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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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und Prinzipien der Ägide wacht.«
    »Und die anderen zwei Drittel?«, fragte Sammaccan sofort.
    »Die Hohen Mächte nominieren ein weiteres Drittel, und das letzte Drittel setzt sich aus ehemaligen Missionaren zusammen, den sogenannten Verdienstvollen.«
    »Oh«, sagte Sammaccan. »Oh.« Er zog einmal mehr an dem Gurt auf seiner Brust und zuckte zusammen, als mehrere Kontrollleuchten auf dem Instrumentenblock vor ihm blinkten. »Die Verdienstvollen. Sie sind unsterblich, nicht wahr? Bist du ebenfalls unsterblich, Rahil Tennerit?«
    Die Fragen lenkten Rahil nicht ab, während er noch immer mit einer Entscheidung rang. Er dachte schnell genug und hätte am liebsten geantwortet: Wie kann man unsterblich sein, wenn man dreimal gestorben ist? Nicht zum ersten Mal versuchte er, sich an die Tode zu erinnern, aber wenn es im Gedächtnis dieses Images Erinnerungen daran gab, blieben sie hinter Traumaschranken verborgen. Vielleicht begann nach jedem Tod ein ganz neues Leben, auch wenn es die gleiche Person betraf, beziehungsweise eine Kopie von ihr. Im einen Augenblick befand sich Rahil Tennerit, Missionar der Ägide, an einem Ort und starb, unter welchen Umständen auch immer, und im subjektiv nächsten erwachte er nach der Wiederherstellung in einem Uterus, als neue Inkarnation seiner selbst, ausgestattet mit allen Erinnerungen seines Vorgängerselbst minus Todestrauma, der Ersatzkörper jung, das Bewusstsein durch den Uterus aufgefrischt.
    Wir sind wie die Ascar, dachte er plötzlich. Auch wir verjüngen uns und leben dadurch viele zusätzliche Jahre. Aber wir können nicht einfach aus dem alten Körper schlüpfen und uns einen neuen wachsen lassen; wir müssen sterben, um ein neues Leben zu beginnen.
    Und er dachte: Für uns Missionare ist der Tod nur eine unangenehme Unterbrechung unseres Dienstes für die Ägide. Wir werden wiedergeboren, weil die Hohen Mächte uns die dafür notwendige Technik zur Verfügung gestellt haben. Andere Men schen bleiben im Tod gefangen, für immer, bis ans Ende der Zeit, wie Jazmine.
    An dieser Stelle griff die neuronale Stimulation ein, weil die Gedanken ausuferten und starke Emotionen weckten. Rahil merkte, dass er seine Entscheidung getroffen hatte, als Ergebnis anderer Überlegungen, die den Verfolger im M-Raum und den Ascar betrafen, die möglichwerweise identisch waren. Wenn der Jäger nicht irgendwo an der Außenhülle lauerte, was Rahil inzwischen für sehr unwahrscheinlich hielt, boten ihm Wartungskapsel und Orbitallift eine gute Möglichkeit, dem Ascar zu entkommen. Unten im Hauptlager der Archäologen von Kedra gab es ein einfaches Kickout, durch das sich Eckrote erreichen ließ, eine Welt der Aun, und von dort aus konnte er den Weg nach Heraklon fortsetzen.
    Nur zwei oder drei Sekunden waren vergangen, nicht mehr, als Rahil antwortete: »In meinem Körper befinden sich winzige Maschinen, die Zellschäden und dergleichen reparieren. Sie halten mich jung. Was die Verdienstvollen betrifft … Es sind siebenundvierzig Missionare, die so gute Arbeit für die Ägide geleistet haben, dass sie nach dem Ende ihres Dienstes die Maschinen in ihrem Innern behalten durften. Sie sind unsterblich, ja, solange sie keinem Unfall zum Opfer fallen.«
    »Und du, Rahil Tennerit?«, fragte Sammaccan, und dabei veränderte sich der Tonfall seiner Stimme. »Kannst du sterben, trotz der Maschinen in deinem Innern?«
    »Ja«, sagte Rahil und beobachtete auf dem Hauptdisplay, wie der Orbitallift näher kam. »Ja, ich kann sterben. Aber wenn ich tot bin, kann ich wiedergeboren werden, mit fast allen meinen Erinnerungen.«
    »Aber nicht mit allen.«
    »Nein.«
    »Und die Wiedergeburt findet in einer Schmiede statt.«
    »Ja. In einem Uterus.« Rahil lehnte sich in der Schwerelosigkeit zurück, gehalten von den Gurten. Noch zehn Minuten bis zum Orbitallift.
    »Die Stimmen in dem Zimmer haben mir davon erzählt«, sagte Sammaccan. Er klang noch immer anders und zeigte inzwischen keine Anzeichen von Furcht mehr. Rahil fragte sich, ob es an der Schwerelosigkeit lag, die für den jungen Polymorphen aus Munraha auf Heraklon völlig neu sein musste. Vielleicht hatte sich sein an Veränderungen gewöhnter Körper inzwischen angepasst. »Wie funktionieren Schmieden?«
    Rahil sah auf die Kontrollen und überlegte, ob es Sinn hatte, Sammaccan primäre Technik zu erklären, und ob er überhaupt imstande war, die Erklärungen zu verstehen. Er hat noch immer nicht danach gefragt, was es mit dem Ascar auf sich hat, dachte

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