Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
gehörte und sie es durchschlenderte, um zu sehen, was die Mieter machten. Es war erheiternd und zugleich fesselnd, sie so herankommen zu sehen, gekleidet in einen maßgeschneiderten zimtfarbenen einteiligen Anzug unter einem schwarzen Mantel, mit grauen Handschuhen und schwarzen Stiefeln, einen geschlossenen blauen Schirm in einer Hand herumwirbelnd. Der Regen des vergangenen Abends war zu Schnee geworden, und sie hatte sich darauf eingestellt.
    Ihre Miene hellte sich auf, als sie ihn zwischen den Geräten stehen sah. Er bemerkte, daß sie ein sorgfältiges Make-up trug: Lidschatten und Lidstriche, Wangenrouge und Lippenstift von einem verwegenen Beinahe-Purpur. Ihr Haar war kunstvoll aufgesteckt. Zur Feier von irgend etwas? Er rief: »Ist Champagner angebracht?«
    »Vielleicht zum Essen. Ich bin in der Höhle des Löwen gewesen und hier, die Geschichte zu erzählen.«
    »Heute früh? Die verlieren keine Zeit.«
    »Sie taten oberpriesterlich und strichen sich die Bärte und beschlossen, einen Eintrag in meine Personalakte zu machen, der ihre ›Unzufriedenheit mit meiner Handhabung der Situation‹, wie sie es nannten, zum Ausdruck bringt. Mit Begründung.« Ihr Lächeln war halb schelmisch, halb schon diebisch; es paßte zu der tanzenden Erregtheit in ihren Augen. Sie war Lichtjahre entfernt von der Frau im Ritz.
    »Nicht schlecht.«
    »Ich hatte viel Schlimmeres befürchtet«, sagte sie ernst.
    »Aber dieser Eintrag wird deinem beruflichen Ansehen schaden.«
    »Das nehme ich an. Aber nicht annähernd so sehr wie in dem Fall, daß sie erfahren, was wirklich vorgefallen ist.«
    Er sagte so sanft wie möglich: »Du hättest damit herausrücken können.«
    »Um das Stück augenblicklich zu verlieren?« sagte sie leidenschaftlich. »Nein danke.«
    »Was hast du gewonnen?«
    »Zeit.«
    Er machte eine Handbewegung zum Kalksteinblock. »Zeit, um daran zu arbeiten?«
    »Ja, und um nachzudenken. Wie geht es voran? Diese Röntgenuntersuchungen, die du gestern abend am Telefon beschrieben hast…«
    »Überholt. Abe hat mehr gefunden. Er hat es mir gerade erzählt.«
    Bei der Erwähnung seines Namens ließ Abe Sprangle seine elektronischen Instrumente stehen und kam mit einem erwartungsvollen Lächeln herüber. Claire begrüßte ihn mit herzlicher Kollegialität und hörte aufmerksam seiner Zusammenfassung des Problems zu. »Eine vernünftige Folgerung, glaube ich, daß Pechblende die Quelle der Röntgenstrahlen war. Archäologisch wahrscheinlich, meine ich. Finden Sie nicht?«
    Als Claire nickte, fuhr er fort: »Aber Pechblende kann es nicht sein. Ich habe das Röntgenspektrum gemessen. Pechblende paßt nicht hinein. Also haben Fred und ich den Gammastrahlendetektor hervorgezogen.«
    Claire sah ihn ungläubig an. »Gammastrahlen?«
    »In der Tat. Und sie nehmen an Intensität zu.«
    »Nichts, kein Isotop, gibt starke Hochenergiestrahlung ab. Sie müssen eine falsche Einstellung am Detektor haben.«
    Sprangle lächelte wieder. Seine Geschichte machte ihm Spaß. »Das dachte ich auch. Aber das Röntgenspektrum war verdächtig. Es waren keine Linien, wie Uran oder Radium. Ich bekomme alle Energien daraus – von weichen Röntgenstrahlen bis hinauf zu harten, fast übergangslos. Es besteht nicht die entfernteste Möglichkeit, daß Pechblende solch eine Emission ergeben könnte.«
    »Dann ist es kein einzelnes Isotop«, warf John ein. »Es muß eine Mischung verschiedener radioaktiver Minerale darin sein.«
    Claire schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich. Vergessen wir nicht, daß jemand dieses Ding gemacht hat. Wie sollten diese Leute radioaktive Erze ausgewählt haben, wenn sie nicht einmal wußten, daß solche Dinge überhaupt existieren?«
    Abe spielte seinen nächsten Trumpf aus. »Sie können aufhören, sich darum zu sorgen, was hätte sein können. Denn ich habe das Gammastrahlenspektrum gemessen. Es ist auch glatt. Ohne Linien.«
    Niemand sagte etwas. Claire schüttelte wieder den Kopf, diesmal so energisch, daß sich in ihrem Nacken ein paar Strähnen des sorgsam aufgesteckten Haares lösten. »So sehr ich Ihre Tüchtigkeit und Ihren Sachverstand respektiere, Abe, das kann ich nicht glauben.«
    »Natürlich überprüfen wir es. Fred ist dabei, eine andere Anordnung von Detektoren aufzubauen, die ich mir von Kembersons Gruppe ausgeliehen habe.«
    John sagte: »Angenommen, die Messungen erweisen sich als richtig. Was hätte es zu bedeuten?«
    Abe Sprangles freudige Stimmung ließ ein wenig nach.
    »Das ist das Problem.

Weitere Kostenlose Bücher