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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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angehender Student hatte er gern erklärt, daß das Fach trivial sei, weil es bloß die ermüdenden Auswirkungen der Quantenmechanik darstelle, einer bereits verstandenen mathematischen Disziplin, aber in komplizierten und uninteressanten Fällen. Der Umstand, daß diese Fälle von enormem praktischem Nutzen sein konnten, änderte in seiner jugendlichen Unbedingtheit nichts an der grundsätzlichen Situation; der Gegenstand war bloß eine Form von übelriechendem Ingenieurwesen.
    »Größtenteils, ja«, antwortete Abe. »Man kann es an Hand der Knötchen, Blasen und Einschlüsse identifizieren, und dieser Zapfen…« – er kauerte nieder und schaute ihn prüfend an – »glänzt tatsächlich, als enthielte er Einschlüsse und Unregelmäßigkeiten.«
    Claire schlug mit dem Handrücken auf die Blätter. »Aber hier steht, daß er allerlei Metalle enthält.«
    »Dann kann es kein Bernstein sein«, erklärte Abe.
    »Warum nicht?« sagte John. »Bernstein mit vielen Verunreinigungen.«
    Abe furchte die Stirn, nahm Claire die Blätter aus der Hand und studierte sie. »Ist das möglich?«
    »Wir haben solch einen Fall einmal in der Türkei untersucht«, warf Claire ein. »Das Baumharz müßte sich im Boden mit verschiedenen Mineralen vermischen… Ich stelle mir vor, daß so etwas geschehen könnte.« Sie glättete ihren olivfarbenen Rock mit gespreizten Händen und lehnte sich zurück. Sie hatten ein kleines Büro gleich neben der Halle mit Beschlag belegt, wo sie einen Datenanschluß hatten. Der Schreibtisch war bedeckt mit Computerausdrucken, Kaffeetassen, Laborberichten und Literatur über Mineralogie. In einiger Entfernung tuckerte die unvermeidliche Vakuumpumpe. »Alles, was ich über die Ablagerung von Mineralen weiß, spricht allerdings nicht dafür. Einschlüsse von Stoffen wie Eisen, gut. Das kommt bisweilen vor und verändert die Farbe. Dieses Material im Zapfen sieht wie der übliche gelbe Bernstein aus, mit Nuancen von Orange und Rot. Eisen, vielleicht. Aber eine ganze Auswahl von Elementen?«
    »Vielleicht betrachten wir es falsch«, meinte John. »Der Versuch, eine einleuchtende Erklärung dafür zu finden, wie diese Vielfalt von Mineralen in Bernstein gekommen sein könnte…«
    »Sie müssen gründlich hineingemischt sein«, sagte Abe.
    »Gewiß. Aber dieser Zapfen befindet sich seit fünfunddreißig Jahrhunderten nahe der Strahlungsquelle.«
    Sie überlegten schweigend. Dann sagte Claire zweifelnd: »Die Röntgenstrahlen?«
    »Nein, nur die Gammastrahlen könnten das bewirken«, erklärte John. »Sie könnten Umbildungen verursachen.«
    Abe lächelte tadelnd. »Nun, dazu wäre eine enorme Stärke der Gammastrahlung erforderlich. Weit mehr als jetzt herauskommt.«
    »Was immer darin ist, es mußte eine Auswirkung auf den Zapfen haben.«
    Abe schüttelte den Kopf. »Ich könnte es Ihnen durchrechnen, aber ich sage Ihnen gleich, daß die Stärke nicht ausreichen wird, um Eisen in Kalzium und Sauerstoff und so weiter aufzuspalten.«
    John zuckte die Achseln. »Bloß eine Idee. Aber haben Sie eine bessere?«
    Abe seufzte. »Nicht aus dem Handgelenk. Meinetwegen mache ich Ihnen diese Berechnung, aber es wird sich nichts ändern.« Er wandte sich zur Dateneingabe und fing an.
    Claire betrachtete noch immer die Blätter mit den Kurven. »Wir haben uns wegen des Zapfens Gedanken gemacht, aber sieh dir das an, John – die Analyse des Stöpsels auf der Rückseite!«
    Die blauen und karmesinroten Spitzen waren schwierig zu interpretieren. »Ich sehe«, sagte John. »Diese Kurven sehen anders aus als die des Zapfen, aber was ist daraus zu schließen?«
    »Ich würde sagen, daß die Zusammensetzung mehr gewöhnlichem Gestein gleicht. Silikate, mit schwerem Material.«
    »Die gleiche Zusammensetzung wie der Rest des Würfels – der Kalkstein?«
    »Nein. Aber nicht weit davon entfernt.«
    »Vielleicht haben sie die Rückseite mit gewöhnlichem Gesteinsmaterial verstopft, einer Art Mörtel. Warum nicht? Niemand sollte sich die Seite ansehen.«
    Claire lächelte. »Und wer sollte sich die Frontseite ansehen?«
    »Richtig, das wissen wir nicht. Aber wenn sie gewöhnliches Gesteinsmaterial verwendeten und es die letzten paar tausend Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft einer Strahlungsquelle war, wie würde es dann aussehen?«
    »Nun, hier sind ein paar Kurven…« Sie zog eine Grimasse. »Vielleicht Unreinheiten vom Beschuß durch die radioaktive Quelle im Innern. Aber der Kalkstein ist ganz und gar nicht durchsetzt mit

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