Artemis Fowl
würde, wären dank des reflektierenden Visiers bedeutungslos. Das Mikro passte sich automatisch an, und gleichzeitig schalteten sich die Lautsprecher ein.
»...auf wechselnden Frequenzen. Sende auf wechselnden Frequenzen. Holly, wenn Sie mich hören können, gehen Sie in Deckung.«
Holly erkannte Foalys Stimme. Endlich etwas Vertrautes in dieser verrückten Situation.
»Ich wiederhole. Gehen Sie in Deckung. Cudgeon schickt einen...«
»Etwas, das ich wissen sollte?«, fragte Artemis.
»Ruhe!«, zischte Holly, beunruhigt über Foalys ungewöhnlich ernsten Tonfall.
»Ich wiederhole. Cudgeon schickt einen Troll zu Ihrer Befreiung.«
Holly zuckte zusammen. Cudgeon hatte jetzt das Heft in der Hand - keine gute Neuigkeit.
Artemis redete erneut dazwischen. »Es ist unhöflich von Ihnen, Ihren Gastgeber zu ignorieren.«
»Jetzt reicht's mir aber«, knurrte Holly, ballte ihre Hand zu einer Faust und holte aus.
Artemis verzog keine Miene. Warum auch? Butler war stets zur Stelle, bevor ein Schlag sein Ziel traf. Doch dann fiel sein Blick auf den Monitor der Kamera im ersten Stock, wo gerade eine große Gestalt die Treppe hinuntereilte. Es war Butler.
»Ganz recht, du verzogenes Bürschchen«, sagte Holly gehässig. »Diesmal bist du allein.«
Und bevor Artemis auch nur Zeit hatte, erstaunt die Augen aufzureißen, legte Holly eine Extraportion Kraft in ihren Arm und schlug ihren Entführer mit der Faust auf die Nase. Stöhnend fiel er der Länge nach zu Boden.
»Ha! Das tat gut.«
Dann konzentrierte Holly sich wieder auf die Stimme in ihrem Ohr.
»Wir haben die Außenkameras auf eine Endlosschleife umgeschaltet, damit die Oberirdischen nichts mitkriegen, aber er ist unterwegs, glauben Sie mir.«
»Foaly. Foaly, bitte kommen.«
»Holly? Sind Sie das?«
»Höchstpersönlich. Foaly, hier gibt's keine Schleife. Ich sehe alles, was drinnen und draußen passiert.«
»Dieser gerissene kleine... Er muss einen kompletten Neustart gemacht haben.«
Auf der Zufahrt wimmelte es nur so von Unterirdischen. Da war Cudgeon, der hochmütig sein Team von Feenmännern anführte, und in der Mitte des Durcheinanders schwebte ein fünf Meter hoher Gleitkäfig auf einem Luftkissen direkt vor der Tür des Herrenhauses. Die Techniker installierten gerade einen Explosionsring an der den Eingang umgebenden Mauer, an dem sich mehrere mit Sprengsätzen versehene Metallbolzen befanden. Bei der Zündung würden sie die Tür aus der Wand reißen, und nachdem sich der Staub gesetzt hätte, würde der Troll nur eine Richtung einschlagen können: in das Haus.
Holly überprüfte die anderen Bildschirme. Butler war es gelungen, Juliet aus der Zelle zu zerren. Die beiden hatten das Kellergeschoss verlassen und durchquerten gerade die Eingangshalle - sie liefen mitten in die Schusslinie.
»D'Arvit« , fluchte sie und rannte erneut zur Arbeitsfläche.
Artemis hatte sich auf die Ellbogen gestützt. »Sie haben mich geschlagen«, sagte er fassungslos.
Holly schnallte sich ein Paar Hummingbirds um. »Ganz recht, Menschenjunge. Und du kannst jederzeit Nachschlag haben. An deiner Stelle würde ich also genau da bleiben, wo du bist.«
Zum ersten Mal in seinem Leben fiel Artemis keine geistreiche Antwort ein. Er öffnete den Mund und wartete darauf, dass ihm sein Gehirn einen der üblichen kernigen Sprüche lieferte, doch es kam nichts.
Holly schob die Neutrino 2000 in ihren Waffengürtel. »So ist's recht, Kleiner. Genug gespielt, jetzt übernehmen die Profis. Und wenn du hübsch brav bist, bringe ich dir auch einen Lolli mit, wenn ich wiederkomme.«
Erst als Holly schon längst verschwunden war und unter den alten Eichenbalken der Eingangshalle umherschwirrte, erwiderte Artemis: »Ich mag aber keine Lollis.«
Was für eine erbärmliche Antwort! Artemis war von sich selbst schockiert. Ich mag aber keine Lollis - wie peinlich! Kein Verbrechergenie, das etwas auf sich hielt, würde sich jemals dabei erwischen lassen, auch nur das Wort Lolli in den Mund zu nehmen. Er musste sich dringend eine Datei mit geistreichen Antworten für solche Fälle zusammenstellen.
Möglicherweise hätte Artemis noch eine ganze Weile so dagesessen und seine Gedanken schweifen lassen, wenn in diesem Moment nicht die Eingangstür in die Luft geflogen wäre, dass das gesamte Herrenhaus in seinen Grundfesten erbebte. Ein solcher Zwischenfall bringt auch den Verträumtesten auf den Boden der Tatsachen zurück.
* * *
Ein Feenmann landete vor dem Stellvertretenden
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