Arrivederci amore, ciao
können, aber der Schnitt sah exakt nach dem aus, was er war: ein Denkzettel. Besser, ich riskierte keine Komplikationen. Es war still in der Wohnung, ich warf mich in einen Sessel und zündete mir eine Zigarette an. Ich musste ein Versteck für das Geld finden. Schließlich konnte ich die Witwe nicht jedes Mal, wenn ich aus dem Haus musste, einschläfern wie heute. Sonst würden all die Schlaftabletten und der Fernet sie noch umbringen. Verfrüht. Dass sie irgendwann sterben musste, war mir die ganze Zeit klar. Nach dem Überfall konnte ich mir keine Schwätzer leisten. Bislang wusste sie noch nichts, aber sie hatte mit dem Geschäft zu viel Erfahrung, als dass sie meinen Aufenthalt in Mailand nicht mit dem Überfall zusammenbringen würde. Ein Milliardencoup mit zwei Toten bleibt nicht unbeachtet. Ciccio Formaggio musste allein schon wegen der theoretischen Möglichkeit, dass er redete, verschwinden, aber bei der Witwe hatte ich nicht den geringsten Zweifel, dass sie singen würde. Schon aus Rache. Um noch einmal im Leben den Kopf zu erheben. Ich musste einen Moment abwarten, in dem ich sie beiseite schaffen konnte, ohne dass es auffiel, die Nachbarn hatten mich sicher schon bemerkt. Ich stand auf und durchsuchte die Wohnung nach einem geeigneten Versteck. In einem Zimmer fand ich einen Schrank, der zu schwer war, als dass sie ihn allein bewegen konnte. Ich ging in ihr Zimmer zurück und schaute nach, ob sie noch schlief. Dann teilte ich das Geld in Päckchen auf und verstaute es in Gefrierbeuteln, die ich mit Reißzwecken an der Rückseite des Schranks befestigte. Dann schob ich ihn wieder an die Wand und kontrollierte, dass man die Beutel nicht sehen konnte. Nicht gerade ein geniales Versteck, aber etwas Besseres wusste ich im Moment auch nicht.
Ich zog mich um. Mittlerweile war die Witwe aufgewacht, tat aber so, als würde sie schlafen, damit ich sie ihn Ruhe ließ.
»Ich gehe nochmal raus. Du bleibst hier und siehst fern. Auch dafür wirst du bezahlt.«
Erst auf der Straße wurde mir klar, dass ich gar nicht wusste, wohin. Die Orte, die ich aus der Zeit kannte, in der ich als ratloser entlassener Häftling ohne eine Lira dastand, wollte ich nicht wieder sehen. Ohne Ziel lief ich los. Es war ein schöner Septemberabend, ich wanderte lange herum, sah mir Schaufenster und Leute an. Dann fand ich einen Platz in einem Restaurant voller Gäste, die aßen, tranken und schwatzten. Ich war der Einzige, der nichts zu tun hatte, als sich umzusehen. Das tat ich, bis der Kellner mir mein Risotto brachte. Irgendwann kam der Koch aus der Küche. An seinem Verhalten erkannte ich, dass er zugleich der Inhaber des Restaurants sein musste. Er ging von Tisch zu Tisch und erkundigte sich bei den Gästen, ob alles zu ihrer Zufriedenheit war. Bei manchen setzte er sich für ein paar Minuten dazu und plauderte ein wenig. Die Leute wussten diese Aufmerksamkeit zu schätzen. Dann kam er zu mir. Er beäugte mich, befand, ich sei nur ein Gelegenheitsgast, und begnügte sich damit, beiläufig zu fragen, ob ich mit Essen und Service zufrieden sei.
Statt einer Antwort deutete ich auf den Stuhl zu meiner Rechten. »Ich lade Sie zu einem Glas Wein ein.«
Kurz war er verblüfft, dann folgte er meiner Aufforderung. Mit einem Wink orderte er ein Glas Wein.
»Ich habe auch mal in einem Lokal gearbeitet«, erzählte ich ihm. »Und die Gäste haben mich respektvoll behandelt, ganz wie Sie. Sie verstehen, was ich meine?«
Er nickte und rückte sich das Halstuch zurecht. Er war um die fünfzig, dünn, aber muskulös. Sein Kittel war vollkommen fleckenfrei, auch seine Hände waren sauber und gepflegt. Einer, der es geschafft hatte.
»Ich will mich beruflich neu orientieren«, fuhr ich fort, »und da frage ich mich, ob es eine gute Investition ist, ein Restaurant zu eröffnen. Wissen Sie, ich arbeite gern so unter Menschen …«
Er leerte sein Glas auf einen Zug. Er hatte nicht im Geringsten vor, sich länger mit mir zu unterhalten. »Ich weiß ja nicht, in welcher Art Lokal Sie gearbeitet haben, aber das Gaststättengewerbe ist eine ernsthafte Sache«, erklärte er besserwisserisch. »Man braucht eine entsprechende Ausbildung und viele Kenntnisse, etwa in weinkundlicher Hinsicht. Vielleicht wäre eine Pizzeria passender. Alle essen Pizza, egal, ob sie gut ist oder schlecht«, schloss er und stand auf. Wohlerzogen reichte er mir die Hand und ging weiter zum nächsten Tisch.
»Pizzeria am Arsch«, dachte ich und beobachtete ihn weiter. Ich
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