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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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ihren Unsinn auf«, sagte Coltan, und es ärgerte Rahil, dass sein Vater so ruhig blieb. »Sechshundert Jahre lang hat sie uns gezwungen, auf einem niedrigen technischen Niveau zu leben …«
    Wir schaffen es nie, dachte Rahil, und für zwei oder drei Sekunden fühlte er sich von einer Verzweiflung gepackt, die ihm den Atem nahm. Wir bekommen nie Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie, von einer Aufnahme in den Kreis der Hohen Mächte ganz zu schweigen. Weil es immer Menschen wie meinen Vater geben wird, die ihr eigenes Ego über alles andere stellen. Wenn wahre Reife mit Demut beginnt, haben wir noch einen weiten Weg vor uns.
    Sein Vater sprach noch immer, aber Rahil hörte nicht mehr zu, ließ seinen Blick wandern und spürte, wie sich die Verzweiflung in Trauer verwandelte. Heraklon war der Prüfstein gewesen, das Modell für eine bessere Menschheit, die Bereitschaft zeigte, aus ihren Fehlern zu lernen, gerade nach dem Ereignis. Jetzt brannte eine Stadt im Osten, vielleicht Boyenga, Hunderttausende flohen aus dem Norden, Segler griffen den Planeten an, und das Artefakt fraß sich aus der Arktis in die südlicheren Regionen. Für die Kulturen auf Heraklon kam das Ende; Recht und Ordnung zerbrachen. Das Experiment des Friedens und der Diplomatie, vor sechs Jahrhunderten begonnen, scheiterte hier und heute, und damit waren alle Hoffnungen dahin. Wir bleiben auf uns allein gestellt, dachte er, ausgeschlossen vom Wissen des Universums, und schuld daran sind Menschen wie mein Vater, die sich für schlauer halten und mit ihrer dummen Arroganz alles ruinieren.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Coltan.
    Es wurde jetzt schnell dunkler, und im Osten, über den Lichtern der Stadt, hing der gelbrote Widerschein eines Feuers. Wind kam auf und strich mit einem kalten Flüstern über die Landschaft. Hier und dort knackte es in den abkühlenden Trümmern des Seglers.
    »Du bist nicht der Einzige, der es auf das Artefakt abgesehen hat, Vater«, sagte Rahil. »Die Segler werden alles daransetzen, es unter ihre Kontrolle zu bringen. Und es gibt noch andere, dort oben, die nur auf eine Gelegenheit warten.« Er deutete zum Himmel hoch, und als hätte er damit das Zeichen gegeben, raste ein Flammenball über den Himmel und verschwand jenseits der Berge im Norden. Es dauerte eine Weile, bis ein Grollen aus der Ferne kam.
    »Das war kein Segler«, sagte Coltan. »Es muss ein Satellit gewesen sein, oder ein Schiff.«
    »Andere sind vielleicht schon im Norden gelandet«, fuhr Rahil fort. »Dein Helfer bei den Hohen Mächten, Vater … Er hat nicht nur dir geholfen. Vielleicht haben die Segler zur gleichen Zeit vom Artefakt erfahren wie Jere Laureno, und daraufhin bereiteten sie einen Schwarm vor. Und die anderen Gefallenen Welten, die Schiffe hierherschickten … Auch sie erfuhren davon. Hast du dich jemals gefragt, welches Spiel dein Helfer treibt?«
    »Wir werden das Artefakt bekommen, mein Sohn«, sagte Coltan Jaqiello Tennerit.
    »Wir?«, fragte Rahil. »Ich werde dafür sorgen, dass du es nicht bekommst, Vater, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    »Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn wir es erreichen, mein Sohn.«
    »Das bezweifle ich sehr.« Rahil drehte sich um, als er ein rhythmisches Schnaufen hörte. Die Lokomotive näherte sich langsam, und Sammaccan sah aus dem Fenster. »Es geht weiter.«
    Sie kletterten ins Führerhaus, und Sammaccan zog den Fahrthebel nach unten. Die Lokomotive schnaufte lauter und wurde schneller.
    »Mit ein wenig Glück erreichen wir morgen Mittag Lautaret«, sagte der Polymorphe, und der Interpreter an Rahils Kragen übersetzte. »Ich hoffe nur, dass der Outzen durch all den Regen nicht zu sehr angeschwollen ist.«
    Der Outzen, erinnerte sich Rahel, war ein Fluss, der in den Bergen entsprang und ins ferne Korallenmeer mündete.
    »Ist noch was zu essen da?« Coltan suchte nach dem Beutel mit den Resten ihres Proviants. »Dieser Körper will ernährt werden.«
    Rahil wollte wach bleiben, aber das sanft gewordene Schaukeln der Lokomotive und die Wärme des in ihr brennenden Feuers machten seine Lider schwer. Wenn er aus dem Schlaf schreckte, begegnete er fast immer dem Blick seines Vaters, der versuchte, es sich im immer leerer werdenden Tender so bequem wie möglich zu machen.
    Später in der Nacht hielten sie an einer verlassenen Station, weil der Brennstoff knapp wurde und die Lok Wasser aufnehmen musste. Rahil half Sammaccan, so gut er konnte, und dabei staunte er darüber, wie viel

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