Arthur & George
ungeheuer ich dich bewundere, wie stolz ich bin, Arthur Conan Doyle meinen Schwager nennen zu dürfen. Darum waren wir gestern auf dem Lord’s, um dir voller Stolz zuzusehen und dich zu unterstützen.«
»Und jetzt habt ihr beschlossen, das nicht mehr zu tun.«
»Aber heute lassen wir unseren Kopf denken und sprechen.«
»Und was sagen euch eure zwei Köpfe?« Arthur dämpft seine Wut zu bloßem Sarkasmus. Mehr kann er nicht tun. Er bleibt entschlossen in seinem Sessel sitzen und schaut zu, wie Willie sich vor ihm dreht und wendet, wie er auch seine Argumente dreht und wendet.
»Unser Kopf – unsere zwei Köpfe – sagen uns, was unsere Augen sehen und unser Gewissen uns gebietet. Dein Verhalten ist … kompromittierend.«
»Für wen?«
»Für deine Familie. Für deine Frau. Für deine … für die Dame, mit der du befreundet bist. Für dich selbst.«
»Willst du den Marylebone Cricket Club nicht auch mit einbeziehen? Und die Leser meiner Bücher? Und das Personal von Gamages Warenhaus?«
»Arthur, wenn du das selbst nicht siehst, müssen andere es dir sagen.«
»Was du anscheinend mit Vergnügen tust. Ich dachte, ich hätte nur einen Schwager bekommen. Mir war nicht klar, dass die Familie jetzt ein Gewissen bekommen hat. Mir war nicht bewusst, dass wir so etwas brauchen. Du solltest dir eine Priesterrobe zulegen.«
»So viel weiß ich auch ohne Priesterrobe: Wenn du mit einem Grinsen im Gesicht und mit einer Frau am Arm, die nicht deine Ehefrau ist, auf dem Lord’s herumspazierst, dann kompromittierst du diese Ehefrau, und dein Verhalten schlägt auf deine Familie zurück.«
»Touie wird immer vor Schmerz und Schande bewahrt werden. Das ist mein oberstes Prinzip. Und das wird auch so bleiben.«
»Wer außer uns hat dich gestern noch gesehen? Und was mögen sie sich wohl denken?«
»Was habt ihr euch denn gedacht, du und Constance?«
»Dass du in höchstem Maße leichtsinnig warst. Dass du dem Ruf der Frau an deiner Seite Schaden zugefügt hast. Dass du deine Ehefrau kompromittiert hast. Und deine Familie auch.«
»Als Neuling in meiner Familie bist du ja schnell zum Experten für unsere Belange geworden.«
»Vielleicht, weil ich klarer sehe.«
»Vielleicht, weil du weniger loyal bist. Hornung, ich will nicht behaupten, die Situation sei nicht schwierig, verdammt schwierig. Das lässt sich nicht leugnen. Manchmal ist sie unerträglich. Ich muss nicht wiederholen, was ich gestern zu Connie gesagt habe. Ich tue mein Bestes, wir beide tun es, Jean und ich. Unsere … Verbindung wurde von der Mama, von Jeans Eltern, von Touies Mutter, von meinem Bruder und meinen Schwestern akzeptiert, ja gebilligt. Bis gestern auch von dir. Wann habe ich es je an Loyalität meiner Familie gegenüber fehlen lassen? Und wann habe ich sie je um etwas gebeten?«
»Und wenn deine Frau von deinem gestrigen Verhalten erfährt?«
»Das wird sie nicht. Das kann sie nicht.«
»Arthur. Es gibt immer Gerede. Es gibt immer Klatsch und Tratsch von Hausmädchen und Dienstboten. Leute schreiben anonyme Briefe. Journalisten machen Andeutungen in der Zeitung.«
»Dann verklage ich sie. Oder, wahrscheinlicher noch, ich schlage den Burschen zusammen.«
»Das wäre schon wieder leichtsinnig. Außerdem kannst du einen anonymen Brief nicht zusammenschlagen.«
»Hornung, dieses Gespräch ist fruchtlos. Du hältst dein Ehrgefühl offenbar für höher entwickelt als meins. Wenn wir ein neues Familienoberhaupt brauchen, werde ich deine Bewerbung in Betracht ziehen.«
» Quis custodiet , Arthur? Wer sagt dem Familienoberhaupt, dass es sich falsch verhält?«
»Hornung, zum letzten Mal. Ich will mich klar und deutlich ausdrücken. Ich bin ein ehrenwerter Mann. Mein guter Name und der gute Name meiner Familie bedeuten mir alles. Jean Leckie ist eine höchst ehrenwerte und tugendhafte Frau. Unsere Beziehung ist platonisch. Sie wird es immer sein. Ich bleibe Touies Ehemann und werde ihr gegenüber ehrenhaft handeln, bis sich der Sargdeckel über dem einen oder anderen von uns schließt.«
Arthur ist es gewöhnt, ein abschließendes Wort zu sprechen und damit die Diskussion zu beenden. Er meint, das hätte er eben auch getan, doch Hornung dreht und wendet sich weiter wie ein Schlagmann in Erwartung des Balls.
»Mir scheint«, erwidert er, »du misst der Frage, ob diese Beziehung platonisch ist oder nicht, zu viel Bedeutung bei. In meinen Augen ist das kein großer Unterschied. Was ist der Unterschied?«
Arthur steht auf. »Was der
Weitere Kostenlose Bücher