Arno-Linder 1: Papierkrieg
kannst du danach noch immer deinen Zorn an mir auslassen. Wenn du’s jetzt tust, dann …«, den Schluss ließ ich in der Luft hängen.
»Was dann?«
»Ich hab jetzt eine Versicherung. Der Russe glaubt, ich hab den Papyrus in der Hand. Wer mir jetzt was tut, der ist in seinen Augen Hauptverdächtiger.«
Bender stützte wieder den Kopf auf seine Hand und nickte bedächtig.
»Gut, schließen wir einen Waffenstillstand, solange die Russen da sind. Danach sehen wir weiter.«
»Also, Bender, was kannst du mir sagen?«
»Nur das, nach dem du fragst, Kleiner.«
»Ich habe nur zwei Fragen.«
»Gut, schieß los. Ich hoffe, es sind die richtigen und du weißt danach, wo das Papierl ist.«
»Es gibt immer Unbekannte, Bender, und darum ist alles möglich. Also, zuerst zum Unbekannten. Der Spieler, der die Kunstwerke als Sicherheit gegeben hat, war ein Russe, stimmt’s?«
»Genau. Ein junger Blödkopf, er war mit seiner Freundin da, übrigens eine Österreicherin. Seltsam, da haben die Russen die schönsten Frauen der Welt daheim und der sucht sich irgendeine Zicke aus Döbling oder Grinzing aus.«
»Zweitens, wer hat die Sachen gekauft?«
»Das kann ich nicht genau sagen, weil der Serbe sie aufgeteilt und über ein Jahr hinweg oder sogar noch länger verkauft hat. Aber irgendwo müssen sich ja jetzt bei ihm die Unterlagen finden.«
»Die findet momentan nur die Polizei und solange der Fall nicht abgeschlossen ist, bleiben sie unter Verschluss und nützen uns somit auch nichts mehr. Wie könnten wir an die Käufer kommen?«
»Das ist jetzt eine dritte Frage, und ich würde sie dir auch beantworten, wenn ich’s wüsste. Hast du keine Ahnung, wer es sein könnte?«
»Doch schon, allerdings liegt zwischen Wissen und Glauben ein feiner, aber bedeutsamer Unterschied. Könnte es sein, dass Laura was weiß?«
»Unsere Anwältin, mit der du ein Gschpusi hast?«
»Genau die.«
»Vielleicht, hast du sie noch nicht gefragt?«
»Doch, aber sie wollte nichts sagen.«
»Braves Mädchen!«
»Kannst du ihr nicht auftragen, dass, wenn sie es weiß, sie es mir sagen soll?«
»In solche Sachen mische ich mich nicht gerne ein«, Bender lachte fast ein wenig, »aber ich werde schauen, was sich machen lässt.«
Wir saßen noch ein bisschen unter den kahlen Bäumen und froren. Dann machte Bender eine Handbewegung und ich war entlassen. Er blieb sitzen, während Fred weiterhin hinter ihm stand, starr wie eine Statue.
Ich ging hinunter zum Schloss, unten aber bog ich rechts ab und ging an der Orangerie vorbei zum Meidlinger Tor. Ich war noch gar nicht draußen, als das Telefon läutete. Ich fischte es heraus und nahm ab.
»Hi, Doktor.«
Es war Mike. Wie immer hörte ich im Hintergrund das Brummen seines Pontiac.
»Servus, was ist los?«
»Ich hab ein paar Bier dabei und wollte mit dir reden.«
»Ah so, wegen was?«
»Na ja, weil es mir halt leid tut, war ein Blödsinn, dich zu verpfeifen.«
»Denk ich auch. Und jetzt stehen dir die großen Viecher auf den Zehen und du willst, dass ich dir damit helfe.«
Mike schnaufte tief durch. »Genau.«
»Also gut, ich bin am Meidlinger Tor, komm mich holen.«
»Bin in fünf Minuten da.« Bevor er auflegte, hörte ich im Hintergrund den Motor aufheulen und die Reifen quietschen. Dann wartete ich.
V
Wir saßen in Mikes Wagen und fuhren unter der Westbahn hindurch Richtung Felberstraße. Mike war mitten in seiner Beichte. »Na ja, und vor drei Tagen, da hams vorbeigschaut bei mir.«
»Du meinst die Russen.«
»Genau.«
Mike trug noch die Zeichen ihrer Freundschaft für alle sichtbar mit sich herum. Ich fand, dass ich da besser ausgestiegen war. »Was wollten sie denn?«
»Wegen der Slupetzkysache hoit, und i hab ihnen gsagt, was ich gwusst hab.«
»Von was denn?«
»Stöll di net bleder, alsd bist, wegen die Computer halt.«
»Was wollten’s denn genau wissen?«
»Den Partner vom Slupo beim Flughafen.«
»Und das hast du ihnen verraten?«
»Sicher, i bin ja net bled.«
»Da wär ich mir nicht so sicher.«
»Warum?«
»Passt schon. Aber sag, wollten die auch was wegen der Kunstsache?«
»Wegen dem haben’s mich auch gfragt.«
»Was hast du da geantwortet?«
»Hmm, dass i net vül waß davon.«
»Und das haben sie dir geglaubt?«
»Na, net wirklich.«
»Und dann?«
»Hob i eana vom Serben dazöhlt, dem bei der Stadthalle.«
»Der kurz darauf mitsamt seiner Frau einer letalen Dosis Schwermetall ausgesetzt wurde. Sag, der Kumpel vom Slupetzky, das ist doch
Weitere Kostenlose Bücher