen.«
Das Geräusch der Riedelgläser harmonierte mit dem ›Laura‹, und während wir tranken, berührte sie mit den Fingerspitzen meine, ganz sachte und zart. Während des Essens
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