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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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inoffizielle Engländer sieht seine inoffizielle Braut an. »Hat man dir je gesagt, dass du nicht nur die anbetungswürdigste aller Frauen bist, sondern dazu noch außerordentlich klug, und dass du viel besser erkennen kannst, was richtig und notwendig ist, als dieser arme Trottel, den du zum Mann nehmen willst?«
    »Ich werde an deiner Seite stehen, Arthur, immer an deiner Seite. Und darum in dieselbe Richtung schauen. Egal, welche Richtung das ist.«

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George & Arthur
    Als der Sommer zu Ende ging, als die Gespräche sich wieder um Cricket und die Krise in Indien drehten, als Scotland Yard nicht mehr allmonatlich eine Bestätigung von Georges Adresse per Einschreiben verlangte, als das Innenministerium weiterhin schwieg, als selbst der unermüdliche Mr Yelverton nicht mit einer einfallsreichen neuen Strategie aufwarten konnte, als George die Mitteilung erhielt, in der Mecklenburgh Street Nr. 2 stehe eine Kanzlei für ihn bereit, bis er eigene Räumlichkeiten gefunden habe, als Sir Arthur immer seltener von sich hören ließ und schließlich nur noch kurze Zeilen der Ermunterung oder Wut schickte, als sein Vater sich wieder mit ganzer Kraft seiner Gemeinde widmete, als seine Mutter meinte, sie könne den älteren Sohn und die einzige Tochter getrost ihrer gegenseitigen Obhut überlassen, als Captain the Honourable George Anson es unterließ, neue Ermittlungen zu den Gräueltaten von Great Wyrley einzuleiten, obgleich es nun offiziell keinen Täter mehr gab, als George wieder lernte, eine Zeitung zu lesen, ohne ständig mit einem Auge bei seinem eigenen Namen hängenzubleiben, als im Bezirk Wyrley ein weiteres Tier verstümmelt wurde, als das Interesse dennoch nachließ und selbst der anonyme Briefschreiber seiner Beschimpfungen müde wurde, da erkannte George, dass das endgültige und amtliche Urteil in seinem Fall gesprochen war und wahrscheinlich nie geändert würde.
    Unschuldig und doch schuldig: Das sagte der Gladstone-Ausschuss, und das sagte die britische Regierung in Person ihres Innenministers. Unschuldig und doch schuldig. Unschuldig und doch irregeleitet und bösartig. Ein Unschuldiger, der sich übermütige Streiche erlaubt. Ein Unschuldiger, der die ordnungsgemäßen Ermittlungen der Polizei bewusst behindern will. Ein Unschuldiger, der sich seine Unannehmlichkeiten selbst zuzuschreiben hat. Ein Unschuldiger, der keine Entschädigung verdient. Ein Unschuldiger, der keine Entschuldigung verdient. Ein Unschuldiger, der drei Jahre Zuchthaus voll und ganz verdient hat.
    Aber das war nicht das einzige Urteil. Die Presse hatte zum großen Teil auf seiner Seite gestanden: Der Daily Telegraph hatte die Stellungnahme des Ausschusses und des Innenministeriums schwach, unlogisch und in sich widersprüchlich genannt. In den Augen der Öffentlichkeit war George, soweit er das beurteilen konnte, niemals Gerechtigkeit widerfahren . Die Juristen hatten ihn in großer Zahl unterstützt. Und schließlich hatte einer der größten Schriftsteller der Epoche laut und beharrlich seine Unschuld beteuert. Würden diese Urteile im Laufe der Zeit schwerer wiegen als das offizielle?
    George war auch bemüht, seinen eigenen Fall und die darin enthaltenen Lehren in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Wenn man von der Polizei nicht mehr Effizienz und von Zeugen nicht mehr Ehrlichkeit erwarten konnte, dann musste man wenigstens etwas zur Verbesserung der Gerichte tun, vor denen ihre Worte auf den Prüfstand kamen. Ein Verfahren wie das seine hätte nie von einem Vorsitzenden ohne jede juristische Ausbildung geführt werden dürfen; man musste dafür sorgen, dass diejenigen, die über andere zu Gericht saßen, besser qualifiziert waren. Und selbst wenn sich die Arbeitsweise von Quarter Sessions und Assisengerichten verbessern ließ, musste es eine Möglichkeit geben, sich an einen in rechtlichen Dingen feineren und klügeren Geist zu wenden: mit anderen Worten, an ein Berufungsgericht. Es war absurd, dass eine unrechtmäßige Verurteilung wie die seine nur durch eine Eingabe an das Innenministerium aufzuheben war und dass diese Eingabe dann zusammen mit Hunderten – nein, Tausenden – anderer pro Jahr einging, von denen die meisten von eindeutig schuldigen Insassen der Gefängnisse Seiner Majestät stammten, Insassen, die mit ihrer Zeit nichts Besseres anzufangen wussten, als Schriftsätze an das Innenministerium zu verfassen.
    Aussichtslose und kleinliche Beschwerden bei einem solchen neuen Gericht sollten

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