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Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)

Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)

Titel: Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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erfrischt, und alle waren sehr freundlich«, gab sie zögernd zurück.
    »Setzen Sie sich«, wies er sie mit einer Handbewegung an.
    Sie nahm ihrem Gastgeber gegenüber Platz, der bereits auf einem identischen Stuhl saß. Das Mobiliar wirkte, als hätte es zu Hause in jeder beliebigen altmodischen Bibliothek stehen können. Es war wuchtig und ein wenig pompös – und passte damit zu dem übermäßig elegant gekleideten Mann vor ihr. Neben ihm am Tisch lehnte ein Spazierstock mit goldenem Griff, den sie zuvor nicht gesehen hatte, aber abgesehen davon sah er so aus wie vorhin.
    Er hielt ihr ein Stück Papier hin. »Lesen Sie das vor.«
    Während Chloe das Papier in der Hand hielt und las, starrte er sie an.
    Ich bin der Herr der Ewigkeit, der den Himmel durchquert.
    Ich fürchte mich nicht in meinen Gliedern.
    Ich werde das Land des Lichts öffnen, eintreten und darin wohnen.
    Macht mir den Weg frei … Ich bin der, der an den Wachen vorbeischreitet …
    Ich bin fähig und in der Lage, dieses Portal zu öffnen!
    Mit dem Sprechen dieses Zaubers bin ich wie Re am östlichen Himmel; wie Osiris im Totenreich. Ich werde den Kreis der Finsternis durchqueren, ohne dass mein Atem jemals stillsteht!
    »Spüren Sie etwas ?«, fragte er, als sie fertig war.
    »Was zum Beispiel?« Sie war sich nicht sicher, was er von ihr wollte, und betrachtete das Blatt, als könne sie dort eine Erklärung finden. »Haben Sie das geschrieben?«
    Ajanis Miene wirkte verschlossen. »Nein. Lesen Sie es noch einmal und achten Sie auf alle Empfindungen, die Sie dabei spüren.«
    Chloe las den Text noch einmal und versuchte seine Anweisung auszuführen.
    »Was spüren Sie?«, ermunterte Ajani sie und beugte sich auf seinem Stuhl vor.
    »Ehrlich? Angst. Verwirrung.«
    Ajani hatte das Papier beiseitegelegt. »Sie sind keine Kennerin der Kunstgeschichte, nicht wahr?« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht so wichtig. Sie brauchen sich nicht mit den schönen Künsten auszukennen , um zu fühlen. Wenn es funktioniert, Chloe, ist es ein einzigartiges Gefühl. Das Universum tut sich auf, enthüllt sich einem, und der Mensch, der solche Macht ausübt, ist ein Gott.«
    Er streckte die Hand aus und tätschelte ihr Handgelenk, als wolle er sie beruhigen, aber seine Berührung und seine Worte vermochten ihr ungutes Gefühl kaum zu lindern.
    »Ich kann es noch einmal versuchen«, erbot sie sich.
    Da lächelte er ihr zu. »Gut, Chloe. Sie brauchen das Gedicht nur so zu lesen, als glaubten Sie an die Worte, und dann sagen Sie mir, wie Sie sich dabei fühlen.«
    Sie versuchte es noch einmal, aber wieder hatte sie ihm nichts zu sagen. So ging es noch eine Stunde weiter: Sie las, betonte verschiedene Wörter, versuchte es unterschiedlich schnell, während Ajani sie abwechselnd auf seine verstörende Art ermunterte und dann wieder tadelte. Chloe begann schon zu glauben, dass dieses merkwürdige Spiel aus Lesen und Fragen den ganzen Tag weitergehen würde, als sie dadurch unterbrochen wurden, dass einer von Ajanis unterwürfigen Dienstboten die Tür öffnete.
    »Sir?«
    Ajani warf dem jungen Mann einen Raubtierblick zu. »Du hast Glück, dass sie nicht erfolgreich war.«
    »Ja, Sir.«
    Kaum hatte der Mann die Worte ausgesprochen, als Ajani schon mit seinem Stock durch den Raum geschossen war. Er presste ihn gegen den Hals des Dieners, und als dieser zu Boden ging, drehte Ajani den Stock um und drückte ihm den Griff auf die Brust, wie um ihn festzuhalten. »Du bist glücklich darüber, dass sie gescheitert ist?«
    »Natürlich nicht!«, beteuerte der Dienstbote.
    Ajani stand unbeweglich da. Er drückte dem Diener den Stock in die Brust und atmete schwer wie nach einer körperlichen Anstrengung. Sein Wutanfall beruhigte Chloe nicht gerade, und sie fragte sich, was passieren würde, wenn sie ihm nicht irgendwann die Antwort gab, die er anscheinend hören wollte. Sie verharrte vollkommen reglos, so wie vor langer Zeit in einer Beziehung, die ins Unangenehme umgeschlagen war. Nur nicht seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Jason hatte schnell zugeschlagen, wenn sie zu laut gesprochen hatte – oder zu leise. Er hatte mit Gegenständen geworfen, wenn sie nicht hübsch genug angezogen war, und manchmal auch, wenn sie zu schick gekleidet war. Wenn sie Interesse an Sex gezeigt hatte, dann hatte er sie als Schlampe beschimpft; wenn sie keines zeigte, hielt er sie für untreu. Sie hatte versucht, das zu sein, was er sich wünschte. Doch Jahre später war ihr klar geworden, dass er

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