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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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wusste, wonach es Ausschau zu halten galt. Die Datenfenster neben der Sternenstadt beschrieben die Linie als einen Phasenübergang zwischen zwei Raumzeit-Energiezuständen; die Techniker der Ägide sprachen in diesem Zusammenhang von einer Niveau-Weiche.
    »Vor neunzehn Jahren, nach meiner Entscheidung, den aktiven Dienst der Ägide zu verlassen, bin ich in einer Polis gewesen«, sagte Lucrezia plötzlich. Sie bemerkte Rahils erstaunten Blick und fuhr fort: »Das Kuratorium übermittelte mir die Einladung eines Evaluators, und nach kurzem Zögern bin ich ihr gefolgt.«
    »Ein Evaluator der Hohen Mächte hat dich eingeladen?«
    »Ja. Geschieht nicht oft, oder? Es war ein Gesserat, und du weißt ja, dass sich die Gesserat angeblich dagegen ausgesprochen haben, uns Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie zu gewähren. Ich war ziemlich aufgeregt, als man mich zu ihm brachte. Weil ich das Gefühl hatte, große Verantwortung zu tragen, eine noch größere als die während meiner Zeit als Missionarin.«
    »Was wollte der Evaluator von dir?«
    Lucrezia hatte sich angezogen und trat neben Rahil. Gemeinsam beobachteten sie die wie ein kosmisches Juwel glitzernde und schimmernde Polis der Hohen Mächte. »Er fragte, warum ich nicht mehr als Missionarin auf den Gefallenen Welten tätig sein wollte.«
    »Man hat dich in eine Sternenstadt eingeladen, um dir eine solche Frage zu stellen?«
    »Seltsam, nicht wahr? Ich nannte ihm die Gründe, und dann …« Lucrezia zögerte. »Dann fragte er mich nach dir.«
    »Nach mir ?«, entfuhr es Rahil verblüfft.
    »Er fragte, ob du den Wind der Zeit gefühlt hättest, wie er aus verschiedenen Richtungen weht, und wie schwer Wahrheit und Lüge für dich seien.«
    »Was?«
    Lucrezia schüttelte den Kopf. »Ich habe es auch nicht verstanden, und der Evaluator bot mir keine Erklärung an. Er ignorierte meine Fragen und wünschte mir für den Rest meines Lebens viel Glück.«
    »Du hättest ihn darum bitten können, dir die Femtomaschinen zu lassen«, sagte Rahil.
    »Ich muss gestehen, dass ich mit dem Gedanken gespielt habe. Für einen Moment war die Versuchung groß. Aber dann habe ich mich dagegen entschieden.«
    Rahil wartete, ohne genau zu wissen worauf. Als Lucrezia ihren Worten nichts hinzufügte, sagte er: »Sehen wir nach meiner Rüstung.«
    Virtuelle Kontrollen leuchteten vor Lucrezia im Werkstattraum des Depots, und ihre Finger tanzten durch die Luft. Die Ergebnisse der Untersuchungen erschienen vor ihnen.
    Lucrezia fasste sie in einem Satz zusammen. »Dein Modell Empirion ist eindeutig manipuliert, Rahil.«
    Rahils Gedanken rasten wieder. »Könnte es sich um einen Produktionsdefekt handeln?« Deutlich erinnerte er sich an den Anblick der zerstörten Schmiede, kurz nachdem er den Uterus verlassen hatte. War die Rüstung bei ihrer Herstellung beschädigt worden?
    Wieder huschten Lucrezias Finger durch die virtuellen Kontrollen, während der Diagnoser leise summte. Die Rüstung lag in seinem offenen Fach, nicht mit aktiviertem Formspeicher, sondern als grauer Gewebeklumpen, der gewisse Ähnlichkeit mit der Basismasse aufwies, die die Schmieden für ihre Produktion verwendeten.
    »Nein«, sagte Lucrezia. »Das ist extrem unwahrscheinlich. Die Produktionssignatur ist intakt, das kann man hier ganz deutlich erkennen.« Sie zeigte auf ein Struktogramm, das Auskunft über die einzelnen Phasen von Wachstum, Prägung und Programmierung gab. »Jedes Detail stimmt, siehst du? Woraus folgt: Dieses Empirion ist zweifellos in einer Schmiede der Ägide gewachsen.«
    Rahil erinnerte sich plötzlich an einen Warnhinweis, der noch an Bord der Station in seinem Blickfeld erschienen war, kurz bevor der Kurator und er den Shifter erreicht hatten. Fehlfunktion im vierten zerebralen Schaltkreis .
    »Was ist mit den zerebralen Schaltkreisen?«
    »Sie sind in Ordnung«, sagte Lucrezia. »Sie haben alle vom Diagnoser übermittelten Testaufgaben so bewältigt, wie man es von ihnen erwarten kann. Die Manipulation scheint die Programmbibliotheken zu betreffen. Interessanterweise stimmen die Prüfsummen mit den Kontrolldaten der Produktionssignatur überein. Dennoch gibt es Inkongruenzen, nur erkennbar bei einem Tiefenscan, wie ihn der Diagnoser durchgeführt hat.«
    Rahil hatte das unangenehme Gefühl, dass die Zeit immer mehr drängte. Die Femtomaschinen in seinem Innern erweiterten und schärften seine visuelle Wahrnehmung, wenn auch nicht in dem Maße, die mit der neuronalen Stimulation durch eine Rüstung

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