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Arsen und Apfelwein

Arsen und Apfelwein

Titel: Arsen und Apfelwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Habeney
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am besten. Seltsam ist ebenfalls ein Begriff, der mir spontan durch den Kopf geht.«
    »Geht es etwas genauer?« Jenny spürte, wie sie Kopfschmerzen bekam.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch. Er fiel nicht unangenehm auf. Er machte alles, was man ihm sagte. Er hatte ausgesprochen gute Noten. Er isolierte sich nicht auffällig, doch hatte ich immer den Eindruck, als wäre da eine Oberfläche, unter die man nicht blicken konnte. Als würde ich den wirklichen Marc gar nicht kennen, sondern nur das Bild, was er von sich sehen lassen wollte. Erscheint das verständlich?«
    Aus den Augenwinkeln sah Jenny, dass Logo die Stirn runzelte. Sie formulierte ihre nächste Frage sorgfältig. »Er spielte also quasi eine Rolle? Den Lehrern gegenüber?«
    »Nicht nur den Lehrern gegenüber. Auch im Umgang mit seinen Mitschülern. Er hatte eine Art Fangemeinde, ich hatte jedoch nicht den Eindruck, dass er echte Freundschaften pflegte. Ich glaube, er benutzte sie.«
    »Benutzte? Wofür?« Logo war skeptisch.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Wie lange war er Ihr Schüler?«, wollte Jenny wissen.
    »Vom zehnten Lebensjahr bis zum achtzehnten. Solange war ich auch sein Tutor. Das ist hier so üblich.«
    »Können Sie uns Namen seiner Freunde nennen? Oder anders formuliert, der Mitglieder seines Fanklubs.«
    »Warten Sie, ich suche Ihnen das Jahrbuch heraus. An alle Namen kann ich mich nicht erinnern.« Er wandte sich zum Gehen.
    Logo war noch nicht zufrieden. »Sie haben ihn unterrichtet, seit er zehn war? Also ein Kind. War er da auch schon so … seltsam, wie Sie es ausdrücken?«
    Der Lehrer drehte sich um. »Vom ersten Tag an. Er brannte vor Energie, war jedoch nach außen hin absolut beherrscht.«
    »Sie kennen seine Eltern?«, warf Jenny ein.
    »Natürlich, unsere Schule legt Wert auf die Einbindung der Eltern. Die Duprais waren allerdings selten bei Veranstaltungen. Soviel ich weiß, sind sie viel auf Reisen.« Er wandte sich wieder ab.
    »Mochten Sie ihn?«
    Jennys Frage ließ ihn innehalten. »Nein«, meinte er, ohne sich umzudrehen, und verließ den Raum.
    Logo atmete tief durch. »Ich werd nicht schlau aus der Beschreibung.«
    Jenny antwortete nicht. Sie war zu tief in ihre Gedanken versunken.
    Nach wenigen Minuten war der Lehrer zurück und legte ein dickes Heft auf das Lehrerpult. Er blätterte einen Moment. Dann zog er einen Kuli aus der Brusttasche. »Hier, Ferdinand und Philipp. Sie haben ihren Abschluss mit Marc gemacht und waren oft mit ihm zusammen. Ich markiere sie Ihnen. Das Heft können Sie mitnehmen.« Er schaute auf seine Uhr. »Sonst noch etwas? Mein Unterricht beginnt gleich.«
    Jenny schüttelte den Kopf. »Sie haben uns sehr geholfen. Ach, sagen Sie, wer hat eigentlich auf Marc aufgepasst, wenn seine Eltern auf Reisen waren? Ich meine, als er noch kleiner war.«
    »Soviel ich weiß, gab es wechselnde Haushälterinnen. Ein Internat stand zur Debatte, dann wurde aber dagegen entschieden. Marc schien immer sehr selbstständig. Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals um Rat oder Hilfe gefragt hat. Auch nicht den Lehrstoff betreffend.«
    Nachdem der Lehrer sie verlassen hatte, machten sich Jenny und Logo auf den Rückweg zum Auto.
    »Was hilft uns das jetzt?«, fragte Logo missmutig.
    »Wir wissen die Namen seiner Freunde.«
    »Hast doch gehört: Er hatte keine Freunde.«
    »Aber einen Fanklub, was sich vielleicht als viel wichtiger erweisen könnte. Sehen wir, was wir über die drei ›Fans‹ herausfinden können. Aber erst zum Verbindungshaus. Davon verspreche ich mir am meisten.«
    Die angegebene Adresse in Bockenheim stellte sich als geräumige freistehende Villa heraus. Jenny beugte sich vor und starrte durch die Windschutzscheibe. »Weißt du etwas über Studentenverbindungen?«
    Logo verneinte. »Nur, was man so in amerikanischen Horrorfilmen sieht. Ein Haus voller Mädels, die nach und nach abgeschlachtet werden.«
    Jenny sah ihn missbilligend an. »So was guckst du?«
    »Du nicht?« Er grinste verlegen. »Ernsthaft, ich wusste nicht mal, dass es Verbindungen bei uns noch gibt.« Er musterte das Haus. »Riesenkasten. Sieht nach viel Geld aus.«
    Sie stiegen aus und rannten durch den einsetzenden Nieselregen zum Eingang. An der imposanten Doppeltür hing ein geschnitztes, offensichtlich sehr altes Wappen. Das Relief war abgeflacht, doch bei genauerem Hinsehen konnte man gekreuzte Degen erkennen. Sie läutete und ein melodischer Gong erklang. Sie warteten mehrere Minuten, doch auch nach nochmaligem

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