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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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jetzt!« Der Röntgendetektor war genau auf die Frontseite des Artefakts ausgerichtet, unmittelbar vor dem Bernsteinzapfen. »Wie ist die Ablesung?«
    »Nicht hoch.«
    »Also?« fragte Sprangle.
    »Also enthält der Zapfen keine Pechblende. Der Lauf zeigt direkt darauf, und wir bekommen nicht viel. Drehen wir den Klotz jetzt herum und sehen wir genau die Achse des Zapfens entlang.«
    Sie brachten den Block in Position. »Jede Menge Ablesungen«, rief Fred. »So hoch wie von der anderen Seite.«
    »Dann ist die Quelle im Innern des Würfels«, sagte Sprangle schnaufend. »Das werden wir analysieren müssen. Sehr interessant. Wissen Sie, Claire Anderson wird höchst überrascht sein, wenn sie davon erfährt. Wird sie heute kommen?«
    John lächelte grimmig. »Sie bereitet sich auf eine Untersuchung vor«, sagte er.
     
    Die bescheidenen Backsteingebäude der Universität Boston liegen an der Commonwealth Avenue, aber die besten Büros sind auf der Rückseite, wo der Charles River sich zu einem schiefergrauen, glatten Kanal verengt. An diesem wolkigen Wintertag nahmen sich seine unbewegten Wasser in Johns Augen sehr wie die asphaltierten ehemaligen Weidewege aus, die von den Bostonern ›Straßen‹ genannt wurden.
    Er überquerte den Fluß auf der Universitätsbrücke und fand den Seminarraum am Ende eines mit glatten Terrazzoplatten belegten Korridors und klopfte. Ein stattlicher Mann öffnete, lächelte freundlich und sagte: »Sie müssen Dr. Bishop sein. Ich bin Donald Hampton, wir sprachen am Telefon. Ich war eben dabei, ein paar Bemerkungen zum Ausschuß zu machen.«
    John ließ sich bekanntmachen, dann wies Hampton ihm einen Platz am Ende des Tisches zu. Anwesend waren zwei weitere Archäologen, die Professoren Aiken und McCauley, aber Hampton schien die beherrschende Gestalt zu sein. Er erklärte John, daß Claire auf Ersuchen des Ausschusses bereits gegangen sei; er ziehe es vor, Johns Version der Ereignisse ohne ihre »möglicherweise einschüchternde Gegenwart« vor dem Ausschuß zu hören. Darauf gab Hampton einen Überblick über die Geschichte dieser Ausgrabung, sowohl den Ausschußmitgliedern als auch John zuliebe, und verbreitete sich ausführlich über die Verhandlungen und Umstände, die zu einer Vereinbarung der Amerikanischen Schule für Klassische Studien mit den griechischen Behörden geführt hatten. Offenbar hatten amerikanische Archäologen ihre Ausgrabungen gewöhnlich unter eigener Regie durchgeführt, doch hatte die politische Entwicklung der vergangenen Jahre bewirkt, daß alle ausländischen Ausgräber einen griechischen Co-Direktor akzeptieren mußten – in diesem Fall Kontos. Hampton umschrieb seine eigenen Bemühungen um die Überwindung aller aus dieser Veränderung entstehenden Mißhelligkeiten mit der Wendung »für Dr. Kontos ein übriges tun«, was anscheinend bedeutete, daß er mit Kontos ziemlich intensiven gesellschaftlichen Umgang pflegte, ihn Personal auswählen und an den üblichen akademischen Vorteilen teilhaben ließ, die sich aus seiner Stellung ergaben.
    Als Hampton zur eigentlichen Grabungsgeschichte überging, die Aufdeckung der mykenischen Stadt schilderte, Bemerkungen über das Leben der Griechen zu jener Zeit machte und die Erforschung des Kuppelgrabes erwähnte, wurde deutlich, daß Claire von Anfang an Kontos’ Unwillen erregt hatte, obwohl dieser Punkt nicht dokumentiert wurde. John erfuhr zu seiner Überraschung, daß das Hauptaugenmerk der Grabungsexpedition der Stadt gegolten hatte, und daß das Grab, sobald es sich als leer erwiesen hatte, Claire und George zugewiesen worden war, weil es nicht sehr vielversprechend ausgesehen hatte und die beiden die jüngsten wissenschaftlichen Teilnehmer gewesen waren. Hampton sagte wenig davon direkt, und John merkte bald, daß dies auch der Stil der anderen war: weitschweifig, indirekt, mit häufigem Gebrauch ausländischer Begriffe, die wie Pfeffer in ein fades Gericht gestreut wurden. Er entsann sich, daß Claire ihm erzählt hatte, Archäologen seien mehr Humanisten als Naturwissenschaftler – geschichtskundig, beschlagen in Literatur und Mythologie, die zur Deutung herangezogen werden konnten, und dazu versierte Kunsthistoriker, zumindest auf ihrem jeweiligen Forschungsgebiet. In diesem Fach hatte sich der alte Brauch gehalten, daß jeder Wissenschaftler stets in seiner Muttersprache veröffentlichte, eine Gewohnheit, die in den Naturwissenschaften der Übermacht des Englischen hatte weichen müssen. Dies bedeutete,

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