Arsen und Apfelwein
tatsächlich. Zu seiner Erleichterung kam in diesem Moment ein Kollege der Kriminaltechnik ohne zu klopfen ins Zimmer. »Ich hab hier etwas für euch. Wir konnten das Navi aus dem Wagen des Mordopfers auslesen. Auf dem Ausdruck könnt ihr sehen, wo der Wagen in der letzten Zeit war.«
Jenny war verblüfft. »Und seit wann bekommen wir das persönlich geliefert?«
»Seit ich hier auf dem Flur was abzuholen habe.« Wortlos legte er einen Schnellhefter auf den nächstbesten Beistelltisch und wandte sich zum Gehen.
»Moment«, rief Jenny. »Was ist mit dem Laptop und dem PC?«
Er drehte sich um. »Da müsst ihr noch drauf warten. In der Technik sind zwei krank und einer in Urlaub.«
Jenny ließ nicht locker. »Aber ihr bekommt die Daten doch?«
Der Kollege seufzte genervt und verzichtete auf eine Antwort.
»Danke«, meinte Jenny frustriert, doch er war schon gegangen. »Freundlicher Typ«, murmelte sie und griff nach dem Hefter. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Sascha erleichtert durchatmete. »Denk nicht, dass ich das mit deinem Date vergessen habe!«
Er verzog das Gesicht. Während Jenny den Bericht überflog, kam Logo herein. Sie blickte auf. »Gut, kannst du gleich mithören. Das gibt eine Menge Arbeit. Duprais ist ganz schön in Frankfurt herumgekommen und wir müssen jeden einzelnen Zielort daraufhin überprüfen, ob er von Bedeutung ist oder ob er nur Zigaretten gekauft hat.«
Sascha hob überrascht den Kopf. »Hat er doch geraucht?« Jenny sah ihn perplex an. »Was? Nein, das war doch nur so eine Redensart.«
»Wir können noch mal mit den Eltern reden und auch mit dem Hausmädchen«, schlug Logo vor.
»Auf jeden Fall. Auf den PC müssten wir zugreifen können. So ein Mist aber auch.« Jenny sah stirnrunzelnd aus dem Fenster.
»Immerhin bekommen wir heute die Bankdaten.«
»Hoffentlich. Wer von euch kommt mit zu den Eltern?«
Sascha meinte mit leidendem Gesicht: »Logo ist dran. Ich mach weiter Recherche und kümmere mich um die Bankdaten, wenn sie kommen.«
Jenny unterdrückte ein Lächeln. »Lobenswert.«
Der Himmel hatte sich wieder zugezogen und Wolkenberge türmten sich über dem Taunus, als sie Richtung Kronberg fuhren.
Auf ihr Klingeln wurde fast umgehend das Tor geöffnet. Sie fuhren bis vors Haus und hielten. Überrascht sah Jenny das Hausmädchen in der offenen Tür stehen.
»Frau Müller!« Sie trat auf die junge Frau zu, die wenig erfreut schien. »Gut, dass Sie hier sind. Das erspart uns einen Weg.«
»Was möchten Sie?«, fragte sie mürrisch.
»Erst mal hereinkommen?«, meinte Jenny trocken.
»Natürlich. Entschuldigen Sie.«
Frau Müller öffnete die Tür weit, ließ sie eintreten und wies mit einer Handbewegung auf einen Durchgang zur Rechten. Nachdem sie die Eingangstür geschlossen hatte, betrat sie hinter ihnen den Raum, der eine Art Lesezimmer zu sein schien. Sie bot ihnen keinen Platz an.
»Also? Was kann ich für Sie tun?«
Jenny schlug einen forschen Ton an. »Sie hatten ja nun genug Zeit, sich mit dem Tod von Marc Duprais auseinanderzusetzen. Ist Ihnen noch irgendetwas eingefallen, was uns helfen könnte?«
»Ich habe Ihnen schon alles gesagt.«
»Sie können uns wirklich nicht mehr über seine Kontakte erzählen?«
Frau Müller schüttelte den Kopf. Im hellen Licht konnte Jenny sie genauer anschauen. Ihre Augen waren geschwollen und gerötet, als hätte sie längere Zeit geweint.
»Wie war Ihr Verhältnis zu Marc Duprais?«
Überrascht blinzelte die junge Frau. »Wie meinen Sie das? Ich habe für seine Eltern gearbeitet.«
»Duzten Sie ihn?«
Sie wich Jennys Blick aus. »Eigentlich nicht.«
Jenny schüttelte den Kopf. »Jetzt reden wir mal Tacheles. Angeblich hatten Sie kaum Kontakt zu ihm, aber Sie sehen aus, als hätten Sie die ganze Nacht geweint. Wenn Sie nicht aufpassen, reden Sie von ihm als Marc, und wenn sein Name fällt, werden Sie rot. Hatten Sie ein Verhältnis mit ihm?«
Logo schaute Jenny entgeistert an. Frau Müller warf empört die Haare zurück. Hektische Flecken zeichneten sich auf ihren Wangen ab. Immer noch konnte sie Jenny nicht in die Augen schauen. »Was erlauben Sie sich. Ich bin verheiratet. Vielleicht hab ich aus anderen Gründen geweint. Das geht Sie nichts an.«
Jenny starrte sie einen Moment an. »Gut. Wir werden uns mit Ihrem Mann unterhalten.«
»Was? Warum?«
»Weil wir es möchten. Und jetzt bringen Sie uns zu Herrn Duprais.«
Frau Müller war einen Moment sprachlos. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand
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