Artefakt
reichten Coltans Pläne in Hinsicht auf das Artefakt zurück, und vielleicht sogar noch weiter, wenn stimmte, was sein Vater über Jere Laureno gesagt hatte.
Er schaute erneut nach draußen, und plötzlich wusste er, was es mit dem grauen Wogen in der Ferne auf sich hatte. Einmal mehr bedauerte er, seine Sinne nicht mithilfe der Femtomaschinen schärfen zu können.
»Assimilierer«, sagte er. »Von den Seglern auf Heraklon abgesetzt, auf der Suche nach lokalen Netzwerken und verwertbarer Technologie.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Ich frage mich, wie sie trotz der Interdiktion funktionieren können.«
»Sie arbeiten mit phasenverschobenen Komponenten, die nicht von den Interdiktionsfeldern erfasst werden«, sagte Coltan. »Es gibt Mittel und Wege, das Technologieverbot der Ägide auszuhebeln. Du brauchst mich gar nicht so groß anzusehen, mein Sohn. Ich hatte fast hundert Jahre Zeit, das eine oder andere zu lernen.«
Ein Langzeitplan …
»Wie konnte Jere Laureno von dem Artefakt auf Heraklon wissen?«, fragte Rahil. Und die elf Clan-Gruppen der Segler, die von Quebal kommen und hundertfünfzig Jahre im relativistischen Flug unterwegs gewesen sind, dachte er. Und all die anderen, die sich um das Artefakt streiten, alle Bemühungen der Ägide während der letzten sechs Jahrhunderte zunichte machen.
»Die Ägide hat immer versucht, uns zu isolieren«, sagte Coltan, und Rahil wusste, dass er mit »uns« nicht nur das Dutzend meinte, sondern alle Gefallenen Welten. »Aber so hoch und dick die Mauern auch sind: Früher oder später klettern Informationen darüber hinweg oder kriechen durch Ritzen.«
Die Gefallenen Welten hatten nicht nur Botschafter und Kon suln nach Heraklon geschickt, sondern auch Leute, die auf das Sammeln von Informationen spezialisiert waren. Aber das erklärte nicht alles. Zehn Millionen Jahre hatte das Artefakt in der Arktis von Heraklon gelegen, der weitaus größte Teil von ihm tief im Boden. Es hatte dort gelegen, inaktiv, und gewartet. Worauf? Auf das Eintreffen der Menschen? Wann war Heraklon besiedelt worden?
Rahil überlegte, während die Lokomotive immer stärker schaukelte. Wenn ich mich weniger auf externe Gedächtnismodule verlassen hätte, fiele es mir jetzt nicht so schwer, mich zu erinnern, dachte Rahil. Wie viele andere Welten war Heraklon beim Ersten Exodus von der alten Erde aus besiedelt worden, vor viertausend Jahren, aber jene erste Besiedlung war nicht son derlich erfolgreich gewesen, und einige Jahrhunderte später hatte eine zweite stattgefunden, bei der auch viele genetisch veränderte Menschen nach Heraklon gekommen waren. Und während all dieser Zeit, während weitere Jahrtausende vergingen, wartete das Artefakt im Hohen Norden. Wann war es entdeckt worden? Vor etwa hundertsechzig Jahren, schätzte die Ägide aufgrund von Hinweisen in lokalen historischen Dokumenten. Die elf Clan-Gruppen der Segler, unter ihnen die verfeindeten Breaz und die Ten-Shapino, hatten anderthalb Jahrhunderte im relativistischen Flug verbracht, und die Vorbereitungen darauf mussten länger als nur einige Jahre gedauert haben. Die Segler dachten in Langzeit; sie waren gründlich. Woraus sich der Schluss ziehen ließ: Sie mussten von dem Artefakt und seiner Bedeutung gewusst haben, bevor Wissenschaftler der Bruch-Gemeinschaft und der Ägide Gelegenheit gefunden hatten, erste Eindrücke von dem Objekt aus der Zukunft zu gewinnen.
Rahils Gedanken beschleunigten sich, und er versuchte, sich von nichts ablenken zu lassen. Er spürte, dass eine wichtige Erkenntnis auf ihn wartete. Noch immer beobachtete er den Assimilierer-Schwarm in der Ferne. Vor allem die Frage, wer das Artefakt aus der Zukunft geschickt hatte, und warum es vor zehn Millionen Jahren hier gelandet war, zu einer Zeit, als es noch kein intelligentes Leben auf dem Planeten gegeben hatte, wollte sich in den Vordergrund drängen, aber Rahil schob sie beiseite. Wie konnten die Segler von dem Artefakt erfahren haben, als weder die Bruch-Gemeinschaft noch die Ägide etwas davon gewusst hatten? Rahil erinnerte sich vage daran, dass er auch während der Vorbereitungen auf seine erste Mission das Gefühl gehabt hatte, weniger zu wissen als viele andere, obwohl der Ägide ganz andere Möglichkeiten offenstanden als zum Beispiel den Informationssammlern der Gefallenen Welten. Wissen überwand nicht einfach so viele Lichtjahre. Es kletterte nicht allein über hohe Mauern. Wissen musste getragen werden.
Von wem? Jemand hatte vor der
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