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Arsen und Apfelwein

Arsen und Apfelwein

Titel: Arsen und Apfelwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Habeney
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jeder was Besseres leisten.«
    Sascha antwortete nicht. Nach einigem Suchen fanden sie den richtigen der unzähligen Klingelknöpfe. Kaum hatten sie gedrückt, summte der Öffner. In der Eingangshalle steuerte Jenny auf das Treppenhaus zu.
    »Aufzug?«, fragte Sascha hoffnungsvoll. »Scheint im vierten Stock zu sein.«
    »Auf keinen Fall«, meinte Jenny entschieden. »In diese Dinger bekommt mich niemand unter dem Fünften. Wer weiß, ob sie richtig gewartet werden. Ich hab keine Lust, stecken zu bleiben. Du kannst ja fahren, ich laufe.«
    Mit einem Stoßseufzer folgte Sascha ihr zur Treppe. »Ist auch viel gesünder«, meinte Jenny über die Schulter. Sascha blieb stumm.
    Im vierten Stock standen sie in einem endlos langen Flur, von dem auf beiden Seiten Türen abgingen. Auch hier war alles sauber und gepflegt. Sie liefen die Türen ab und schauten auf die Namensschilder.
    »Hier«, meinte Jenny und blieb stehen. Sie klopfte nachdrücklich.
    Die Tür öffnete sich und eine korpulente Frau sah sie fragend an. Bei einem Gewicht von bestimmt hundertfünfzig Kilogramm war sie höchstens ebenso viele Zentimeter groß. Sie lächelte und präsentierte dabei einen Goldschneidezahn.
    »Sie wünschen?«, fragte sie höflich.
    Mit einem unsicheren Blick zu Sascha wies Jenny sich aus. »Polizei. Frau Musskajews? Ich hätte ein paar Fragen.«
    »Sicher. Kommen Sie bitte rein.«
    Erst jetzt sah Jenny, dass sich ein kleines Mädchen an die Röcke der Frau drückte und um sie herumlugte. Sie zwinkerte dem Kind zu und erntete ein zahnlückiges Lächeln.
    Sie folgten der Frau durch einen großen Flur in ein geräumiges Wohnzimmer. Dicke bunte Teppiche bedeckten den Boden und überall standen Sessel und Sitzkissen.
    Vier junge Frauen saßen in einer Ecke und sahen erschreckt auf, als sie eintraten. »Cousinen«, meinte Frau Musskajews mit einer lässigen Handbewegung. »Setzen Sie sich bitte.«
    Sie wies auf drei Sessel in einer Ecke. »Jelena!«, rief sie so laut, dass Sascha zusammenzuckte. Eine weitere Frau kam aus einer Nebentür und sah fragend von Frau Musskajews zu den beiden Polizisten.
    »Meine Schwester«, meinte sie erklärend. »Bring uns Tee, Jelena.«
    Bevor sie noch Platz nehmen konnten, kam ein älterer Mann herein und sprach aufgeregt in einer Sprache, die Jenny für kasachisch oder russisch hielt. Frau Musskajews antwortete schnell und abgehackt. Vor sich hin murmelnd setzte er sich in einen Ohrensessel und beobachtete sie.
    Das kleine Mädchen setzte sich auf den Boden und zog irgendwo eine Barbiepuppe hervor, mit der sie konzentriert zu spielen begann.
    Kaum hatten sie sich niedergelassen, kam Frau Musskajews’ Schwester mit einem Teetablett herein. Sorgfältig zelebrierte sie das Einschenken und stellte einen Teller mit Gebäck dazu. Dann verneigte sie sich und setzte sich auf einen Sitzsack in der Nähe. Jenny sah sich unbehaglich um. Sie kam sich vor wie auf der Bühne eines Theaters. Acht Augenpaare beobachteten sie gespannt. Sie wollte gerade zu sprechen ansetzen, als sie den Schlüssel in der Eingangstür hörte. Wer kam jetzt noch? Neugierig drehte sie sich um. Von ihrem Platz konnte sie in den Flur sehen. Zuerst trat ein halbwüchsiger, schwarzhaariger Junge ein, dann zwei junge Männer in den Zwanzigern, die dem Jungen auffallend ähnlich sahen.
    Frau Musskajews stand auf, so schnell es ihre Leibesfülle zuließ, ging hinaus in den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Sie hörten sie auf die Männer einreden. Die Antworten klangen immer lauter und ärgerlicher. Auf ein resolutes Wort von Frau Musskajews wurde es schlagartig ruhig.
    Jenny sah sich im Zimmer um. Alle Anwesenden blickten sie weiterhin an. Der ältere Mann hatte sich eine Pfeife angezündet, schmauchte sie in aller Ruhe und lächelte dabei leicht.
    Frau Musskajews kam zurück ins Zimmer und schloss die Tür nachdrücklich. Breit lächelnd watschelte sie zurück zu ihrem Sessel und ließ sich fallen.
    »Sie müssen entschuldigen. Große Familie und Männer immer ungeduldig. Was kann ich für Sie tun?«
    Jenny brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. »Der Name Marc Duprais ist Ihnen ein Begriff?«
    Sofort legten sich die Züge der Frau in tiefe, traurige Falten. »Natürlich. Der böse Junge, der unsere Marina überfahren hat.«
    Jenny nickte. »Sie wohnt auch hier?« Sie sah zu den jungen Frauen. Frau Musskajews folgte ihrem Blick. »Ja, aber ist nicht da. Ist bei Arbeit. Mädchen wie sie muss arbeiten, leider. Ist ja entstellt durch

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