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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Thresa erinnerte ihn viel zu deutlich daran, was mit Jazmine geschehen war.
    »Ich stimme der Kzosek-Delegierten zu«, ließ sich die Maint vernehmen, als der Shifter einem Signallicht folgte, das ihm den Weg zu dem dunklen Gebilde vor ihnen im All wies. »Das energetische Niveau ist sehr niedrig. In weiten Bereichen finden überhaupt keine Aktivitäten statt.«
    »Es sieht nicht wie eine Stadt aus, eher wie eine Festung«, sagte der ernste Cuaresma von der Unionskonferenz.
    Das Konstrukt durchmaß mehr als tausend Kilometer und setzte sich aus Hunderten von einzelnen Blöcken zusammen, bestehend aus einem dunklen Material, das für die Sondierungs signale des Shifters undurchdringlich blieb. Von den peripheren Segmenten gingen filigrane Gebilde aus, dünn wie Schleier, und streckten sich fast eine Million Kilometer weit den zahlreichen Sonnen eines nahen Sternhaufens entgegen, als wollten sie ihr Licht empfangen. Rahil bezweifelte, dass es sich um Sonnensegel handelte, dazu bestimmt, solare Energie aufzunehmen. Diese Art der Energiegewinnung passte nicht zu seiner Vorstellung von den Hohen Mächten.
    »Eine Festung?«, sagte der Milwee, und diesmal war es vielleicht wirklich eine Frage. »Vor wem oder was soll sie schützen?«
    »Das würde ich auch gern wissen«, brummte der Aun Kolikas. Seine Augenstiele zitterten.
    Das ihnen den Weg weisende Licht fiel in eine Lücke zwischen zwei großen schwarzen Blöcken, auf denen das Licht der nahen Sterne nicht die kleinste Reflexion schuf, und der Shifter, gesteuert von der Maint, folgte ihm.
    »Ich bin mit einer ersten Analyse fertig«, ertönte die Stimme der Maschinenintelligenz, während Rahil, Duxbery, Cuaresma und die Vertreter der Sieben Völker die holografischen Bilder betrachteten. »Wir befinden uns nicht mehr in unserem Universum.«
    »So viel war klar«, quietschte die Kzosek.
    »Haben wir das Transitmedium verlassen?«, fragte die Ippakao. Die Mineralienadern in ihrem Gesicht hatten die Farbe verändert.
    »Das ist definitiv der Fall«, antwortete die Maint. »Wir sind in einem anderen Raumzeit-Kontinuum. In einem Pocket-Universum mit geringer Expansionsrate. Erstaunlicherweise gibt es hier kein Äquivalent einer Drei-Kelvin-Strahlung …«
    »Es hat also kein Urknall stattgefunden?«, warf der Milwee ein.
    »Nein. Und es gibt keine Galaxien, nur den Sternhaufen in der Nähe dieses Konstrukts, bestehend aus neunhundertneunundneunzig Sonnen des Spektraltyps F. Mit einer einzigen Aus nahme. Im Zentrum des Sternhaufens leuchtet ein relativ kühler M-Stern, vergleichbar mit Beteigeuze.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Rahil. Keine Drei-Kelvin-Strahlung, dachte er. Deshalb existierte das Lied der Kosmischen Enzyklopädie an diesem Ort nicht; es gab keine Trägerwellen.
    * * *
    Wasserfälle donnerten in der Nähe, vom Licht der Polis am Himmel in Silber verwandelt. Rahils Blick ging, benommen und verwirrt, aus dem Fenster, und er hatte das Gefühl, an zwei Orten gleichzeitig zu existieren. Er spürte keine Hände mehr an den Armen. Niemand hielt ihn fest; er war nur Gast in seinem eigenen Körper. Andere Personen befanden sich in seiner Nähe, und eine von ihnen auch in seinem Kopf.
    Der Mann neben ihm, sein Vater, legte ihm die Hand auf die Schulter, so wie damals, in einer anderen Welt, in einem anderen Leben.
    »Konzentrier dich, mein Sohn«, sagte Coltan Jaqiello. »Denk daran, was ich dir gesagt habe. Konzentrier dich auf das Wesentliche.«
    »Dies ist ein künstliches Universum«, sagte die Maint, als die Sonnen verschwanden – der Shifter flog durch die Öffnung, die sich in einem der schwarzen Segmente gebildet hatte. Vor ihm tanzte das Licht in der Dunkelheit und wies den Weg zu einer Art Hangar.
    »Eldorado?«, erklang die dumpfe Stimme des Chandswangh.
    »Das bezweifle ich. Nirgends deutet etwas auf die Aktivität von Superschmieden hin. Die Sonnen sind mehrere Milliarden Jahre alt, aber es gibt nur sie, in einem ansonsten völlig leeren und nahezu statischen Universum.«
    »Halte dich nicht mit belanglosen Details auf, mein Sohn«, sagte Coltan. »Delana?«
    »Ich versuche, den Erinnerungsstrom zu steuern, Sire, aber ich muss sehr vorsichtig sein. Er ist zu sehr an den stabilisierenden Einfluss von Rüstung und Femtomaschinen gewöhnt und könnte den Bezug zur Realität verlieren.«
    * * *
    »Realität«, sagte Rahil laut, als sie durch einen langen breiten Flur gingen. Statuen standen an den grauschwarzen Wänden, jede von ihnen zehn Meter hoch,

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