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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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überhaupt erreichen? Und wenn es der Schmiedin tatsächlich gelingen sollte, ins Innere des Objekts zu gelangen … Wie soll ich verhindern, dass die Munrahanerin Zugang bekommt?
    Eines stand fest: Er würde auf gar keinen Fall zulassen, dass die Erste Mutter mithilfe ihrer Tochter Zugriff auf oder gar Kontrolle über das Artefakt bekam. Aber wenn er gegen Elisha vorging, wenn er sie daran hinderte, ihren Auftrag wahrzunehmen, riskierte er eine Krise zwischen der Ägide und Munraha, einem der wichtigsten Nationalstaaten von Heraklon, der über großen Einfluss im Diplomatischen Rat verfügte. Doch das war immer noch besser als eine Superschmiede in den Händen einer Despotin, die damit nicht nur Macht über ganz Heraklon erlangen, sondern auch Ägide und Bruch-Gemeinschaft enorm unter Druck setzen konnte. In den Händen der Ersten Mutter wäre das Artefakt mehr als nur ein Faustpfand, dachte Rahil.
    Für einen Moment – nicht länger, nur für einen Sekundenbruchteil; dann reagierten die Femtomaschinen und dämpften die emotionale Reaktion – spürte er das gewaltige Gewicht der Verantwortung. Die Entscheidung fällt hier, dachte er, und sie betrifft nicht nur das Artefakt. Es geht um die Zukunft der ganzen Menschheit. In weniger als zwei Jahren entscheiden die Hohen Mächte, ob wir den Status von Sekundären erhalten und Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie bekommen. Und in diesem Moment dachte er: Meine Schultern sind zu schmal und zu schwach für so viel Verantwortung.
    Dann kehrten, von den Femtomaschinen stimuliert, Entschlossenheit und Pflichtbewusstsein zurück, und er dachte an seine unmittelbare Situation. Je länger er brauchte, um das Artefakt zu erreichen, je länger es dauerte, bis Thresa sich mit den Systemen der Superschmiede verbinden und sie programmieren konnte … Desto größer wurde die Gefahr, dass die auf Heraklon präsenten Einsatzgruppen der Gefallenen Welten gegen ihn aktiv wurden. Wussten sie bereits von seiner Mission? Waren sie ebenfalls auf dem Weg nach Norden, um zu verhindern, dass er das Artefakt erreichte? Spekulationen, konstatierte er. Überlegungen, die ihn nicht weiterbrachten. Wenn Widersacher unterwegs waren, so konnte er sie nicht aufhalten. Er konnte nur versuchen, schnell zu sein, möglichst wenig Zeit zu verlieren.
    Einige Fragen ließen sich ganz oder zumindest teilweise beantworten. Das Artefakt absorbierte alle elektromagnetischen Signale, weil es Energie aufnahm. Es beschränkte sich nicht mehr darauf, seiner Umgebung Wärme zu entziehen. Es schluckte Strahlung aller Art, und das »verschwundene Land« deutete darauf hin, dass es auch damit begonnen hatte, die Materie seiner Umgebung als Energieträger zu verwenden. Das Artefakt, beziehungsweise etwas in seinem Innern, war erwacht, als Rahil es berührt hatte, und seitdem machte es … was? Was stellte es mit der aufgenommenen Energie an? Produzierte die Superschmiede etwas? Und wer steuerte die Produktion?
    Er sah hoch, noch immer tief in Gedanken versunken, und musterte die Frau, die auf der anderen Seite des Passagierabteils neben Thresa saß. Elisha bemerkte seinen Blick, und Entrüstung erschien in ihrem Gesicht, das näher kam und sich veränderte. Die Augen wurden kleiner, grau und kühl.
    * * *
    Das heller werdende Licht der Morgendämmerung ließ den Schein der Polis am Himmel verblassen. Rahil saß auf einer Decke, den Rücken an einen Felsen gelehnt, und sah, nur einige Kilometer entfernt, die Ausläufer einer weißen Stadt, umhüllt von Dunstschwaden und einem sonderbaren Gespinst, das im Licht der aufgehenden Sonne glänzte.
    »Was weiß der Gesserat, mein Sohn?«, fragte Coltan. Ihm gehörten die grauen, kalten Augen: seinem Vater. »Warum hat er dir den Rat gegeben, dich an Äguizabel zu wenden?«
    Der Mann in der Ägide-Uniform, Joyce, saß in der Nähe und hörte aufmerksam zu. Hinter ihm hantierten die anderen Männer an den Steuerungsrotoren und Heliumtanks des Flugboots. Als Rahil den Kopf zur anderen Seite drehte, begegnete er dem Blick einer Frau mit kurzem schwarzen Haar und knochigem Gesicht. Delana hieß sie, erinnerte er sich. Und sie war Telepathin, belauschte seine Gedanken.
    »Was ist passiert?«, brachte Rahil hervor und fragte sich, matt und benommen, wo Sammaccan war. Zunge und Lippen fühlten sich taub an, als gehörten sie jemand anderem.
    »Kleine Trümmerstücke eines abstürzenden Seglers haben uns getroffen und das Flugboot beschädigt«, sagte Joyce.
    »Es ist nicht weiter

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