Artefakt
gelassen.
Ein leiser Ton wie vom Anreißen einer Gitarrensaite klang durch die Höhlen. John krabbelte über den schlüpfrigen Stein zur nächsten Deckung.
Das Summen kam. Er drängte sich an die Höhlenwand hinter ihm. Ein schrilles, grelles Pfeifen, viel schlimmer jetzt als ein Zahnarztbohrer, gefolgt von einem gellenden Heulen, einem verzehrenden, gefräßigen Feuersturm. Er spürte die Hitze in der Luft. Ein greller Blitz. Nicht orangefarben jetzt, sondern von einem bläulichen Ton – und dann war die Erscheinung fort, der schrille, zornige Ton entfernte sich durch das Felsgestein.
Er atmete auf. Sein Herz schlug ihm im Halse, vor seinen Augen tanzten farbige Kreise. Kalkstein, der in die Singularität fiel, zeigte ein blaues Spektrum. Seewasser hatte ein oranges erzeugt. Die Singularität hatte in diesen letzten Monaten eine verschiedenartige Diät von Steinen verzehrt, während ihr Gegenstück in der magnetischen Falle des Würfels isoliert geblieben war; dies gab ihnen verschiedene Emissionsspektren. Unter normalen Umständen hätte ihn die vergleichende Analyse fasziniert, doch im Hier und Jetzt schien die Frage weniger interessant.
Die Singularität stieg durch die Felsen aufwärts, angezogen von ihrem Gegenstück. Dieses mußte also in der Nähe sein.
Und er mußte zusehen, daß er hier hinauskam. Da das Ding emporstieg, war damit zu rechnen, daß es bei jedem Durchgang höher sein würde. Er mochte überhaupt nicht mehr durch diese Gegend kommen, aber wenn es dazu käme, genügte ein Augenblick in seiner Nähe, und er wäre ein toter Mann.
Er faßte das Seil und zog sich rasch weiter empor. Eine Panik überkam ihn, aber er wußte sie zu gebrauchen, ließ ihr freien Lauf, damit sie seine Kräfte beflügle. So mühte er sich aufwärts, ungeachtet der Schmerzen, die das rauhe Seil seinen Handflächen zufügte, der Stiche in den Muskeln seiner erlahmenden Oberschenkel, allein darauf konzentriert, das Seil fest zu ergreifen und den Körper nachzuziehen. Jeder erreichte Knoten war ein kleiner Sieg. Es war nicht mehr weit. Schweiß brannte ihm in den Augen, er schnaufte angestrengt, aber als er nächstes Mal aufwärtsspähte, sah er den Rand nur noch etwa fünf Meter über sich.
Die letzten paar Knoten waren schwierig. Der Adrenalinstoß hatte seine Wirkung eingebüßt, und seine erschöpften Muskeln schmerzten qualvoll. Der Kolben der Maschinenpistole schlug ihm immer wieder ins Kreuz, aber endlich hatte er den Rand erreicht und kroch hinaus auf klebrig-feuchten Lehm.
Eine Weile lag er keuchend und ausgepumpt, unfähig, einen Gedanken zu fassen. Er war mit Schweiß bedeckt, und doch fröstelte ihn, und seine Erschöpfung war vollkommen. Arme und Beine zitterten, sein Gesicht ruhte auf dem kalten, feuchten Lehm. So lag er ungewisse Zeit, bis er die Stimmen hörte.
Ein gedämpftes Gemurmel, unmöglich zu verstehen. Griechen, dachte er, es müssen Griechen sein, die das Grab bewachen und auf Unteroffizier Petrakos warten.
Er setzte sich auf und nahm die Maschinenpistole von der Schulter. Nun, da er sie in den Händen hielt und im Schein seiner Taschenlampe betrachtete, wurde ihm klar, daß er niemals etwas annähernd Gleiches abgefeuert hatte. Hier war die Kammer, mit dem eingeschobenen Patronenmagazin. Die Waffe hatte einen Pistolengriff aus grünem Kunststoff, einen Tragegriff, in den die Kimme eingelassen war, und an der Mündung einen konischen Rückstoßdämpfer. In den Filmen rissen die Leute einfach Waffen hoch und feuerten damit, niemals hatten sie Schwierigkeiten mit dem Laden oder gar eine Ladehemmung. Er zog den Bolzen zurück und sah das schimmernde Messing einer Patrone in der Kammer. Gut.
Er fragte sich, was er tun sollte. War er wirklich imstande, die Männer draußen niederzuschießen? Ohne Warnung?
Sie mußten die Hubschrauber gesehen haben und wissen, daß etwas in Vorbereitung war. Tatsächlich glaubte er in der Ferne das Knattern eines Hubschraubers zu hören. Möglicherweise waren sie nervös und überreizt. Vielleicht sollte er versuchen, sie gefangenzunehmen, bevor es zu Kurzschlußreaktionen kommen konnte.
Vorsichtig stand er auf. Hände, Füße und Taucheranzug waren beschmiert mit dem feuchten, glitschigen Lehm. Er schaltete die Taschenlampe aus und schob sich durch das Loch in der Umfassungsmauer in die Grabkammer. Kein Lichtschein war zu sehen. Er fühlte etwas Steifes, Nachgiebiges im Gesicht und schrak zurück, ehe er begriff, daß es die Zeltbahn war, die noch vor der
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