Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
zugab, eine Mörderin zu sein. Verdammt, da konnte er lange warten. Was sie in der Vergangenheit getan hatte, ging niemanden etwas an. Sie wusste ganz genau, dass man manche Geheimnisse nicht ausplauderte – und bestimmt nicht gegenüber einem Mann, den man gerade erst kennengelernt hatte. Was sie getan hatte, war geschehen, und sie hatte noch nie darüber gesprochen. Regel Nummer eins, wenn man ein Leben beendet hat: nie darüber reden. Manche Geheimnisse waren zu gefährlich, um darüber zu sprechen. Vielleicht waren die Verbrechen aus ihrem alten Leben hier nicht strafbar. Aber deswegen gab es immer noch keinen Grund, darüber zu reden.
Sie entfernte sich von ihm, aber sie war nur ein paar Schritte weit gekommen, als er sie ansprach. »Kannst du schießen?«
»Was?« Sie drehte sich wieder zu ihm um.
»Schießen, Chloe. Bist du eine brauchbare Schützin? Wenn du bei uns bleiben willst, musst du dich verteidigen können. Revolver sind besser zu handhaben als Messer oder eine der Eingeborenen-Waffen.«
»Ein paar Ziele habe ich schon getroffen«, gestand sie zögernd.
»Ich gehe nach draußen. Ich muss ohnehin einen schnellen Patrouillengang unternehmen.« Er wies auf die kahle Landschaft jenseits des Lagers. »Wenn du mitkommst, kannst du mir zeigen, was du draufhast.«
Es war keine Entschuldigung und wahrscheinlich nicht einmal als die Andeutung davon gemeint. Aber es zeigte seine Bereitschaft, das Thema ihrer Sünden , wie er es nannte, nicht zu vertiefen. Ihr reichte das als Zugeständnis – vor allem, da es mit einer Einladung verbunden war, das Gebiet außerhalb des Lagers zu erkunden.
»Klingt gut«, meinte Chloe. Eine nagende Erinnerung an Kittys Ermahnung, im Lager zu bleiben, schob sich in den Vordergrund von Chloes Gedanken, aber schließlich ging sie nicht allein nach draußen. Jack begleitete sie, und er war der Boss. Da war es doch sicher in Ordnung. Sie versuchte, ruhig auf ihn zuzutreten; wahrscheinlich war ihr Gefühl dafür, was »ruhig« war, aber immer noch ziemlich weit von langsam entfernt. Wenn sie lange still stand, baute sich ein Energiestau in ihr auf. Ein langer Spaziergang und am Ende ein paar Schüsse, das klang schrecklich verlockend.
A ls Jack den Wachposten erreichte, blieb er nicht stehen, um mit Francis zu sprechen. Er schnappte sich nur ein paar Revolver und eine der fertig gepackten Taschen, während Francis sich Chloe vorstellte. Wäre Jack jetzt stehen geblieben, hätte er vielleicht darüber nachgedacht, was er tat; aber Nachdenken konnte keiner von ihnen gebrauchen. Er hatte ihr Blut verabreicht, ohne sie auch nur nach ihrer Meinung dazu zu fragen. Seit über zwanzig Jahren half er Neuankömmlingen behutsam dabei, sich in dieser Welt zurechtzufinden. So gefühllos war er normalerweise nicht.
Jack reichte Chloe eine Flinte. Sogar ein lausiger Schütze konnte mit einem Gewehr ordentlich Schaden anrichten. »Hier.«
Chloe nahm sie, klappte den Lauf erstaunlich routiniert ab und ließ ihn wieder zuklappen. Sie redete nicht, worüber Jack froh war. Mary war tot, Ajani hatte etwas damit zu tun, und er fühlte sich, als hätte er Hummeln im Hintern. Er hatte gedacht, Garudas Blut würde nicht allzu stark sein, weil es durch den neugeborenen Bloedzuiger gefiltert worden war, aber offensichtlich hatte er sich geirrt.
»Sag Katherine, dass wir nach draußen gegangen sind, falls sie vorbeikommt und Fragen stellt«, wies Jack Francis an. Er schnappte sich noch ein paar Vorräte und schob sie in die Waffentasche, die er sich genommen hatte. »Sag Edgar, dass ich gesagt habe, dass Katherine das Lager nicht verlassen darf. Niemand darf das, bis ich zurück bin.
Sein Bewegungsdrang wuchs, statt nachzulassen, und Jack wurde klar, dass er einen Fehler begangen hatte. Nicht nur hatte er einem Neuankömmling Verrot gegeben, sondern er hatte ihm zu reines Verrot verabreicht. Das Neugeborene musste auch von Garuda getrunken haben, bevor Jack gekommen war – was er gewusst hätte, wenn er daran gedacht hätte, danach zu fragen. Stattdessen hatte er naiverweise geglaubt, die Lage unter Kontrolle zu haben.
»Komm.« Er warf sich die Tasche über die Schultern und ging in die Wüste hinaus.
Chloe folgte ihm. Dass sie mit ihm Schritt halten konnte, war nur möglich, weil er ihr von Garudas Geschenk abgegeben hatte. Normalerweise dauerte es ein paar Tage, bis die Reisekrankheit verging. In einigen seltenen Fällen hatte er erlebt, dass es eine Woche oder länger dauerte. Chloe jedoch war
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