Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
Vom Netzwerk:
untereinander durch Treppenstufen verbundenen Ebenen erstreckte. Ganz unten, in den Boden eingelassen, befand sich eine Bademulde aus Marmor, grün wie Jade, und darin lag eine Frau in goldener, ölig glänzender Flüssigkeit. Sie sah zu ihnen hoch und winkte.
    »Kommen Sie, kommen Sie«, sagte die Erste Mutter von Munraha in fehlerfreiem Stellar.
    Thresa und Rahil folgten der jungen Frau, die sie durch den Regierungspalast geführt hatte, und blieben am Rand des Beckens stehen.
    »Du kannst gehen, Linza«, sagte die Erste Mutter.
    »Wie Sie wünschen.« Die junge Frau drehte sich um und eilte fort.
    Die Regierungschefin von Munraha stand langsam auf, und ihre Bewegungen erinnerten Rahil an eine Katze, die sich streckte. Er hielt Kopf und Blick gesenkt, wie es das Protokoll erforderte, aber die Sensoren der Rüstung ermöglichten ihm, besser zu sehen als allein mit den Augen. Er beobachtete, wie das goldene Öl vom makellosen, perfekten Körper der Ersten Mutter rann und offenbar teilweise von der Haut aufgenommen wurde; als sie das lange, kastanienbraune Haar zurückstrich, war es plötzlich trocken und glatt. Sie schien nicht älter zu sein als vierzig oder höchstens fünfundvierzig, aber dieser Eindruck täuschte wie der Rest. Die großen grünen Augen in ihrem glatten Gesicht fingen das Licht der Kronleuchter an der hohen Decke ein und glänzten wie Edelsteine.
    Sie trat die Stufen empor, die aus dem Becken führten, und kam näher, nackt wie sie war. Ihre Aufmerksamkeit galt allein Thresa. Rahil sah nicht einen Tropfen Öl an ihrem Leib, als sie vor der Kzosek stehen blieb, sie auf die Stirn küsste und kurz umarmte, bevor sie einen Schritt zurückwich.
    »Ich grüße dich, Thresa«, sagte sie und sprach noch immer Stellar. »Eine wichtige Mission liegt vor dir, und ich freue mich über die Weisheit der Ägide, eine Frau damit zu beauftragen. Und dies ist …«
    »Rahil Tennerit«, sagte Rahil. »Missionar der Ägide.«
    »Ich habe keine Frage an ihn gerichtet.« Die Erste Mutter sah noch immer Thresa an. »Offenbar mangelt es ihm an Manieren, wie vielen Männern außerhalb der Grenzen unseres glücklichen Landes. Bist du sicher, dass er dir von Nutzen sein kann, wie deine Botschaft uns mitteilen ließ?«
    »Er ist mein Assistent«, sagte Thresa. »Ich brauche seine Hilfe.«
    »Nun, ich habe jemanden für dich, der dir dabei helfen kann, seine Frechheiten unter Kontrolle zu halten.« Die Erste Mutter wandte sich halb ab, und dabei veränderte sie sich. Aus dem Nichts kam ein Gewand und legte sich, am Hals beginnend, über ihren Körper. Es bestand aus silbernen Plättchen, die sich wie Schuppen überlappten und leise klirrten, als sie sich bewegte. Innerhalb von zwei oder drei Sekunden reichte das Gewand bis zu den Knien, und an den Füßen bildeten sich Sandalen, die ebenfalls wie Silber glänzten. Rahil wusste, dass beides Teil ihres Körpers war, lebendes Gewebe, dem die Erste Mutter eine andere Struktur gegeben hatte.
    Sie klatschte in die Hände, und im hinteren Teil des großen Raums mit den Treppen wurde ein Vorhang beiseitegezogen. Eine junge Frau lief zum Becken, ohne auf die beiden Besucher zu achten. Sie hatte ebenfalls kastanienfarbenes Haar, fast so lang wie das der Ersten Mutter, und war ähnlich gekleidet, wenn man in diesem Zusammenhang von »Kleidung« sprechen konnte: in eine Art Art Kettenhemd, dessen silbriger Glanz auch bei ihr bis zu den Knien reichte.
    Die beiden Frauen küssten sich auf die Stirn und umarmten sich. Erst dann wandte sich die jüngere Frau den Besuchern zu, beziehungsweise der Besucherin – Rahil schenkte sie nicht die geringste Beachtung.
    »Das ist die Missionarin, von der ich dir erzählt habe«, sagte die Erste Mutter. »Thresa von Kzosek. Und ihr Assistent, Rahil Tennerit. Thresa, meine erste Tochter Elisha.«
    Die Tochter trat vor und umarmte Thresa, ohne ihr einen Kuss zu geben. Dann nickte sie Rahil zu, der noch immer den Kopf gesenkt hielt.
    »Meine Tochter wird dich begleiten, Thresa«, verkündete die Erste Mutter. »So ist es mit der Botschaft der Ägide vereinbart. Wie ich hörte, bist du etwas, das man › Schmied ‹ nennt. Angeblich hast du die Möglichkeit, ins Artefakt zu gelangen. Du wirst meine Tochter ins Innere des Artefakts mitnehmen und ihr zeigen, wie es funktioniert.«
    Auf keinen Fall , dachte Rahil, und das Kommunikationssystem der Rüstung übertrug die Worte für Thresa. Es ist schlimm genug, dass wir einen Aufpasser bekommen, aber auf keinen

Weitere Kostenlose Bücher