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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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silbernen Nadel an seinem Kragen. Was Rahils Vermutung bestätigte, dass der unbekannte Helfer bei den Hohen Mächten seinen Vater zwar mit moderner Technik ausgestattet hatte, aber nicht mit dem Besten vom Besten. So schien die Rüstung, die er trug, über keine eigenen Kommunikationssysteme zu verfügen. Was war mit den Femtomaschinen? Konnten sie seine Wahrnehmung erweitern, die Gedanken beschleunigen und Gefühle filtern? Oder beschränkten sie sich darauf, Zellschäden im Körper zu reparieren, den Stoffwechsel zu optimieren und relative Unsterblichkeit zu gewährleisten?
    Wenn es Rahil gelungen wäre, sein Empirion an sich zu bringen und die eigenen Femtomaschinen zu reaktivieren beziehungsweise das Interdiktionsfeld zu neutralisieren, so hätte er eine gute Chance gegen seinen Vater gehabt, trotz der Gardisten, die ihn schützten.
    Für zwei oder drei Sekunden konzentrierte er sich auf die periphere Sicht, die mit sensorischer Erweiterung wesentlich besser gewesen wäre. Sammaccan lag noch immer auf der Couch in der Ecke, aber er schlief nicht mehr. Die ungewöhnlich großen Augen im flachen Gesicht waren geöffnet – er beobachtete und hörte zu. Vermutlich versuchte er wie Rahil, einen Eindruck von der Situation zu gewinnen und festzustellen, ob es eine Möglichkeit zur Flucht gab. Rahil riskierte es nicht, ihm ein Zeichen zu geben. Er vertraute darauf, dass sich der Polymorphe nicht zu irgendwelchen Unbesonnenheiten hinreißen ließ, solange ihre Chancen schlecht standen.
    »Und die Lage auf dem Planeten hat sich ebenfalls verschlechtert«, übersetzte der Interpreter. »Vielleicht ist es uns nicht möglich, Sie direkt über dem Zielgebiet abzusetzen.«
    »Exzellenz? Sie dürften doch Mittel und Wege haben …«
    »Es befinden sich zwei Poleis im Lagoni-System. Wir dürfen nicht riskieren, entdeckt zu werden. Die Situation erfordert Kompromisse.«
    »Exzellenz …«
    Ein Signal erklang, wie mehrere Glocken, die gleichzeitig schlugen. »Kursänderung.« Es war eine andere Stimme, vielleicht die des Schiffes. Oder hatte Rahils Vater mehrere Helfer? »Die Gravitationsstrukturen im Zielgebiet haben sich geändert.«
    »Ich dachte, Ihr Schiff …«, begann Coltan Jaqiello Tennerit, und Rahil hörte alten, fast vergessenen Trotz in den Worten seines Vaters.
    »Mein Schiff kann unter allen Umständen manövrieren«, sagte der Fremde. »Aber es kann auch entdeckt werden, und variable Gravitationsfelder sind eine Gefahr für den Shuttle, mit dem ich Sie absetze. Außerdem …«
    »Ja?«, fragte Coltan, als es mehrere Sekunden still blieb.
    »Die Interdiktion ist verschärft worden und betrifft alle Technik über der Stufe drei, Ausnahmezonen existieren nicht mehr. Es ist eine Maßnahme, die sich nicht nur gegen Hightech-Intrusion richtet. Sie soll auch helfen, die Wirkung von Akkumulatoren und Logikbomben der Segler einzuschränken.«
    »Und wenn schon«, brummte Coltan. »Wir …«
    »Ihre Rüstungen werden ebenso wenig funktionieren wie die Femtomaschinen in Ihnen«, sagte die Stimme. »Ich rate Ihnen dringend zu mehr Vorsicht, als Sie in gewissen anderen Situationen gezeigt haben. Wenn Sie sterben, werden Sie tot bleiben. Eine zweite Chance gibt es nicht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Das Artefakt ist hyperaktiv, außer Kontrolle geraten. Es wird den ganzen Planeten …«
    Von einem Augenblick zum anderen war es so still, dass Rahil den schweren Atem seines Vaters hörte. Sammaccan bewegte sich, aber wenn er zunächst daran gedacht hatte, die Gestalt zu wechseln und anzugreifen, so überlegte er es sich anders – er blieb liegen, wartete weiterhin ab.
    »Exzellenz …«
    »Strukturelle Veränderungen in der lokalen Raumzeit deuten darauf hin, dass sich eine Polis näher an Heraklon heranmanövriert. Das erhöht die Entdeckungsgefahr. Eine neue Situationsbewertung ergibt …« Das Brummen und Pfeifen wurde lauter, und Coltans Interpreter übersetzte: »Die geänderten Umstände erfordern sofortiges Handeln. Ihnen bleiben fünf Minuten, um sich einsatzbereit an Bord des Shuttles einzufinden.«
    »Du kommst mit mir, Rahil.« Coltan ging mit langen Schritten zur Tür und winkte die beiden dort stehenden Wächter zu Sammaccan, der sich bereits von der Liege rollte und aufstand.
    In der offenen Tür blieb Coltan kurz stehen. »Worauf wartest du? Komm! Oder willst du mich zwingen, Gardisten zu rufen, die dich … eskortieren?«
    Dies war nicht der richtige Moment, dachte Rahil, als er zu seinem Vater ging. Heraklon

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