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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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diesen schwereren Elementen. Ich habe das Gestein selbst untersucht. Warum ist der Kalkstein dann so gewöhnlich?«
    John breitete die Hände aus, als ob seine Erklärung die natürlichste von der Welt sei, geradezu unausweichlich. »Er ist zu dick. Nur entlang der Achse, beim Zapfen und dem Stöpsel, ist das Innere lediglich durch eine dünne Schicht von uns getrennt.«
    Claire schüttelte ärgerlich den Kopf. »Sieh mal, hier handelt es sich um ein Artefakt. Es muß aus einem Kulturkreis kommen, den wir bereits kennen, der Methoden kannte, die wir im Detail studiert haben, mit einer Geschichte, die wir in Mythologie, Geschichte einfügen können – es gibt die verschiedensten Möglichkeiten der Prüfung und Gegenprüfung. Dieses Ding muß eine Kontinuität mit dem haben, was wir über die mykenischen Griechen wissen. Es kann nicht einfach ein… ein vagabundierendes Objekt sein, ohne Verbindungen zu irgend etwas anderem.«
    »Es sei denn, wir sehen die Verbindungen nicht.«
    Sie seufzte. »Dies ist so… so kompliziert. Es gefällt mir nicht. Ich beginne mich zu fragen, ob es ein Schwindel sein könnte, ein Schabernack?«
    John erschrak. »Was? Wie könnte es?«
    »Wenn, sagen wir, Kontos es dort hingesetzt hätte, mit dem Wissen, daß wir… nein, das ist verrückt.«
    »Allerdings«, sagte er kritisch. Er blickte forschend in ihr ernstes, nachdenkliches Gesicht. Sie war offensichtlich beunruhigt über die Gegenströmungen von Loyalitäten, hin- und hergerissen zwischen dem Grundsatz der Aufrichtigkeit, den die Wissenschaft verlangt, und den Impulsen, die sie in diese Lage geführt hatten. Nun erwies sich das Artefakt selbst als ein Rätsel, dessen Verzweigungen noch nicht zu übersehen waren.
    Abe schlug mit der flachen Hand auf den Tisch neben der Dateneingabe und verkündete: »Da haben wir’s! Die gegenwärtige Gammastrahlung könnte ein solches Maß an Umwandlung nicht verursacht haben.«
    Sie dachten darüber nach. »Nun ja«, meinte John schließlich, »die Quelle wird wahrscheinlich abnehmende Intensität haben, nicht wahr? Um wieviel stärker könnte sie vor 3500 Jahren gewesen sein?«
    Abe tastete ein paar Befehle ins Programm. Das MIT-Rechensystem war algebraisch interaktiv, was bedeutete, daß es eine einfache Frage annehmen, in eine Gleichung umsetzen und diese Gleichung innerhalb eines gegebenen Bereichs von Möglichkeiten lösen konnte. Die Antwort kam nur Sekunden später. »Die Quelle hätte um das Dreimillionenfache stärker gewesen sein müssen. Wie könnte eine Quelle aus verschiedenen Isotopen dazu imstande sein?«
    Abe wandte sich um und lächelte breit. Ihm machte das Rätsel offenbar Spaß.
    »Eine ziemlich hohe Größenordnung«, räumte John ein.
    »Ja«, sagte Claire. »Aber hat jemand eine andere Idee?«
    Sie schauten einander an.
    Das Telefon läutete.
    Claire nahm ab. »Wie? Oh, ja – in Ordnung, ich warte.« Sie blickte stirnrunzelnd zu John. »Ich habe diese Nummer in unserem Fachbereich hinterlassen, aber ich dachte nicht…« Sie brach ab und lauschte. Dann nickte sie, sagte »Ja« und legte auf.
    Bestürzt blickte sie zu den beiden Männern. »Es war Hamptons Sekretärin. Er will mich sofort sprechen. Sie sagte, er habe gerade einen Anruf von Kontos bekommen.«

 
4
     
    Prof. Hampton war hinter einem furchteinflößenden eichenen Schreibtisch verbarrikadiert, der zu den schweren Bücherregalen hinter ihm paßte. Vor den langen Reihen wissenschaftlicher Fachzeitschriften und sorgsam geordneter Buchrücken bot sein Tweedanzug und der seidenartige rote Schlips einen farbenfrohen Kontrast. Eingezwängt zwischen den Bücherregalen, wie um deutlich zu machen, daß der Bewohner dieses Büros au courant sei, war eines der neuen 3D-Gemälde, das es zuwege brachte, gleichzeitig wie eine Vase mit grellfarbenen Frühlingsblumen und die besonders schlimmen Folgen einer Explosion in einer Glasfabrik auszusehen.
    Nachdem Claire sich gesetzt hatte, stützte Hampton die Ellbogen auf die Schreibtischplatte, legte die Fingerspitzen zusammen und blickte konzentriert durch sie hindurch, als liege dort die Lösung eines kniffligen Problems. Claire fragte sich, ob diese Methode womöglich bezwecke, daß sie das Gespräch beginnen würde. Es gab so viele kleine Spielchen dieser Art, daß sie nie genau wußte, was beiläufig oder zufällig und was berechnet war. Sie beschloß abzuwarten und umfaßte instinktiv die gepolsterten Armlehnen ihres Stuhls. Nach einer vollen Minute, als das Stillschweigen

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