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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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turtelten wir dezent. Als wir fertig waren, einigten wir uns auf ein gemeinsames Dessert. Im Schimansky gibt es Powidltascherln wie sonst nirgends in Wien. Goldene Butter, in der zimtduftende Brösel schwimmen, bedeckt flaumigen Kartoffelteig, der, zu kleinen Dreiecken geformt, Powidl enthält. Powidl ist das schwarze Gold Böhmens. Eine Art Zwetschgenmarmelade, die bis zur Konsistenz und Farbe von Teer eingekocht wird. Totgekocht, sagen manche. Doch das Aroma ist unübertroffen, eine leichte Säure spielt mit dem Fruchtzucker und erzeugt ein Gefühl himmlischer Glückseligkeit. Dazu trank ich einen Kaffee, Laura einen Schluck Wein.
    »Sag, Laura, könntest du für mich herausfinden, ob der Meyerhöffer Kontakte nach Russland hat? So ein bisschen was Ungehöriges.«
    »Ich dachte wirklich, dass du dich bei mir entschuldigen wolltest, und das hättest du auch durchaus gut gemacht, aber du willst nur, dass ich für dich herumschnüffle.«
    »Es ist wichtig, aber wenn du nicht willst, brauchst du es nicht zu machen. Du würdest mir helfen.«
    »Was bist du nur für ein ungehobelter, selbstherrlicher Kotzbrocken.«
    Ich schwieg beharrlich, mit der Rechten berührte ich ganz leicht ihren Handrücken.
    »Na gut, dafür musst du mir aber sagen, um was es geht.« Ihre Augen strahlten vor Neugier.
    »Ich weiß nicht, du bist Anwältin.«
    »Hast du wen umgebracht?«
    »Nein«, bei diesen Worten sie wirkte fast ein wenig enttäuscht, »wenn ich jemanden umbringen will, mache ich das schon richtig.«
    »Na also, dann sind es eh nur Peanuts. Du kannst es mir ruhig sagen.«
    »Jemand anderer hat wen umgebracht, und ich halte da wen raus.«
    »Wie kann man nur so blöd sein! Und jetzt steht dir das Wasser bis zum Hals?«
    »Nein, aber die im Dunkeln sieht man nicht, und ich muss wissen, was da hinter mir vor sich geht, damit es keine Überraschung gibt.«
    »Gefährlich?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Gefährlich?«, fragte sie ein zweites Mal, drängender diesmal und mit mehr Biss.
    »Nicht sehr.«
    »Also spürst du das Messer im Nacken.« Das war einfach eine Feststellung. Trocken und klar. Da gab es keine Widerworte mehr.
    »Aber die Powidltascherln sind legendär, da hab ich dir nicht zu viel versprochen?«
    »Nein, die sind wirklich gut.« Sie legte ihre Hand in meine. Dann ließ ich ein Taxi rufen, zahlte, und wir gingen.
    Laura wohnte in der Josefstadt, in der Kupkagasse am Hamerlingpark. Wir hielten vor einem schönen Haus, ich stieg aus und öffnete ihr die Autotür. Den Taxler hieß ich warten, er war Westafrikaner und sprach kein Wort Deutsch, aber der gesunde Menschenverstand ließ ihn mich verstehen. Ich begleitete Laura zur Eingangstür, sie fischte ihre Schlüssel heraus, ich stand ganz nah bei ihr, sie sah mir in die Augen, wir küssten uns. Ihre Lippen waren kalt und warm zugleich, weich und fest. Der Kuss schien ewig. Endlich löste sie sich von mir, stellte sich auf die Zehenspitzen, barg ihren Kopf an meinem Hals und flüsterte mir ins Ohr, wobei mich ihr Atem kitzelte: »Willst du mit hinaufkommen?«
    Ich berührte sanft ihre Wangen, sah sie fest an und schüttelte ernst den Kopf. Ihre Augen brannten wie Feuer und sie zischte böse. Als ich den Augenkontakt unterbrochen und einen Schritt zum Auto gemacht hatte, hörte ich hinter mir ein leises: »Pass auf dich auf, du Idiot.« Ohne mich umzublicken, stieg ich ins Taxi und nannte eine neue Adresse. Es war zehn vor elf und noch immer ein guter Tag.
     

VIII
    Eigentlich war die Taxifahrt nicht notwendig, die 200 Meter Distanz zum Debakel wären auch zu Fuß möglich gewesen, aber ich war stolzer Besitzer von 900 Euro, minus Frühstück, Kaffee und Abendessen. Ich war lange genug arm gewesen. Sollten doch die misera plebs durch die nassen Straßen schleichen, ich fuhr im geheizten Mercedes.
    Das Debakel ist ein traditionelles Studentenbeisl. Montags geht das Murauer um drei Euro weg, die Soundauswahl schwankt zwischen grausam und schräg, aber die Leute sind nett. Es besteht aus zwei Räumen, von denen der vordere der größere ist. Dort ist auch die Bar zu finden und ein paar Stehtische. Im hinteren Zimmer lehnt man an der Wand, aber dort gibt es den Wuzzler.
    Eugen saß an der Bar und wartete auf mich bei einem Murauer. Wir nickten einander aus der Entfernung zu und bewegten uns nach hinten, zum Tischfußballkasten. Es hatte sich zwischen uns so eingebürgert, dass wir uns ein- oder zweimal die Woche trafen, um am Wuzzler ein wenig zu entspannen. Wichtig

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