Arthur & George
Anson damit nicht erledigt ist, dachte Arthur, dann kann ihn nichts erledigen. Er malte sich die Leitartikel in den Zeitungen aus, die Anfragen im Parlament, eine gewundene Verlautbarung des Innenministeriums und vielleicht eine ausgedehnte Auslandsreise, bis dann ein behaglicher, aber weit entfernter Posten für den ehemaligen Chief Constable gefunden würde. Auf den Westindischen Inseln vielleicht. Das wäre traurig für Mrs Anson, die Arthur als anregende Tischgenossin erlebt hatte. Doch sie würde die rechtmäßige Demütigung ihres Gatten zweifellos besser verwinden, als Georges Mutter die unrechtmäßige Demütigung ihres Sohns hatte verwinden können.
Der Daily Telegraph druckte Arthurs Erkenntnisse in zwei Folgen ab, am 11 . und 12 . Januar. Die Artikel waren gut aufgemacht, und die Setzer hatten sich von ihrer besten Seite gezeigt. Arthur las alles noch einmal von Anfang an durch, bis hin zu dem donnernden Schluss:
Wir stehen vor verschlossenen Türen. Nun wenden wir uns an das allerhöchste Gericht, ein Gericht, das sich niemals irrt, wenn die Tatsachen offen vor ihm ausgebreitet werden, und wir fragen die Bevölkerung von Großbritannien, ob das so weitergehen soll.
Das Echo auf die Artikel war überwältigend. Der Telegrammbote hätte den Weg nach Undershaw bald mit verbundenen Augen gefunden. Barrie, Meredith und andere von der schreibenden Zunft sagten ihre Unterstützung zu. Die Debatte über Georges Sehkraft und das Versäumnis der Verteidigung, dies geltend zu machen, nahm die gesamte Leserbriefseite des Telegraph ein. Hier meldete sich auch Georges Mutter selbst zu Wort:
Ich habe den mit der Verteidigung beauftragten So licitor immer wieder auf die extreme Kurzsichtigkeit meines Sohnes angesprochen, die er von Kindheit an hat. Für mich war das ein unmittelbarer und ausrei chender Beweis, falls es sonst keinen gegeben hätte, dass er des Nachts nicht zu dem Feld hätte gehen kön nen, ist doch die sogenannte »Landstraße« selbst für Menschen mit guten Augen unmöglich. Ich war da von so überzeugt, dass es mich sehr betrübte, als mir bei meiner Zeugenaussage keine Gelegenheit geboten wurde, von seinem Sehfehler zu sprechen. Es wurde mir nur sehr wenig Zeit zugestanden, und ich ver mute, der Fall hatte die Menschen bereits ermüdet … Das Sehvermögen meines Sohns ist seit jeher so beein trächtigt, dass er sich beim Schreiben immer tief über das Papier beugte und sich ein Buch oder eine Zeitung ganz dicht vor die Augen hielt, und bei Spaziergängen erkannte er andere nur mit Mühe. Wenn ich irgendwo mit ihm verabredet war, meinte ich immer, ich müsse nach ihm Ausschau halten, nicht er nach mir.
Andere Briefe forderten, dass nach Elizabeth Foster gesucht werde, sezierten den Charakter von Captain Anson und ließen sich über die Verbreitung von Banden in Staffordshire aus. Ein Briefeschreiber erläuterte, wie leicht Pferdehaare sich aus dem Futter eines Mantels lösen können. Es kamen Briefe von einem Fahrgast, der immer mit George im Zug gesessen hatte, von einem »Beobachter« aus Hampstead NW und einem »Freund der Parsen«. Herr Dr. med. (Cantab.) Aroon Chunder Dutt machte darauf aufmerksam, dass das Verstümmeln von Vieh ein dem asiatischen Naturell vollkommen fremdes Verbrechen sei. Dr. med. Chowry Muthu, New Cavendish Street, wies die Leser darauf hin, dass ganz Indien den Fall verfolge und der gute Name sowie die Ehre Englands auf dem Spiel stünden.
Drei Tage nach Erscheinen des zweiten Telegraph – Artikels wurden Arthur und Mr Yelverton im Innenministerium von Mr Gladstone, Sir Mackenzie Chambers und Mr Blackwell empfangen. Es wurde vereinbart, die Unterredung als vertraulich zu betrachten. Das Gespräch dauerte eine Stunde. Hinterher erklärte Sir A. Conan Doyle, man habe ihm und Mr Yelverton einen freundlichen und aufgeschlossenen Empfang bereitet, und er sei gewiss , das Ministerium werde alles in seinen Kräften Stehende zur Klärung der Angelegenheit unternehmen.
Die Nachdruckerlaubnis trug dazu bei, dass der Artikel nicht nur bis in die Midlands, sondern in der ganzen Welt Verbreitung fand. Arthurs Zeitungsausschnittsbüro hatte alle Hände voll zu tun, und er gewöhnte sich an die immer wiederkehrende Schlagzeile, aus der er ein und dasselbe Verb in vielen verschiedenen Sprachen lernte: SHERLOCK HOLMES ERMITTELT . Mit jeder Post trafen Schreiben der Unterstützung – und bisweilen des Widerspruchs – ein. Phantastische Lösungen des Falls wurden unterbreitet: Zum
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