Artefakt
für die Ägide gearbeitet. Sieh dir an, was sie aus Heraklon gemacht hat.«
»Die Ägide?« Rahil schüttelte den Kopf. »Menschliche Vermessenheit hat die gegenwärtige Situation auf Heraklon herbeigeführt. Habgier und Streben nach Macht sind schuld am Ende des Traums vom Frieden. Ich nehme an, du bist damit gut vertraut.«
»Ich versuche, die Fesseln abzustreifen, die uns die Ägide angelegt hat«, sagte Coltan. Er sprach ruhig; die Worte waren tief in ihm verwurzelt. »Seit ihrer Gründung vor fast sechshundert Jahren versucht sie, ihre Überlegenheit abzusichern, indem sie den sogenannten Gefallenen Welten ihre Technik vorenthält. Das übliche Spiel: Die Mächtigen bewahren ihre Macht, indem sie die Unterdrückten schwach halten.« Ein dünnes Lächeln erschien auf Coltans Lippen. »Warum verteidigst du die Ägide, mein Sohn? Wie ich hörte, hast du sie oft kritisiert, in den letzten Jahren immer häufiger.«
Rahil beobachtete seinen Vater, wie er da im Tender saß, auf dem geschrumpften Haufen aus Kohle und Dung, die Beine angezogen, die Arme um die Knie gezogen, das Gesicht wieder voller Ruß. Hatte Coltan ihn beobachten lassen? Aber wenn das der Fall war … Warum hatte er es dann für notwendig gehalten, einen Ascar auf ihn anzusetzen?
»Die Ägide unterdrückt niemanden«, sagte er.
»Oh, es gibt viele Formen der Unterdrückung, mein Sohn.«
»Nenn mich nicht so. Nenn mich nicht › mein Sohn ‹ .«
Coltan wölbte eine Braue. »Du wirst immer mein Sohn bleiben, was auch geschieht.«
»Ich habe die Ägide kritisiert, weil sie zu passiv ist, weil sie nicht eingreift, wo ein Eingreifen nötig wäre. Es sind Leute wie du, die alles so schwer machen.«
»Leute wie ich?«
»Kleine Autokraten, die an einem aufgeblasenen Ego leiden«, sagte Rahil und versuchte, ebenso ruhig zu sprechen wie sein Vater, obwohl es in ihm brodelte. »Die alles ihren eigenen Interessen unterordnen. Die in anderen Menschen nur Werkzeuge sehen, bestenfalls dafür geeignet, bei der Durchsetzung ihrer Ziele zu helfen. Es sind Menschen wie du, Vater, die uns immer wieder in Kriege verwickeln und unsere Aufnahme in den Kreis der Hohen Mächte bisher verhindert haben. Sie sprechen oft von Freiheit und Befreiung, aber letztendlich geht es ihnen doch nur um die Befriedigung ihres Egos. Ja, ich habe die Ägide kritisiert, Vater, manchmal mit scharfen Worten. Ich habe sie kritisiert, weil sie nicht aktiv gegen Leute wie dich vorgeht. Man sollte arroganten kleinen Provinzdiktatoren wie dir sofort das Handwerk legen und nicht zulassen, dass sie Einfluss genug gewinnen, Hunderte, Tausende oder gar Millionen von Leben auszulöschen.«
»Wünschst du dir den Tod deines Vaters, mein Sohn?«, fragte Coltan fast vorwurfsvoll.
»Wie viele Menschen hast du allein auf Caina getötet? O nein, nicht du selbst«, fügte Rahil hinzu, als sein Vater zu einer Antwort ansetzte. »Mit einem Befehl an Darel und Ruben. Und an andere wie sie. Wie viele Menschen sind dort gestorben, weil sie dir im Weg standen? Und der Krieg, von dem du damals gesprochen hast und bei dem ich Truppen kommandieren sollte, erinnerst du dich? Wie viele Menschen hat er das Leben gekostet? Wenn du jetzt an der Spitze des Dutzends stehst, so stehst du dort auf einem Berg aus Leichen. Ob ich mir deinen Tod wünsche? Ich wünschte, du bekämst nur einen Teil von dem zurück, was du selbst ausgeteilt hast. Aber das ist ein persönlicher Wunsch, ausgesprochen vom Menschen namens Ra hil Tennerit. Wenn ich dir als Missionar und Exekutor der Ägide antworten soll: Du verkörperst die schlechtesten Eigenschaften der Menschheit und vielleicht jene, die am tiefsten in ihr verankert sind. Da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber ich weiß , dass wir das, was du repräsentierst, überwinden müssen, um menschliche Menschen zu werden, wenn das einen Sinn ergibt. Leute wie du müssen endgültig Vergangenheit werden, wenn wir Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie haben wollen und zu den Hohen Mächten aufsteigen möchten.«
»Mein Sohn …« Coltan stand langsam auf und klopfte sich Schmutz von der Hose. »Vielleicht liegen wir mit unseren Ansichten gar nicht so weit auseinander.«
»Glaubst du?« Rahil sah auf die Instrumente und griff erneut nach der Schaufel.
»Wir wollen beide eine freie, vereinte Menschheit, die den ihr gebührenden Platz einnimmt. Das Artefakt könnte uns dabei helfen.«
»Gehe ich fehl in der Annahme, dass du dabei an eine freie, vereinte Menschheit unter deiner
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