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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Chef vorbeikam. Wir waren gerade über die beiden härteren Aufnahmen von ›Directions‹ hinweggekommen und befanden uns mitten in ›Shhh Peaceful‹, als Boxers Handy klingelte. Er stellte seine Teetasse ab und nahm das Gespräch an. Ein leises, gutturales »Da« drang aus seinem Mund und er ging die Tür öffnen. Augenbraue hielt mir immer noch die Knarre hin. Ich drosselte die Lautstärke von Miles auf einen ganz leisen Hintergrund, wie im Frühstückssaal eines wirklich guten Hotels.
    Den beiden hatte der Tee geschmeckt. Ich hatte ihnen daraufhin noch einen starken Schwarzen aufgesetzt, den sie mit viel Zucker schmatzend tranken. Persönlich mache ich mir nichts aus Zucker im Tee, darum trank ich meinen ohne und genoss die herrlichen Aromen. Bis jetzt war alles gut gegangen. Ich war überaus gespannt, wer da kommen würde.
    Als Boxer an der Tür beiseite trat und drei Männer einließ, gefror mir das Blut in den Adern. Nicht wegen der zwei Ikeaschränke, sondern wegen dem Mann im Kamelhaarmantel, unter dem er einen blauvioletten Designeranzug mit passendem Hemd und Krawatte trug.
    Als der Mann näherkam, traf es mich wie ein Schlag. Vor Angst krampfte sich mir der Magen zusammen und ich musste an allem reißen, was ich hatte, um nicht durchzudrehen.
    Einen von seinem Schlag hatte ich schon einmal getroffen. Vor Jahren war ich mit einem Freund im Altai unterwegs gewesen. Dort waren wir dem Sicherheitschef in die Hände gefallen. Und obwohl sie 10.000 Kilometer voneinander getrennt waren, war es offensichtlich, dass der Sicherheitsmann von damals und mein nächtlicher Besucher von heute dieselbe Kinderstube genossen hatten. Früher mal hatte sie NKWD geheißen, später SMERSCH, dann KGB, wie sie sich heute nennt, weiß ich nicht, will ich auch gar nicht wissen. Wer weiß, was auf dem Tor zur Hölle steht, ist schon mit einem Bein drin.
    Auf jeden Fall war der Mann gefährlich. Wirklich gefährlich. Das Knacken von brechenden Oberschenkelknochen klingt in seinen Ohren wie für einen durchschnittlichen Menschen das verheißungsvolle Knistern einer Chipspackung. Einer, der auch dann noch lächeln kann, wenn ihm der Oberarm gebrochen von der Schulter baumelt.
    Seine Augen waren von einem klaren Blau, die Haare kurz und graumeliert. Er musterte mich mit dem unpersönlichen Interesse eines Metzgers an einem frischen Stück Fleisch. Ich weiß, wovon ich spreche, schließlich arbeite ich im Sommer bei den Inzersdorfer Schlachthöfen. Ich wünschte mir jetzt doch ein wenig Mozart.
    »Ein gemütliches Teekränzchen, wie ich sehe.« Er sprach sachlich und ohne den geringsten Anflug von Akzent. Als Boxer und Augenbraue sich vor ihm buckelnd entschuldigen wollten, raffte ich mich auf. »Ist doch viel unverdächtiger so. Ein bisschen Tee und Musik und das alles fällt viel weniger auf. In diesem Haus spitzen viele ihre Ohren.«
    »Sie bekommen noch genug Gelegenheit, um zu reden. Besser, Sie warten, bis Sie gefragt werden.« Während er das sagte, grinste Augenbraue pervers. Offenbar konnte er es nicht mehr abwarten, von der Leine gelassen zu werden. Er wirkte in Gegenwart seines Meisters wie ein Pitbull, missgestaltet, hässlich und scharf.
    Der Boss gab ein paar leise Anweisungen, die ich nicht verstehen konnte. Dann stellten sich die beiden von Ikea neben die Wohnungstür, Boxer und Augenbraue hinter ihren Chef und der setzte sich mir gegenüber. Er schenkte sich gelassen eine Schale voll, leerte sie mit einem anmutigen Schlenker seines Handgelenks und fixierte mich.
    »Wir haben Interessen in Wien. Es kann nicht sein, dass irgendein dahergelaufener Wicht da mitschneiden will. Verstehen Sie das?«
    Ich sah ihn einfach weiter an. Er ließ seinen Blick durch die Wohnung wandern. »In was für einem Loch Sie wohnen.« Er schüttelte angewidert den Kopf. »Spielen Sie Schach?«
    »An guten Tagen ein bisschen.«
    »Dann wissen Sie sicherlich auch, dass man für sein Ziel Figuren opfert. Wenn das Ziel wichtig genug ist, gibt es nichts, was man dafür nicht tun würde. Stimmen Sie mir zu?«
    Ich wurde gefragt, also durfte ich antworten. Die letzten Minuten hatte ich damit verbracht, nicht vor Angst zu sterben. Mein Hemd war durchgeschwitzt und ich hoffte nur, dass man den Angstschweiß nicht bis zu ihm riechen konnte. Denn von der Gestik her hatte ich mich bis jetzt einwandfrei gehalten.
    »Nicht ohne Vorbehalt.« Ich gab ihm Zeit, um etwas einzuwerfen, aber er blieb still, deswegen sprach ich weiter. »Man riskiert nicht den

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