Arno-Linder 1: Papierkrieg
Ihre wunderbaren Augen funkelten mich an. Es ist ein Klischee, aber schöne Frauen sind böse noch viel schöner.
»Du bist ein Arschloch. Ein Riesenarschloch.«
»So hab ich das nicht gemeint. Natürlich freu ich mich, dass ich wieder heraußen bin. Viel schöner aber ist es noch, dass du es bist, die mich rausgeholt hat.«
Laura schaute mich an. Der Zorn in ihren Augen war verschwunden, dahinter kam allerdings ein bisschen Traurigkeit zum Vorschein, die nach meinen Worten einem gewissen Ausdruck von Freude Platz machte.
»Du freust dich, mich zu sehen?«
»Natürlich.«
Ich nahm sie in die Arme und wir küssten uns. Nach ein paar stürmischen Küssen machte ich mich zärtlich von ihr los. Sie blickte fragend.
»Ich muss unbedingt was zwischen die Zähne kriegen und zwar schnell.«
»Haben sie dir da drin nichts gegeben?«
»Nein, irgendwie bin ich um die Mahlzeiten umgefallen. Bürokratisch hatte natürlich alles seine Ordnung, aber ich hab seit Samstag Nachmittag nichts mehr in den Magen gekriegt.«
»Dann gehen wir doch was essen. Worauf hast du Lust?«
»Auf viel, aber wenig Zeit. Am liebsten wär mir schnell irgendwas beim Würstelstand. Könntest du mich danach zu mir nach Hause fahren? Irgendwer hat eingebrochen. Ich muss wissen, was dabei alles zu Bruch gegangen ist.«
»Gut, ich fahr dich. Die Wohnung eines Mannes lässt viele Schlüsse auf seinen Charakter zu.«
Irgendwie war mir nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran, was sie wohl aus meiner Wohnung über mich erfahren würde.
Ich sagte ihr den Weg an und wir kamen ganz gut voran, die Straßen waren vom Berufsverkehr noch nicht allzu verstopft. Wir ließen die blitzblanke Innenstadt hinter uns, fuhren unter der U6 hindurch auf den Gürtel hinaus. Da es gegen Abend ging, waren die heruntergewirtschafteten Wohnhäuser noch trostloser als gewöhnlich. Die angehenden Neonreklamen für Einzel- und Pärchenkabinen, Homopornos und Kebabs verstärkten den Eindruck noch. Die ersten Bordsteinschwalben waren herausgekommen und jagten bereits die vom Dienst heimkehrenden Familienväter. Mit Erfolg, was so manches haltende Auto bewies. Am Urban-Loritz-Platz verließen wir den Gürtel und fuhren in den 15. hinein. Unbedeutend weniger Puffs, dafür mehr kombinierte Kebab-Pizza-Buden.
Schweglerstraße Ecke Märzstraße hielten wir bei einem Würstelstand. Wir stiegen aus und der Duft der warmen Würste ging mir durch Mark und Bein. Ich hätte schwören können, dass mein Stammhirn sabberte, so wie damals das meiner Vorfahren, wenn sie dampfendes Mammuthirn aus dem frisch geknackten Schädel löffelten.
Mit einem Schritt war ich bei der Bude und bestellte. Das hölzerne Standerl war zugepflastert mit allen möglichen Reklamen, die teilweise noch aus der Kaiserzeit zu stammen schienen. Werbung für Pferdeleberkäse hing direkt neben der für kalorien- und fettarme Putenwurst. Mindestens drei verschiedene Generationen von Ottakringer-Firmenschildern hingen herum und auch die Preistafel war in mehreren Ausführungen vorhanden. Euro, Schilling und, wenn mich nicht alles täuschte, halb hinter einem Pro-Schweinefleisch-Plakat des Bundesministeriums für Gesundheit verborgen, auch noch eine in Reichsmark. Man konnte nie wissen, mochte sich der Besitzer gedacht haben, vielleicht kommt die gute alte Zeit ja noch mal zurück.
Der Chef trug über seinem schweren Schmerbauch eine weiße Schürze, die eigentlich ganz sauber war. Er selber aber schwamm im Fett. Die dünnen schwarzen Haare waren ölig, wie auch seine glänzende Nase und die leuchtenden Backen. Er befand sich hinter seinem Tresen, rechts neben ihm brutzelten die Würste, hinter ihm war der Eisschrank mit den Getränken und die Brotlade. Links neben ihm standen unzählige Dosen und Flaschen mit Ketchup und Senf, eingelegte Gurkerln in Essig und auch in Senf gab es ebenso wie Silberzwieberln. Außer uns war eine etwa 50 Jahre alte Frau am Stand. Mit ihrem Hund und einem Bier und zwei leeren, großen Schnäpsen.
»Zweimal Burenwurst, bitte.«
»Ich mag aber lieber Debreziner. Außerdem kann ich für mich selbst bestellen«, ließ sich Laura, die hinter mich getreten war, vernehmen.
»Die wären auch für mich gewesen, nie im Leben würde ich es wagen, für dich zu bestellen!«
»Wissen’s jetzt, was wuilln?«, grunzte der Chef.
»Also, zwei Buren und eine Debreziner.«
»Debreziner hätt ma original Ungarisch oder die vom Radatz. Was sagn’s, Gnädigste?«
»Original, bitte.«
»Sull ma recht
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