Artemis Fowl. Das magische Tor (German Edition)
genügt ihnen ihr Fell als Schutz.«
Gleichzeitig spürte Juliet die Spitze von Myles’ Holzschwert an ihrem Oberschenkel und begriff, dass der Junge seinen Bruder als Ablenkung eingesetzt und dann über die Hintertreppe den Turm erobert hatte.
Ich habe keinen Mucks gehört , staunte sie. Myles lernt, sich anzuschleichen . »Gut gemacht, Myles«, sagte sie. »Wie hast du Beckett dazu gekriegt, deine Anweisungen zu befolgen?«
Myles grinste selbstgefällig, und die Ähnlichkeit mit Artemis war nicht zu übersehen. »Ich habe ihm nichts befohlen, ich habe ihn nur gefragt, ob es ihn nicht am Po juckt.«
Der Junge ist gerade mal vier , dachte Juliet. Die Welt sollte sich in Acht nehmen vor Myles Fowl . Da nahm sie aus dem Augenwinkel etwas Dreieckiges wahr, das auf sie zugeflogen kam, und fing es instinktiv ab. Kaum hatten ihre Finger das Material berührt, dämmerte ihr, was sie da in der Hand hatte. Na toll , dachte sie. Ausgetrickst – von zwei Vierjährigen .
»Okay, Jungs«, sagte sie. »Ab nach Hause, es ist Zeit fürs Mittagessen. Was steht heute auf dem Speiseplan?«
Myles schob sein Schwert in die Scheide. »Ich möchte einen Croque-Madame und einen kalten Grapefruitsaft.«
Juliet sah sich schon in der Küche stehen und mal wieder ein mit Kochschinken belegtes Sandwich mit Käse und Spiegelei überbacken.
»Käfer«, rief Beckett und hüpfte auf einem Bein. »Käfer mit Ketchup.«
Juliet hob Myles auf ihre Schultern und sprang von der niedrigen Turmmauer. »Also dasselbe wie gestern.«
Händewaschen nicht vergessen , ermahnte sie sich und ließ Myles neben seinem Bruder hinunter.
Sie waren ein Stück vom Turm entfernt, als in der Ferne das Chaos ausbrach. Beckett beachtete die bizarren Laute nicht weiter, da in seinem Hinterkopf sowieso ständig ein Soundtrack aus Explosionen und Geschrei lief, aber Myles merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Er rannte zum Turm zurück und stolperte unbeholfen die Steinstufen hinauf, was Beckett königlich amüsierte, der im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern ausgesprochen trittsicher war.
»Armageddon«, verkündete Myles, als er auf der obersten Stufe angekommen war. »Die Welt geht unter.«
Beckett starrte ihn entsetzt an. »Aber nicht Disneyland!«
Juliet strubbelte ihm durch das sonnengebleichte Haar. »Nein, natürlich nicht Disneyland.« In ihrem Magen breitete sich ein ungutes Gefühl aus. Woher kamen diese Geräusche? Es klang, als sei ganz in der Nähe ein Krieg ausgebrochen.
Juliet folgte Myles zurück auf den Turm. Von hier aus hatten sie einen guten Blick auf die Stadt in der Ferne. Normalerweise trug der Wind höchstens mal das Hupen der staugeplagten Autofahrer herauf, doch an diesem Tag sah die Schnellstraße nach Dublin aus wie das Tor zur Hölle. Selbst aus dieser Entfernung konnte man erkennen, dass der Verkehr auf allen sechs Fahrbahnen zum Erliegen gekommen war. Mehrere Motoren explodierten vor ihren Augen, und ein Pick-up machte unvermittelt einen Salto rückwärts. Aus der Innenstadt dröhnten weit mächtigere Explosionen herüber, und Rauchwolken stiegen auf, während ein kleines Flugzeug in einem Fußballstadion notlandete und ein Kommunikationssatellit wie ein toter Roboter auf das Dach des U2-Hotels stürzte.
Jetzt erklomm auch Beckett die Stufen und ergriff Juliets Hand. »Das ist Hama Geddon«, sagte er leise. »Die Welt geht kaputt.«
Juliet drückte die beiden Jungen an sich. Was auch immer sich da draußen abspielte, schien ein paar Nummern zu groß, um sich direkt gegen die Familie Fowl zu richten, aber es gab eine ständig wachsende Liste von Leuten, die, ohne mit der Wimper zu zucken, das gesamte County Dublin zerstören würden, um Artemis auszuschalten.
»Keine Sorge, Jungs«, sagte Juliet. »Ich beschütze euch.« Sie griff in ihre Tasche. In Situationen, in denen eindeutig etwas oberfaul war, galt stets die Regel: als Erstes Artemis anrufen.
Sie prüfte die Liste der verfügbaren Netze auf ihrem Handy und stellte ohne große Überraschung fest, dass nur noch eines funktionierte – das FOX-System, das Artemis für abhörsichere Notrufe eingerichtet hatte.
Ich schätze, Artemis ist der einzige Teenager auf der Welt, der einen eigenen Satelliten konstruiert und ins All geschickt hat .
Sie wollte gerade Artemis’ Namen auf der Kontaktliste anklicken, als plötzlich drei Meter vor ihr ein muskelbepackter Unterarm auftauchte, an dessen Ende sich eine Hand befand, die ein Neutrino-Lasergewehr auf sie gerichtet
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