Artemis Fowl
komplizierter: Elfen, Magie und jetzt auch noch eine Geisel, die frei im Haus herumlief. Wie sollte er da die Lage unter Kontrolle behalten? Selbst der niedrigste Politiker wurde von vier Männern bewacht, aber von ihm erwartete man, dass er diese unmögliche Situation ganz allein im Griff behielt.
Butler sprintete den Flur entlang zu dem Raum, der bis vor kurzem noch Captain Shorts Zelle gewesen war. Juliet lümmelte auf dem Feldbett und starrte mit hingerissenem Gesichtsausdruck auf die Betonwand.
»Was machst du da?«, japste er und zog mit geübtem Griff seine 9-Millimeter SIG SAUER.
Seine Schwester würdigte ihn kaum eines Blickes. »Sei still, du Riesenaffe. Louie the Love Machine ist im Ring. So stark ist der gar nicht, den könnte sogar ich auf die Matte legen.«
Butler blinzelte. Sie redete wirr. Stand offensichtlich unter Drogen. »Komm mit. Artemis wartet oben im Lagezentrum auf uns.«
Juliet deutete mit ihrem manikürten Zeigefinger auf die Wand. »Artemis kann warten. Hier geht's um den Titel des Interkontinentalmeisters. Und es ist ein Rachekampf - Louie hat Hogmans zahmes Hausschwein gegessen.«
Der Diener betrachtete die Wand. Eindeutig leer. Er hatte keine Zeit für solchen Unsinn. »Genug jetzt, wir gehen«, knurrte er und warf sich seine Schwester über die breite Schulter.
»Nicht! Du gemeiner Mistkerl!«, protestierte sie und schlug mit ihren kleinen Fäusten auf seinen Rücken ein. »Nicht jetzt. Hogman! Hogmaaan!«
Butler ignorierte ihren Widerstand und fiel in einen lockeren Trab. Wer zum Teufel war dieser Hogman? Bestimmt einer ihrer Verehrer. In Zukunft würde er die Besucher, die am Dienstboteneingang klingelten, genauer unter die Lupe nehmen.
»Butler? Beeilen Sie sich.«
Es war Artemis, auf dem Walkie-Talkie. Butler schob seine Schwester ein Stückchen höher, damit er an seinen Gürtel herankam.
»Lollis!«, bellte sein Herr.
»Wie bitte?«
»Äh... Ich meine, verschwinden Sie von da. In Deckung!«
In Deckung? Dieser militärische Begriff klang aus Master Artemis' Mund vollkommen falsch. Wie ein Trompetenstoß aus einer Klarinette.
»In Deckung?«
»Ja, Butler. Ich dachte eigentlich, ein so schlichter Ausdruck würde am schnellsten den Weg in Ihr Gehirn finden, aber offensichtlich habe ich mich geirrt.«
Das klang schon eher vertraut. Butler sah sich in der Eingangshalle nach einem Winkel um, in dem er sich hätte verstecken können, aber die Auswahl war sehr beschränkt. Den einzigen Schutz bot die Reihe mittelalterlicher Rüstungen, die an der Wand aufgestellt war. Eilig duckte er sich in die Nische hinter einem Ritter aus dem vierzehnten Jahrhundert samt Lanze und Streitkolben.
Juliet klopfte gegen den Brustharnisch. »Du hältst dich wohl für sehr stark, was? Ich könnte dich mit einer Hand fertig machen.«
»Schhh!«, zischte Butler.
Er hielt den Atem an und lauschte. Etwas war da vor der Eingangstür. Etwas Großes. Butler beugte sich ein Stück vor, um einen Blick in die Halle zu werfen...
Dann, könnte man sagen, explodierte die Tür. Doch dieses Verb wird dem tatsächlichen Ereignis nicht gerecht. Vielleicht eher: Sie zerbarst in Millionen winziger Splitter. Butler hatte etwas Ähnliches schon einmal gesehen, als ein Erdbeben der Stärke sieben wenige Sekunden vor einer geplanten Sprengung das Grundstück eines kolumbianischen Drogenbosses in Schutt und Asche legte. Das hier war ein wenig anders, konzentrierter. Und sehr professionell. Eine klassische Anti-Terror-Kampftaktik: Attackier sie mit Rauch und Geknalle und geh rein, solange die Zielobjekte orientierungslos sind. Was auch immer da auf sie zukam, konnte nur etwas Übles sein, das spürte Butler. Und er sollte Recht behalten.
Die Staubwolken senkten sich allmählich und hinterließen eine helle Schicht auf dem tunesischen Läufer. Madam Fowl wäre außer sich, falls sie auch nur die Nasenspitze aus ihrem Zimmer im Dachboden stecken würde. Butlers Instinkt riet ihm, sich in Bewegung zu setzen. Im Zickzack durch die Halle und dann nichts wie nach oben. Und immer schön geduckt bleiben, um möglichst wenig Zielfläche zu bieten. Jetzt war der beste Zeitpunkt dafür, bevor die Sicht wieder klar war. Jeden Moment konnte ein Kugelhagel durch den Torbogen hereinfegen, und dann wollte er auf keinen Fall im Erdgeschoss festsitzen.
Und an jedem anderen Tag hätte Butler sich auch in Bewegung gesetzt, wäre bereits die halbe Treppe hinaufgelaufen, bevor sein Gehirn auch nur Zeit gehabt hätte, darüber
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