Arrivederci amore, ciao
Pistole mitnehmen, ebenso die Halbautomatik des Wachmanns. Dann den Benzinkanister aus meinem Wagen holen, Feuer legen und verschwinden. Ich hatte keine Zeit zu verlieren. Jede ohne guten Grund am Ort einer Tat verbrachte Sekunde ist Wahnsinn. Das wusste ich genau, dennoch holte ich in aller Ruhe Zigaretten und Feuerzeug aus der Hosentasche. Und rauchte. Eine ganze Zigarette. Ich langte in den Wagen und machte das Innenlicht an. Dann zog ich ihnen die Portemonnaies aus den Taschen und wühlte in ihrem Leben herum. Papiere, Ausweise, Fotos. Ausonio lächelnd zwischen zwei alten Herrschaften. Mama und Papa. Ich zerriss das Bild mit einem Ruck. Zehn Minuten später machte ich die zweite Zigarette an. Ein paar Züge, dann warf ich sie in den benzingetränkten Innenraum des Tipo.
Samstag, 11Uhr 30
Die Spanier kamen zu spät, wie immer. Die Hände in den Taschen, betraten sie die Bar. Pepe ging zum Tresen und bestellte einen Orangensaft. Javier trat an meinen Tisch. Ich gab ihm den Schlüssel und den Parkschein. Schweigend ging er wieder. Sein Genosse bezahlte den Saft, im Hinausgehen streifte mich nur sein zerstreuter Blick.
Samstag, 14 Uhr
Anderes Stadtviertel, andere Bar. Romo Dujić, genannt Černi, trank ein alkoholfreies Bier. Kein Alkohol vor der Arbeit mit einem Präzisionsgewehr. Tonči Zaninović, der zweite Mann, saß an einem anderen Tisch, den Blick auf die Straße gerichtet.
Ich warf den Umschlag auf den Tisch. »Schlüssel und Parkschein.«
Der Kroate nickte. An diesem Tag mochte keiner reden.
Samstag, 20 Uhr 32
Nach dem Raub konnte ich anhand von Zeitungsberichten und Interviews mit den Zeugen in regionalen und landesweiten Radiosendern den Hergang rekonstruieren.
Der Panzerwagen kam pünktlich um halb neun. Zwei Minuten lang kontrollierten die Männer die Umgebung. Dann stiegen der Fahrer und ein zweiter Wachmann aus, öffneten die Stahlklappe und nahmen die Geldsäcke; in diesem Moment wurden sie von mehreren Geschossen getötet. Gianni Casiraghi, 41, getrennt lebend, zwei Töchter, wurde ins Gesicht und in die Kehle getroffen. Walter Salemme, 29, verheiratet, ein Kind von vier Monaten, in die Schläfe. Er war tot, bevor er am Boden lag. Ein parkender Renault 21 schoss reifenquietschend zu den auf dem Asphalt liegenden Geldsäcken. Die Zeugen waren sicher, dass eine Frau am Steuer saß. Die Scharfschützen beschossen unterdessen den hinteren Sichtschlitz des Transporters, um den dritten Wachmann daran zu hindern, dass er das Feuer erwiderte. Das war jedoch ganz und gar überflüssig. Als Antonio Donati, 33, verheiratet, keine Kinder, mit ansehen musste, wie seine Kollegen mit tödlicher Präzision abgeschossen wurden, warf er sich flach auf den Boden des Wagens und betete schluchzend. Vor Entsetzen vergaß er sogar, über Funk die Zentrale zu alarmieren. Zwei Männer stiegen aus dem Renault. Einer sammelte die Geldsäcke auf, der andere gab ihm mit zwei Pistolen Deckung. Die Zeitungen überboten sich gegenseitig mit computergenerierten Skizzen des Tatorts und an den Haaren herbeigezogenen Thesen. Die einzige zutreffende Annahme betraf die Verwicklung eines Mitarbeiters der Sicherheitsfirma. Ciccios und Ausonios Leichen hatte man zwar schon gefunden, aber sie waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, es würde einige Zeit dauern, bis man ihre Identität ermittelt hatte. Die Nachrichten von dem Überfall standen ein paar Tage lang auf den Titelseiten, nicht nur wegen der beiden Toten, der Beerdigungsfeierlichkeiten mit kirchlichen Würdenträgern und Gemeindetrauer, sondern auch wegen der Höhe der Beute: eine Milliarde siebenhundert Millionen Lire. Anders als sonst ließen die Ermittler nur allgemeine und wenig informative Details verlauten. Der Ablauf des Coups und die rund zwanzig Patronenhülsen aus russischer Fabrikation ließen offenkundig auf eine gefährliche ausländische Bande schließen. Eine schwierige Ermittlung, in der jede Einzelheit wichtig werden konnte und nicht öffentlich werden durfte.
Samstag, 21 Uhr 15
Die Tankstelle war seit halb acht geschlossen. Ich stand in meinem Panda hinter der Autowaschanlage, von der Landstraße aus nicht sichtbar. Schließlich wollte ich nicht, dass irgendeine Streife auf mich aufmerksam wurde. Der Escort der Kroaten kam, dicht gefolgt vom Renault mit den Spaniern. Ich ließ den Motor an und fuhr ihnen bis zum Ziel voraus. Ich war zufrieden. Zufrieden und erregt bei der Vorstellung, reich zu werden. Die letzte Hürde bestand darin,
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