Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
Vom Netzwerk:
die immer neben der Registrierkasse hingen. Dann klapperte ich die Wohnungen der Tänzerinnen ab, die für die Lap-Dance-Bars von Pristina auserkoren waren. Sie wohnten alle in der Nähe. Ich klopfte an, erzählte, eine Razzia sei im Gang und der Boss habe mich beauftragt, sie zu verstecken. Keine Einzige machte Theater. Die Geschichte war zu plausibel. Der Laderaum hatte keine Fenster, so bekamen sie nicht mit, wohin ich sie brachte. Mit den Kosovaren war ich auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums am Stadtrand von Mestre verabredet. Sie waren zu fünft, angeführt von dem Kerl, der im Lokal gewesen war. Sie kamen lächelnd auf mich zu. Mir war sofort klar, was sie vorhatten. Sie wollten mich umringen und aufs herzlichste begrüßen, und einer jagte mir ein Messer zwischen die Rippen. Ganz diskret. Ein Stich genau an der richtigen Stelle, direkt ins Herz. Dann hätten sie mich wie einen Freund, der einen über den Durst getrunken hat, zu ihrem Wagen geschleift. Ich lehnte mich an den Lieferwagen und holte die Lupara unter der Jacke hervor. Sie blieben auf der Stelle stehen und zeigten die bloßen Hände. Echte Profis. Das Zeichen war klar, es bedeutete Waffenstillstand, sie wollten verhandeln. Mir rann der Schweiß in Strömen über Rücken und Gesicht, brannte mir verflucht in den Augen, aber ich hätte auf keinen Fall die Hände von der Waffe genommen.
    Ein älteres Ehepaar kam mit seinem Einkaufswagen vorbei, bemerkte die Szene und eilte weiter.
    »Geld morgen, heute nicht geht«, sagte der Anführer.
    »Ihr Hurensöhne, ihr wollt mich verarschen. Zieht Leine, oder ich schieße.«
    Sie sprangen in zwei dicke Autos und schossen reifenquietschend davon. Ich sperrte die Hintertür des Lieferwagens auf.
    »Raus«, rief ich den Mädchen zu. »Das Lokal ist dicht, für immer. Sucht euch einen anderen Job.«
    Die Lupara in meinen Händen war das entscheidende Argument. Sie fragten nicht lange, sondern nahmen die Beine in die Hand und rannten weg. Von Angst und Wut geschüttelt, stieg ich in den Lieferwagen. Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. Feste. Ich wollte mir wehtun. Was war ich für ein Arschloch! Mich für siebzig verkackte Riesen umbringen zu lassen. Künftig musste ich vorsichtiger sein. Sonst würde ich es nie schaffen.

Francisca
    Für ein Treffen mit Anedda musste ich die Wohnung der Witwe verlassen. Aber mit meinem Geld allein lassen konnte ich sie nicht. In der Scheißbude war keine Stelle zu finden, wo ich es ordentlich verstecken konnte. Die alte Hure brauchte nur einmal in meinem Koffer nachzusehen, schon könnte sie meine Ersparnisse im nächsten Casino verpulvern. Das war ein echtes Problem. Ich ging hinunter und kaufte in der Apotheke um die Ecke ein Babyfläschchen und im Laden eine Flasche Fernet. Die Witwe lag in der Badewanne. Ich klebte ihr die Nase zu und zwang ihr zwei Schlaftabletten und den Schnuller in den Mund.
    »Trink«, befahl ich.
    Wahrscheinlich dachte sie, das sei wieder mal eins von meinen Spielchen, und gehorchte ängstlich. Sie konnte es nicht erwarten, dass ich abhaute und sie endlich Ruhe vor mir hatte. Ich setzte mich auf den Wannenrand und zündete zwei Zigaretten an. Eine steckte ich ihr zwischen die Lippen.
    »Komm ja nicht auf die Idee zu kotzen.«
    Sie hätte am liebsten eine ihrer üblichen ätzenden Bemerkungen losgelassen, das konnte ich ihr an den Augen ansehen, aber sie beherrschte sich. Ich glaube, mehr aus Resignation als vor Angst. Damit sie nicht absoff, zog ich den Stöpsel raus, und das Wasser floss ab.
    »Rühr dich nicht von der Stelle, bis ich wieder da bin.« »Lass mich ins Bett gehen. Da kann ich schlafen. Wenn ich so nass bin, hol ich mir noch den Tod.«
    Ich seufzte. Ich hatte keine Lust, Zugeständnisse zu machen. »Nein. Du bleibst hier.«
     
    Ferruccio Anedda hatte mich vor den Eingang eines McDonald’s gegenüber vom Hauptbahnhof bestellt. Den Koffer mit dem Geld hielt ich fest in der Hand. Und zwar mit allem Geld. Er sollte mir meine dreißig Prozent selbst auszahlen. Eher wie ein Bandenchef als wie ein Polizist. Aber nun, einer fängt als Ehrenmann an, irgendwann macht er sich die Hände schmutzig, und das Herz und das Hirn gleich mit. Er kam in einem Fiat Brava und winkte aus dem Fenster, dass ich einsteigen solle.
    »Hast du die Zeitung gelesen?«, fragte er zufrieden.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Oder ferngesehen?«
    »Ich sehe nicht fern und lese keine Zeitung. Ist mir alles scheißegal.«
    »Schade. Die Operation hat viel

Weitere Kostenlose Bücher