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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Shifter versuchten, ihnen den Weg zu versperren, damit es nicht zu einem direkten Kontakt zwischen den verfeindeten Mächten kam.
    Mehrere unabhängige Planeten der Gefallenen Welten schienen sich verbündet und gemeinsam einen Sprung-Schlepper verwendet zu haben, der ihre nur mit Unterlichttriebwerken ausgestatteten Schiffe über eine viele Lichtjahre breite Kluft ins Lagoni-System gebracht hatte. Am Ziel wandten sie sich dann gegeneinander und setzten Partikelwolken mit Mikrosprengköpfen ein. Die Femtomaschinen filterten charakteristische Sig naturen aus der Signalflut und teilten Rahil mit, dass auch Schiffe vom Konzil der Gerechten, dem Bund von Bryar, den Namhaften Drei sowie von Kupihea, Freidet, Gembe und den Drei Freien Zonen im Lagoni-System präsent waren. Einige Emissionen blieben undeutlich, vielleicht deshalb, weil sie von den Gravitationsfluktuationen der beiden Poleis beeinflusst wurden.
    Einer der beschädigten Kreuzer von Larralde explodierte. Er verwandelte sich in eine Feuerblume, die kurz aufblühte, schnell verwelkte und in der Dunkelheit des Alls verschwand.
    Rahil nahm das alles mit seinen von den Femtomaschinen erweiterten Sinnen wahr, während sich das Wrack des Shuttles drehte – während sein Vater neben ihm mit großen Augen starrte und Sammaccan auf der anderen Seite gegen das Schutzfeld seines Sitzes ankämpfte, obwohl ihn nur die dünne Membran aus Energie vor dem Tod bewahrte –, und er dachte: Wir haben verloren. Die Menschheit hat verloren. Heraklon hat demonstrieren sollen, dass wir in Frieden leben können, wenn man uns die Möglichkeit dazu gibt. Eine Welt der Diplomatie und Verständigung, dazu bestimmt, alle Konflikte friedlich zu lösen, eine Keimzelle für eine neue Menschheit hier bei den Gefallenen Welten. Aber an diesem Ort ertönt nicht die Stimme des Friedens. Waffen sprechen, und anstelle von Verständigung töten wir uns gegenseitig. Und die Hohen Mächte … Sie sind hier und beobachten alles. Sie sitzen auf den Logenplätzen, während wir auf der Bühne ein trauriges Spektakel für sie veranstalten.
    Rahil sah durch den offenen Bug des Shuttles zum Planeten. Mehrere Hundert Meter entfernt fiel das Objekt, das den Shuttle getroffen hatte, Heraklon entgegen. Eine Ironie des Schicksals wollte, dass es sich um einen inaktiven Satelliten der Ägide handelte.
    Kurzer Schwindel erfasste Rahil, nicht ausgelöst von der Schwerelosigkeit, sondern von der beginnenden Schrumpfung seines Wahrnehmungshorizonts. Sie näherten sich dem Planeten – erste Vibrationen wiesen darauf hin, dass sie bereits die obersten Luftschichten berührten – und gerieten damit in das Interdiktionsfeld von Heraklon.
    Ein Schatten glitt über die Reste des Shuttles hinweg, und zeichnete sich für ein oder zwei Sekunden vor dem Hintergrund des Planeten ab.
    Ein Segler.
    Zuerst sah Rahil die unteren Segel, in der Nähe des Planeten halb eingefahren, als sie das Licht der Sonne einfingen und es in Betriebsenergie und Antriebskraft verwandelten. Sie glitzerten wie Silber und Gold, wenn man sie aus einem Blickwinkel betrachtete, und wie Smaragd und Rubin aus einem anderen. Die Größe ließ sich kaum abschätzen, da sich Rahils Blicken nur ein Teil der Segel darbot, aber er erinnerte sich auch ohne die externen Gedächtnismodule der Rüstung daran, dass sie Tausende von Quadratkilometern groß sein konnten: filigrane Netze, im interplanetaren und vor allem interstellaren Raum weit ausgebreitet, um das Licht der Sterne zu sammeln und in Kraft zu verwandeln, die Leben und Geschwindigkeit bedeutete. Für die Segler gab es keine Kickouts, Kontinuumblasen oder Sprungvektoren, und dennoch waren sie ständig auf Reisen, legten Hunderte oder Tausende von Lichtjahren zurück. Bei Langstreckenflügen beschleunigten sie oft bis dicht an die Lichtmauer, und Relativität und Dilatation machten ihre Reisen durch den Raum auch zu Reisen in die Zukunft.
    Jetzt waren sie hier bei Heraklon, tausend von ihnen, elf Clan-Gruppen, die vermutlich von Quebal kamen und hundertfünfzig Jahre im relativistischen Flug unterwegs gewesen waren. Seit hundertfünfzig Jahren wissen sie vom Artefakt, denn deshalb sind sie hier, dachte Rahil und versuchte, den Segler trotz der taumelnden Rotation des Shuttle-Wracks im Auge zu behalten. Zwischen den Segeln spannten sich Taue aus Synthmetall, dünn wie Fäden, und zwischen ihnen hingen, wie im Gespinst einer kosmischen Spinne gefangen, die Gondeln der Reisenden, wie sich die Angehörigen

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