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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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lässt er sich kaum mehr aufhalten.«
    Diese Worte holten einen Gedanken in Rahils Bewusstsein zurück, der ihm vor wenigen Sekunden durch den Kopf gegangen war. »Warum hat die Ägide zugelassen, dass die Situation bei Heraklon auf diese Weise eskalierte?«
    Der Grauhaarige schwieg.
    Dies war ein Instruktionsprogramm, erinnerte sich Rahil, dazu bestimmt, ihn in seine Mission einzuweisen. Fragen, die in keinem direkten Zusammenhang damit standen, konnte es vielleicht nicht beantworten.
    Rahil versuchte es anders und spürte, wie sich – tief in seinem Innern, von Rüstung und Femtomaschinen unerreicht – alter Ärger regte. »Wieso hat die Ägide nicht versucht, die Einhaltung der EMZ-Bestimmungen durchzusetzen?«
    »Es wäre auf die Androhung, wenn nicht gar Anwendung von Gewalt hinausgelaufen«, erwiderte der Instruktor.
    »Dass einige der Gefallenen Welten Schiffe nach Heraklon schicken konnten, verdanken sie uns«, sagte Rahil. »Ohne unsere Hilfe befänden sie sich noch auf einem weitaus niedrigeren technologischen Niveau. Es ist unsere Verantwortung.«
    »Alles ist unsere Verantwortung.« Bei diesen Worten klang der Instruktor fast traurig.
    »So groß die technischen Fortschritte mancher Gefallenen auch sein mögen – der Ägide stehen ganz andere Mittel zur Verfügung. Wir könnten Heraklon schützen.«
    »Das könnten wir. Aber es käme einem Eingeständnis unseres Versagens gleich.«
    »Wir richten uns zu sehr nach den Erwartungen der Hohen Mächte.« Rahil hörte den Nachdruck in seiner Stimme. »Uns sollte es in erster Linie darum gehen, den Menschen auf den Gefallenen Welten zu helfen.«
    »Mit dem Wissen der Kosmischen Enzyklopädie können wir ihnen helfen, besser als jemals zuvor.«
    Rahil seufzte. Solche Diskussionen hatten keinen Sinn, erst recht nicht, wenn sie ein Instruktionsprogramm betrafen. »Die Segler«, sagte er und griff damit einen weiteren Gedanken auf. »Ganz abgesehen davon, dass sich Clan-Gruppen zusammengeschlossen haben, was erstaunlich genug ist … Wie konnten sie sich so schnell auf den Weg machen? Wir wissen, dass sie in Langzeit denken. Wo auch immer sie aktiv werden, stecken langfristige Pläne dahinter. Nehmen Sie nur den Zweitausendjahresplan, dem Greenrose fast zum Opfer gefallen wäre.«
    Greenrose zählte zu den Hightech-Welten der Bruch-Gemeinschaft und hatte einen wichtigen Beitrag zur Gründung der Ägide geleistet. Der zwei Jahrtausende umfassende Plan der Segler war lange vor dem Ereignis entstanden, schien jenen Kataklysmus aber vorausgesehen und berücksichtigt zu haben. Wie das möglich war, gehörte zu den vielen Fragen, die das Ereignis betrafen und noch immer auf eine Antwort warteten. Greenrose wäre damals durch eine schleichende Maint- und Schmieden-Infektion fast zu einem Sprungbrett für die Segler geworden, von dem aus sie die anderen Welten der Bruch-Gemeinschaft und sogar die Ägide hätten übernehmen können.
    »Vielleicht sind Heraklon und das Artefakt Teil eines neuen Plans der Segler«, sagte der Instruktor.
    »Gibt es konkrete Hinweise?«
    »Nein, Exekutor. Bisher spekulieren wir nur. Ich schlage vor, Sie konzentrieren sich auf das Artefakt.«
    Rahil stellte fest, dass die Hände des grauhaarigen Mannes noch immer auf dem blutroten Schreibtisch lagen, dicht am Rand. »Sie sprachen von einem Erwachen des Artefakts. Wie ist sein gegenwärtiger Status?«
    »Das wissen wir nicht.« Der Instruktor hob die rechte Hand, als gelte es, einem Gesteninterface Anweisungen zu übermitteln. Über dem Schreibtisch bildete sich ein holografisches Fenster und zeigte zunächst nur eine eisverkrustete Felslandschaft, über der Schneeflocken in einem böigen, leise fauchenden Wind tanzten. Das Bild wackelte mehrmals, wie von einem einfachen optischen Sensor aufgenommen, den jemand an der Kleidung trug, und stabilisierte sich dann mit Blick in ein weites Tal. Mehrere Hundert Meter weiter unten ragten die Buckel von Gebäuden aus dem Schnee, den der Wind zu kleinen Hügeln angehäuft hatte. Das Licht starker Scheinwerfer durchdrang die heranziehende Dunkelheit und fiel auf einen pechschwarzen Oktaeder, der knapp zehn Meter weit aufragte und etwa vier durchmaß. »Die Archäologen des Forschungslagers im hohen Norden von Heraklon haben herausgefunden, dass dieser Oktaeder Teil eines größeren Objekts tief im gefrorenen Boden ist, mit einer Masse von ungefähr zweihunderttausend Tonnen, doch bei ihren Ausgrabungsarbeiten sind sie in einer Tiefe von nur wenigen Metern

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