Arrivederci amore, ciao
Hochgefühl bei. Ich hatte keine Lust auf neue Verwicklungen. Als ich im Schlafzimmer nachsah, war sie noch am Zählen. Ich ging ins Wohnzimmer, goss mir einen Schluck ein und machte den Fernseher an. Auf allen Programmen Sondersendungen über den Raubmord im Einkaufszentrum. Fast überall dieselben Bilder: die zugedeckten Leichen der Wachmänner und die Kriminaltechniker bei der Arbeit. Ich hob das Glas und prostete mir für meinen Plan zu. Schlicht und einfach, also genial.
Die Witwe kam ins Zimmer. »Eine Milliarde und siebenhundertvierzig Millionen. Glückwunsch.« Dann blickte sie auf den Bildschirm. »Früher hat das Milieu den Witwen Geld gegeben. Auch denen der Bullen.«
»Erzähl doch keinen Quatsch«, entgegnete ich boshaft. »Das Märchen hat dir dein Alter erzählt, damit du denkst, er ist ein feiner Herr. Jetzt verschwinde, geh in dein Zimmer.«
In dieser Nacht schlief ich mit der Pistole unterm Kopfkissen. Rational gesehen, wusste ich, dass ich in Sicherheit war, aber ich konnte die Anspannung nicht unterdrücken und schreckte beim leisesten Geräusch auf. Als ich morgens a ufwachte, saß die Witwe im Morgenrock auf der Bettkante. Ihr Haar fiel offen auf die Schultern, sie roch sauber. Sie zündete sich eine Zigarette an und erzählte Anekdoten aus der Zeit, als sie noch etwas darstellte. Wirklich eine Nervensäge. Am liebsten hätte ich sie weggeschickt, aber besser, ich brachte sie nicht gegen mich auf. Dann würde sie weniger Probleme machen, wenn es daranging, das irdische Dasein zu verlassen. Dann und wann nickte ich, um Interesse zu heucheln, aber meine Gedanken waren woanders, nämlich bei Flora. Ein paar Minuten lang gab ich mich dem unmöglichen Traum hin, sie mit der Macht des Geldes wiederzugewinnen. Bei der Erinnerung daran, wie ich sie im Hinterzimmer des Schuhladens flachgelegt hatte, wurde mein Schwanz steinhart. Ich zog ihre Hand unter die Bettdecke. »Mach dich nützlich«, sagte ich.
Die Zeit kroch, die Warterei auf Aneddas Anruf wurde mir unerträglich lang. Allmählich verlor die Witwe die Nerven; Zeiten äußerlicher Ruhe wechselten mit langen Weinkrämpfen. Im Fernsehen liefen unablässig Nachrichtensendungen. Als ich eines Abends auf dem Bildschirm Anedda sah, der sich bei einer Pressekonferenz spreizte, weil man »den Unterschlupf der Räuber und die Leichen von zweien von ihnen, wahrscheinlich kroatischen Extremisten«, entdeckt hatte, machte ich aus. Jetzt brauchte ich keine Nachrichten mehr zu sehen, jetzt wusste ich, an welchem Punkt die Ermittlungen waren. Alles unter Kontrolle.
Ich packte. Die Kleidung in Koffer, das Geld in Reisetaschen. Am Montag läutete mein Handy.
»Morgen früh werden die Straßensperren aufgehoben«, teilte Ferruccio mir kurz mit. »Du kommst um Punkt zehn vor das Restaurant, in dem wir zu Mittag gegessen haben … mit meiner Reisetasche, versteht sich.« Er lachte kurz.
Die Witwe hingegen weinte. Still, aber unaufhaltsam. Sie hatte geschwollene, rote Augen.
Ich legte ihr den Arm um die Schultern. »Vielleicht hilft dir ein heißes Bad. Das wird dir gut tun.«
Ich stellte das Wasser an, half ihr beim Ausziehen und tat Badesalz und Schaumbad in die Wanne. Dann füllte ich ihr Trinkfläschchen mit Fernet und Schlafmittel. Als sie mich damit kommen sah, erschrak sie.
»Nein, ich geh erst in drei Tagen«, log ich, um sie ruhigzustellen.
Ich steckte ihr den Schnuller in den Mund und laberte sie mit einer unglaublichen Dosis leerer, aber süßer Worte voll. Sie schluckte alles bis zum letzten Tropfen, ein braves Mädchen. Fünfundzwanzig Minuten später schwanden ihr die Sinne. Ich nahm ihre Füße unter die Achseln, packte ihre Knie und zog sie hoch, bis ihr Kopf unter Wasser war. Der Überlebenstrieb ließ sie ein paar Zuckungen vollführen, um wieder aus dem Wasser zu kommen, aber die waren nur schwach und unkoordiniert. Als ich sicher sein konnte, dass sie tot war, ließ ich sie wieder in die Wanne gleiten.
Dann tilgte ich in der Wohnung sämtliche Spuren meiner Anwesenheit, Fingerabdrücke inklusive. Gleichzeitig durchsuchte ich sämtliche Ecken und Winkel, vielleicht gab es ja doch irgendwas von Wert. Und das war mein Glück, denn die alte Hure hatte versucht, mich zu verarschen. In einer Schublade war ein Umschlag versteckt, mit der Aufschrift »Für den Fall meines Todes«. Darin mehrere Blatt Papier mit unsicherer, aber vollkommen lesbarer Schrift. Wenn das in die falschen Hände geraten wäre, hätte es mir Lebenslänglich
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